Meersburg – Mit Narrenrufen, viel Musik und Rätschengeklapper zog der bunte Umzug von 1800 Hästrägern aus 27 Zünften durch die Altstadt. Richtig laut wurde es dort, wo die Hagerverwürger aus Deißlingen mit ihren Schellen vorbeizogen. Die Zunft aus der Nähe von Rottweil hatte nicht nur die weiteste Anreise, sondern stellte mit rund 400 Hästrägern auch die größte Gruppe. Und wenn diese Menge im rhythmischen Hüpfschritt ihre etwa zehn großen Schellen pro Häs klingen ließ, entstand beachtliches Getöse. Unterdessen trieben zahlreiche Hexengruppen mit den Zuschauern Schabernack oder formierten sich zur Pyramide. Herzige Tiermasken wie die der Bärenzunft Bermatingen oder des Narrenvereins Katzdorf aus Arlen bei Rielasingen-Worblingen entzückten nicht nur die jüngsten Zuschauer. Schaurig schön wurde es bei den Mimmenhauser Teufeln oder bei den Daisendorfer Sumpfgeistern. Neben zahlreichen Mitgliedern der Konstanzer Zünfte kamen auch alle anderen Nachbarvereine aus Uhldingen-Mühlhofen, Stetten oder Hagnau.

Den Anfang des fast zwei Stunden dauernden Umzugs machten die gastgebenden Schnabelgiere. Trotz viel Arbeit in den Schenken nahmen zahlreiche Narren der Burghexen, Glonke und Hänsele teil. Für den Fahrer des Wagens mit der Burg und dem Wahrzeichen der Zunft, dem Schnabelgiere, ist die zentimetergenaue Durchfahrt durchs Obertor immer eine Herausforderung, während der Stettheimer Hasle-Maale auf seinem hohen Baum im Torbogen den Kopf einziehen muss.

Der über 32 Meter lange Narrenbaum wartete derweil bis zum Umzugsende. Kaum dass die letzten Mäschgerle auf dem Schlossplatz angekommen waren, sperrten die Hänsele mit Karbatschen den Marktplatz ab, damit die Zimmermannsgilde den Narrenbaum stellen konnte. Innerhalb einer guten halben Stunde stand der Baum. Die Eile war angesagt. Denn das Rathaus, von wo aus der Narrenbaum mit Seilen bis zum Aufstellen gesichert wird, musste für die Auszählung der Bundestagswahl flugs geräumt werden.

Zunftmeister Alexander Wurster unterhielt mit Fakten über den Narrenbaum. Es sei es immer schwierig, einen geeigneten zu finden. Denn zum einen müsse er hoch genug sein, um das Rathaus zu überragen, zum anderen dürfe er aber unten nicht zu dick sein, da das Loch für den Baum nur einen Durchmesser von 29 Zentimetern habe. Wurster erklärte auch den Einsatz der Schwalben, den durch ein Seil verbundenen Holzstangen, mit denen der Baum durch die Zimmermänner hochgestemmt wird.

Sebastian Schmäh, Mitglied der Gilde, lieferte ebenfalls ein paar Infos über den Baum, bevor er das Kommando zum gleichmäßigen „hau ruck“ für die Zimmerleut‘ gab. Die Gilde, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert, gab sich routiniert wie immer. Letztlich konnte Gildechef Benjamin „Benni“ Wurster den Baum erklimmen, um die Sicherungsseile zu lösen. Dabei nahm er sich die Zeit, dem Hauptamtsleiter Maximilian Fetzer ein Geburtstagsgeschenk ins Fenster im ersten Stock zu werfen und den Helfern an den Seilen im zweiten Stock des Rathauses eine Riesenbrezel zuzuwerfen. Nachdem der Baum gestellt und der Schnabelgierewalzer gespielt war, kletterten die Kinder auf den Baum, um die Geschenke vom Kranz zu holen.