Nach 118 Jahren Dienst am Nächsten haben die Ordensschwestern vom Orden der Barmherzigen Schwestern des heiligen Vinzenz von Paul im Jahr 1979 das Meersburger Krankenhaus verlassen müssen. Damit sei eine Ära zu Ende gegangen, sagt Elisabeth Romus, die damals im Sekretariat des Krankenhauses gearbeitet hat. „Die Ordensschwestern waren Tag und Nacht vor Ort, sie haben unter dem Dach gewohnt“, erinnert sich die 88-Jährige.
Weltliche Schwestern unterstützen Ordensschwestern
Sie hätten als OP-Schwestern, Stationsschwestern und Röntgenschwestern, aber auch in der Küche und der Wäscherei gearbeitet. Natürlich hätten sie auch christlichen Beistand geleistet. „Bei ihrer Arbeit wurden sie von ein paar weltlichen Schwestern unterstützt“, erzählt Elisabeth Romus. Sie selbst arbeitete nach Schließung des Krankenhauses im umgewandeltem, ebenfalls zum Spitalfonds gehörenden Altersheim Dr.-Zimmermann-Stift weiter.

Dr. Zimmermann war lange Chefarzt des Krankenhauses
Dieses war Dr. Fritz Zimmermann benannt, von 1918 bis 1950 Chefarzt des Meersburger Krankenhauses. Er hatte sich 1902 als praktizierender Arzt in Meersburg niedergelassen. Der als selbstloser Wohltäter bekannte Arzt wurde 1946 Ehrenbürger von Meersburg. Auch die Gemeinden Immenstaad und Hagnau verliehen ihm die Ehrenbürgerwürde. 1950 erhielt Fritz Zimmermann das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Rot-Kreuz-Mitglieder arbeiten im Krankenhaus ehrenamtlich mit
Im Krankenhaus leisteten auch die Mitglieder des Ortsvereins Meersburg im Deutschen Roten Kreuz ihre Bereitschaftsdienste. Ob an der Pforte oder auf Station – schon vor rund 50 Jahren hatte das Ehrenamt einen hohen Stellenwert. Wenn das Personal des Krankenhauses frei hatte, sprangen die Rotkreuzler ein. Sie verrichteten unentgeltlich die anfallenden Tätigkeiten, pflegten die Patienten, teilten Essen aus und erledigten, was sonst noch anfiel.
Arbeit wird für Ordensschwestern allmählich zu schwer
Schließlich kündigte das Mutterhaus der Ordensschwestern in Freiburg die vertragliche Vereinbarung mit dem Meersburger Spitalfonds. Die Kündigung wurde ausgesprochen, weil Alter und Gesundheitszustand der Schwestern die schwere und aufopferungsvolle Arbeit im Krankenhaus nicht mehr zuließen und der Schwesternmangel in den ordenseigenen Häusern immer größer wurde. Von ursprünglich zehn Schwestern waren Ende der 70er Jahre noch vier im Dienst.

Bürgermeister Horst Eickmeyer verabschiedet die letzten Schwestern
Mit einer großen Veranstaltung im Spiegelsaal des Neuen Schlosses seien die scheidenden Schwestern verabschiedet worden. Zeitzeugin Elisabeth Romus hat noch den Zeitungsbericht aus dem Mitteilungsblatt von damals. Bürgermeister Horst Eickmeyer hielt die Laudatio für Schwester Timia, Schwester Benediktina, Schwester Maria-Raphael und Schwester Maria-Emma, die zusammen 100 Dienstjahre geleistet hatten.
Tendenz ging zur Schließung kleinerer Häuser
Mit Weggang der Schwestern wurde der Druck auf die Krankenhausverwaltung stärker. „Die Krankenkassen waren damals schon gegen Sechsbettzimmer“, berichtet Romus. Etwa 55 Krankenhausbetten habe man zu der Zeit gehabt. Zusätzlich habe Sanierungsbedarf bestanden. Die Tendenz ging allgemein dazu, kleinere Krankenhäuser zu schließen. 1983 schloss das Meersburger Krankenhaus endgültig seine Pforten. Schon im Sommer 1977 war die Geburtsstation geschlossen worden, echte gebürtige Meersburger gibt es seitdem nur noch in den seltenen Fällen einer Hausgeburt.

Schwester Timia als Krippenfigur
Die Ordensschwester Timia wirkte 33 Jahre im Krankenhaus. Sie arbeitetet unter drei Chefärzten, anfangs unter dem legendären Doktor Fritz Zimmermann. 1950 folgte Anton Roth und ab 1959 übernahm Walter Gersbach den Chefarztposten bis zur Schließung des Krankenhauses. Die rührige Schwester, die vielen Meersburgern half, das Licht der Welt zu erblicken, erhielt zum Abschied eine besondere Ehre, berichtet Peter Schmidt, Kenner der Stadtgeschichte. Um die Erinnerung an die Ordensschwestern wachzuhalten, ließ das Krankenhaus im Atelier von Berti Brandes eine Holzfigur schnitzen, die Schwester Timia als Oberin darstellt und für die Weihnachtskrippe der Pfarrkirche bestimmt ist.

Vom Lagergebäude bis zum Familienhotel
Das Gebäude selbst hatte eine wechselvolle Geschichte. Einst war es als Schussenrieder Hof das Verwaltungs- und Lagergebäude des oberschwäbischen Klosters. Zwischenzeitlich wurde das Haus als Poststelle genutzt. Bis 1983 war es Krankenhaus, bevor es eine Zeit lang als Altersheim dem Dr.-Zimmermann-Stift diente. Nach dessen Umzug wurde es umgebaut und fand 2012 seine jetzige Bestimmung als Jugend- und Familiengästehaus einer österreichischen Kette.
Unsere Serie
In der großen SÜDKURIER-Sommerserie „Gedächtnis der Region“ blicken wir in unseren Lokalteilen zurück in die 70er Jahre und zeigen Ihnen anhand von Bildern und Geschichten, wie sich das Leben in unserer Region verändert hat.