Kostet die Jugendmusikschule die Stadt zu viel Geld? Diese Frage stellten in der jüngsten Gemeinderatssitzung vor allem die Räte Markus Waibel (FW) und Peter Schmidt (CDU) in den Raum.
Dabei stand auf der Tagesordnung zunächst nur eine moderate Anhebung der Gebühren, die das Gremium einstimmig billigte. Zuletzt waren die Gebühren 2018 erhöht worden. Neu ist ein Auswärtigenzuschlag, wie es ihn bereits in den 1990er Jahren gegeben hatte. So zahlen Meersburger für halbstündigen Einzelunterricht monatlich künftig 63 Euro, Auswärtige 64,50 Euro (bisher: alle 61 Euro).
Geschätzter Kostendeckungsgrad bei 39,5 Prozent
„Wir erhöhen alle paar Jahre tröpfchenweise, aber der große Wurf für den Haushalt wird‘s nicht“, meinte Markus Waibel. Mit Bezug auf den für 2020 geschätzten Kostendeckungsgrad von 39,5 Prozent sagte er: „Es ist schlicht unmöglich, die Musikschule zu diesem Betrag weiterzuführen.“
Schule wird jährlich mit rund 300 000 Euro bezuschusst
Musikdirektor Christoph Maaß, der die Jugendmusikschule und die Knabenmusik leitet, betonte, dabei handle es sich vorerst nur um einen Haushaltsansatz. Das Rechnungsergebnis 2018 hatte laut Sitzungsvorlage bei 50,1 Prozent gelegen. Doch sie hält auch fest, dass die Jugendmusikschule jährlich mit rund 300 000 Euro bezuschusst wird. Zusammen wiesen Musikschule, Knabenmusik und Stadtkapelle einen jährlichen Abmangel von 350 000 Euro auf, worauf auch das Landratsamt schon mahnend hingewiesen habe.
Junge Mitglieder der Knabenmusik müssen nicht zahlen
Junge Mitglieder der Knabenmusik und der Stadtkapelle erhalten kostenlosen Musikunterricht. „Was entgeht uns da?“, fragte Waibel. Genau konnte Maaß das aus dem Stand nicht sagen, nur dass aktuell „20 Knabenmusiker Unterricht bei uns haben“.

Waibel schlug vor, die Gemeinden des Verwaltungsverbandes sollten sich den Musikunterricht aufteilen. „Ich denke, dass wir uns dieses Defizit auf Dauer nicht leisten können“, sagte er und dankte der Verwaltung für die genaue Zahlenaufschlüsselung, die er sich so auch für die Stadtbücherei wünsche.
Forderungen an Verwaltung
„Eine halbe Million Euro für unsere Musikschule, das kann so nicht sein“, stieß Peter Schmidt ins gleiche Horn. Er unterstützte Waibels Vorschlag, „die Kommunen könnten sich sortieren, was die Instrumente angeht“. Er bat darum, dass die Verwaltung „ein vernünftiges Paket“ inklusive dieser neuen Aspekte vorlege.
Bürgermeister Robert Scherer meinte, es sei gut, dass man nun nachvollziehbare Zahlen habe. Das sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Die Jugendmusikschule war bisher eine heilige Kuh, nicht nur in der Stadt, auch im Rat.“ Scherer betonte, man rede über Zahlen und schmälere nicht die Leistung der Jugendmusikschule und ihres Leiters, die außer Frage stehe.
Was ist die Jugendmusikschule „wert“?
Welche Folgen haben die Kosten der Jugendmusikschule, die erstmals klar auf dem Tisch liegen? Bürgermeister Robert Scherer betonte gegenüber dem SÜDKURIER, die Kernfrage sei: „Was kann sich die Stadt alles leisten?“ Das sei ein Abwägungsprozess, bei dem man keinen Mosaikstein herausbrechen könne, sondern in den man alle freiwilligen städtischen Leistungen einbeziehen müsse. Dank der Doppik seien die gesamten Kosten jetzt nachvollziehbar, doch der Bürgermeister mahnt: „Bitte keine Kurzschlussreaktionen.“
Knabenmusiker könnten künftig für Unterricht zahlen müssen
Er betont aber ebenso, dass eine Kommune auch Einnahmen generieren müsse. Wäre es etwa denkbar, dass zum Beispiel auch Knabenmusiker für Musikunterricht künftig zahlen müssen? Sowohl Robert Scherer als auch Musikdirektor Christoph Maaß geben sich in dieser Frage „unvoreingenommen“, wie Maaß es formulierte, und verweisen darauf, dass es für Härtefälle, die die Gebühren nicht aufbringen könnten, immer Ausnahmen gebe.
„Im sozialen Bereich ist Meersburg sehr großzügig“, unterstreicht Bürgermeister Scherer. Christoph Maaß, selbst ehemaliger Knabenmusiker, weist darauf hin, dass die Ensembles aber auch ein Aushängeschild für Meersburg seien und bei vielen Veranstaltungen aufträten. Die Knabenmusiker und -musikerinnen probten zudem dreimal pro Woche.
Musikdirektor: „Kultur kostet nur vordergründig wirklich Geld“
Die Gretchenfrage zu Einrichtungen wie der Jugendmusikschule formuliert Bürgermeister Scherer so: „Was ist es mir wert?“ Und Maaß betont: „Wir sind kein Wirtschaftsunternehmen, sondern ein Teil der Kultur.“ Im Unterschied zu vielen privaten Musikschulen unterrichte man zum Beispiel nicht nur Instrumente, die gerade populär seien. Und: „Wir haben nur professionelle Lehrkräfte.“ Maaß ergänzt: „Kultur kostet nur vordergründig wirklich Geld. Sie hat aber immer das Problem, dass man ihren Nutzen nur schwer in Zahlen fassen kann.“
Jugendmusikschule als „extremer Standortfaktor“
Dabei sei eine Jugendmusikschule auch ein „extremer Standortfaktor“. Musik stärke das gesellschaftliche Leben – und letztlich auch die Wirtschaft. Wenn etwa die Knabenmusik auf dem Schlossplatz ein Konzert gebe, dann seien die Cafés außen herum rappelvoll.