Bis zu 100 Geflüchtete möchte der Bodenseekreis in einem ehemaligen Fabrikgebäude in Meersburg unterbringen. Aktuell werden dafür noch die baurechtlichen vertraglichen Voraussetzungen geklärt. Erst danach können die Planungen und der Umbau beginnen – was wiederum von der Verfügbarkeit von Material und Handwerkern abhängig ist.

Deswegen kann das Landratsamt aktuell noch keinen genauen Zeitplan nennen. „Vorgesehen ist, dass in dem ehemaligen Gewerbeobjekt ab Ende 2024 bis zu 100 Menschen vorübergehend unterkommen können“, sagt Lars Gäbler, Pressesprecher des Landratsamtes Bodenseekreis.

Lars Gäbler, Pressesprecher Landratsamt Bodenseekreis: „Vorgesehen ist, dass in dem ehemaligen Gewerbeobjekt ab Ende 2024 bis zu ...
Lars Gäbler, Pressesprecher Landratsamt Bodenseekreis: „Vorgesehen ist, dass in dem ehemaligen Gewerbeobjekt ab Ende 2024 bis zu 100 Menschen vorübergehend unterkommen können.“ | Bild: Benjamin Schmidt | SK-Archiv

Woher die Menschen stammen, die dort unterkommen sollen, hänge von den weltweiten Fluchtbewegungen und den daraus resultierenden Zuweisungen des Landes an die Stadt- und Landkreise ab. „Möglich sind auch Umzüge aus anderen Unterkünften des Landkreises, da wir die Sporthallen, sobald möglich, wieder ihrem eigentlichen Zweck zur Verfügung stellen möchten“, erklärt Gäbler.

Doch ob das Vorhaben in Meersburg überhaupt umgesetzt wird, ist aus momentaner Sicht noch unklar. Eine Initiative hat nämlich 385 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Flüchtlingsunterkunft gesammelt – der Grund: Die Verantwortlichen befürchten durch die Unterkunft soziale Probleme.

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Gültigkeit des Bürgerbegehrens wird aktuell geprüft

Steht das Vorhaben jetzt also wirklich auf der Kippe? Und wie geht es weiter? „Das bei der Stadt Meersburg eingereichte Bürgerbegehren wird derzeit intensiv geprüft. Zum aktuellen Zeitpunkt können noch keine weiteren Aussagen zur Zulässigkeit getroffen werden. Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, wird die Beratung im Gemeinderat, voraussichtlich Ende März oder Anfang April, koordiniert werden“, teilt Bürgermeister Robert Scherer mit.

Robert Scherer, Bürgermeister von Meersburg: „Das bei der Stadt Meersburg eingereichte Bürgerbegehren wird derzeit intensiv ...
Robert Scherer, Bürgermeister von Meersburg: „Das bei der Stadt Meersburg eingereichte Bürgerbegehren wird derzeit intensiv geprüft.“ | Bild: Lorna Komm | SK-Archiv

Geprüft wird die Gültigkeit der abgegebenen Unterschriften, denn es zählen nur die Unterschriften von Bürgern, die auch zur Kommunalwahl berechtigt sind – also Personen über 16 Jahren, die seit mehr als drei Monaten in der Gemeinde mit Erstwohnsitz gemeldet sind. Sieben Prozent dieser Bürgerunterschriften sind für einen Bürgerentscheid notwendig.

Weil in Meersburg circa 4500 Menschen wahlberechtigt sind, wären also etwa 315 Stimmen nötig (385 wurden gesammelt). Der Gemeinderat muss innerhalb von zwei Monaten überprüfen, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Kommt das Gremium zum Schluss, dass das der Fall ist, wird ein Bürgerentscheid eingeleitet.

Bürgerentscheid ersetzt Entschluss des Gemeinderats

Der Bürgerentscheid muss innerhalb von vier Wochen in Form einer Wahl stattfinden. Und dann kann es für die Gemeinde ganz schön heikel werden, wie Barbara Wachsmuth, Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Überlingen, erklärt: „Stimmen die Bürger gegen den Gemeinderatsentschluss, in diesem Fall die Umnutzung des Gebäudes in eine Flüchtlingsunterkunft, ersetzt diese Entscheidung den Beschluss des Ausschusses.“

Barbara Wachsmuth, Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Überlingen: „Stimmen die Bürger gegen den Gemeinderatsentschluss, in ...
Barbara Wachsmuth, Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Überlingen: „Stimmen die Bürger gegen den Gemeinderatsentschluss, in diesem Fall die Umnutzung des Gebäudes in eine Flüchtlingsunterkunft, ersetzt diese Entscheidung den Gemeinderatsentschluss.“ | Bild: Wachsmuth

Heißt konkret: Dann dürfte das alte Fabrikgebäude nicht als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden und der Landkreis müsste ein anderes Gebäude für diese Aufgabe finden. „Ein Bürgerentscheid ist eine Form der direkten Demokratie“, betont Fachanwältin Wachsmuth. Ihr zufolge könnte es viel häufiger zu solchen Entscheiden kommen – auch in Überlingen gebe es Potenzial, wie zum Beispiel bei der in der Bürgerschaft umstrittenen Bebauung des Rauensteinparks.

Der aktuelle Fall in Meersburg ist bislang der einzige vergleichbare Fall im gesamten Landkreis, wie auch das Landratsamt bestätigt. „Es gibt eine baurechtliche Sondersituation, die eine Entscheidung des Gremiums erfordert. Hier setzt das Bürgerbegehren an“, erklärt Gäbler vom Landratsamt. Heißt konkret: Ein Bürgerbegehren ist nicht per se dafür geeignet, Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft zu stoppen, denn dafür braucht es einen lokalpolitischen Ansatzpunkt.

Wie Gäbler weiter erklärt, hat der Landkreis zusätzlichen Druck, geeignete und verwirklichbare Objekte im Kreisgebiet zu finden, um geflüchtete Menschen unterzubringen. Dabei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe des Landkreises. „Jedes nicht zu verwirklichende Projekt führt am Ende dazu, dass wir Menschen in Notunterkünften unterbringen müssen. Dafür nutzen wir auch Sporthallen, in denen dann kein Sportunterricht und kein Vereinssport stattfinden kann.“