Ortstermin an einem windigen Tag am Schützenrain in Meersburg. Über Wilfried Steiger, Vorsitzender des BUND-Ortsverbands, und einer Anwohnerin segelt ein Rotmilan. Steiger deutet auf zwei Flächen. Es handelt sich bisher um grüne Wiesen.
In der achten Teiländerung des Flächennutzungsplanes 2020 heißen sie Lichtenwiese und Schützenrain. Letztere hat der BUND teils für Obstbäume gepachtet. Die Stadt Meersburg möchte die Wiesen als Wohnbauflächen ausweisen. Bei 14 Ja-Stimmen und drei Nein-Stimmen spricht sich der Gemeinderat jüngst für das Vorhaben aus.
Vier Hektar an Wohnbaufläche nötig
Dabei sehen unter anderem BUND und eine Gruppe Nachbarn die Ausweisung kritisch. Beide Parteien reichten Stellungnahmen ein. Wilfried Steiger hegt Zweifel, dass Meersburg die Flächen wirklich benötigt.
Die Stadt ist im Regionalplan Bodensee-Oberschwaben als Eigenentwickler definiert. Laut Landesvorgaben bedeutet dies, dass in Meersburg keine „über die Eigenentwicklung hinausgehende Siedlungstätigkeit stattfinden soll“.
Bewohnerin Susanne Banz bemängelt in einem ersten Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass der Wohnbedarf nur rudimentär dargelegt worden sei. Auch Wilfried Steiger fragt: „Worauf bezieht sich die Stadtverwaltung bei der Angabe des Bedarfs?“ Jetzt erklärt die Gemeinde, dass insgesamt ein Bedarf an Wohnbauflächen von circa vier Hektar bestehe.

Die Rede ist von alleine 27 Anfragen für Bauplätze in Meersburg. Hinzu kommen die Anfragen in den Teilorten.
Diese Interessensbekundungen stammen demnach von Bürgern und Familien, die keine Bauplätze und Grundstücke in den zuletzt entwickelten Gebieten erhalten hätten. Schützenrain (etwa 2,2 Hektar) und Lichtenwiese (1,8 Hektar) würden den erwähnten Bedarf genau abdecken. Die Stadtverwaltung erläutert, dass vorhandene Flächen nicht zur Verfügung ständen.
Bedenken existieren aber nicht nur hinsichtlich der Berechtigung, diese neuen Wohnbauflächen auszuweisen, sondern auch in Bezug auf die Lage.
„Ich sehe den Schützenrain und die Lichtenwiese nicht für sinnvoll an“, sagt Wilfried Steiger. Der BUNDler weist auf Tiere neben dem Rotmilan hin, die hier ihre Jagdgebiete haben, und legt Augenmerk auf schützenswerte Baumbestände. Das Gebiet Schützenrain liegt an der Bergkuppe. Kuppen dürfen nicht bebaut werden. Martin Brugger (CDU) erklärt in der Ratssitzung, dass das Verbot nicht aufgeweicht werden dürfe.
Bisheriger Grünzug von Planung betroffen
Das Areal Lichtenwiese grenzt indes an ein Naturschutzgebiet. Anwohnerin Susanne Banz spricht den bisher gültigen Grünzug an, in dem die Fläche sich befindet. Einerseits sichern Grünzüge den Biotopverbund und Frischluftschneisen. Andererseits trennen sie Siedlungsflächen voneinander. Mit der Fortschreibung des Regionalplanes wird der Grünzug allerdings zurückgenommen. Darauf weist die Stadtverwaltung in der Sitzungsvorlage hin.
Monika Biemann (Umweltgruppe) stimmt im Rat nicht zu. Seitens des Bürgermeisters sei immer betont worden, dass nicht „auf der grünen Wiese“ gebaut werden solle. Für ein Wohngebiet gebe es bessere Stellen, wie zum Beispiel auf dem Parkplatz im Allmendweg.
Das angedachte Wohngebiet liege auf der Nordseite mit Blick auf die B31. Eine Lärmschutzwand von geschätzt zehn Metern müsse errichtet werden. Weiter kritisiert die Rätin die enge Dr.-Zimmermann-Straße als Zufahrtsweg. Etwa die Hälfte der rund 25 Zuschauer applaudiert nach ihrem Veto.
Georg Dreher (CDU) erinnert daran, dass man sich auf die Fahnen geschrieben habe, Wohnraum zu schaffen. Die Bürger, die sich jetzt gegen die Erweiterungen aussprächen, seien diejenigen, die vor 30 Jahren auch auf die grüne Wiese gebaut hätten. „Die, die damals froh waren, bauen zu können, beschweren sich jetzt.“ Vorerst gehe es darum, einen Rahmen zu schaffen.
Einfluss durch B31-Planungen möglich
Dreher weist außerdem darauf hin, dass das Gelände als Freihaltezone für den Ausbau der B31 vorgehalten werde. Peter Krause (Umbo) schließt sich an und erklärt: „Die B31 ist noch nicht gesetzt.“ Da könne noch viel passieren. Und zur von Biemann vorgeschlagenen Alternative: „Der Allmendweg liegt auch an der B31.“
Christian Herter (Umbo) sieht es pragmatisch: „Wenn wir die Flächen im Plan drin haben, muss der Bund den Lärmschutz zahlen.“ Ferner findet er, die Stadt habe es in der Hand, was und wie dort gebaut werden darf.
Martin Brugger (CDU) erkundigt sich derweil nach der Zeitspanne bis zu einer möglichen Bebauung. Stadtbaumeister Martin Bleicher antwortet, dass der Feststellungsbeschluss die erste Stufe sei. Dann müsse eine Bauleitplanung aufgestellt werden. Das dauere alles seine Zeit. „Drei bis fünf Jahre sind das Minimum, bis dort was entstehen kann“, sagt er. Zunächst steht aber eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit an.