Am Wochenende sind es zwei Wochen, dass in Meersburg testweise die Fußgängerzone Oberstadt gilt. „Wir sind aktuell am neunten Tag. Es ist natürlich alles noch recht frisch“, sagt Ulrike Staiger-Heinzmann, Abteilungsleitung Bürgerbüro und Ordnung, beim Gespräch am Dienstagnachmittag. Erst mal bis zum 31. Oktober ist nur Liefer- und Anwohnerverkehr zu bestimmten Uhrzeiten gestattet. Durchgängig angefahren werden dürfen lediglich private Grundstücke und Stellflächen.
Der Meersburger Vollzugsbeamte Stephan Rathgeber berichtet: „Es muss noch in den Köpfen ankommen. Jetzt muss erst mal die lange Gewohnheit geändert werden.“ Zum Beispiel kann man nun nicht mehr kurz mit dem Auto bei der Volksbank am Marktplatz vorfahren oder das Kind zum Unterricht bei der Musikschule absetzen.
„Es muss noch in den Köpfen ankommen. Jetzt muss erst mal die lange Gewohnheit geändert werden.“Stephan Rathgeber, Vollzugsbeamter
In der ersten Woche haben Stephan Rathgeber und seine beiden Kollegen ausschließlich das Gespräch mit den Verkehrsteilnehmern gesucht. Sie erklärten nochmals persönlich die Regeln der Fußgängerzone. Seit der zweiten Woche werden auch Bußgelder verhängt. Rathgeber erläutert: „In der ersten Woche haben wir Verwarnungen mündlich ausgesprochen. Wer über Stunden in der Vorburggasse parkt, bekommt seit dieser Woche eine schriftliche Verwarnung.“ Ebenfalls am Marktplatz würden immer wieder Dauerparker beobachtet. Für unerlaubtes Parken fallen entsprechend dem Bußgeldkatalog 30 Euro an.
Darum ist die Unterstadt nicht mit dabei
Ursprünglich war vorgesehen, dass auch die Unterstadt zur Fußgängerzone wird. Ulrike Staiger-Heinzmann, Abteilungsleitung Bürgerbüro und Ordnung, erklärt, dass die Unterstadt jedoch von der Straßenverkehrsbehörde abgekoppelt worden sei. Grund ist der Bodensee-Radweg, der durch die Unterstadt führt. „Der Radweg muss durchgängig befahrbar sein“, berichtet Ulrike Staiger-Heinzmann.
Stephan Rathgeber ist seit sieben Jahren im Vollzugsdienst. Zur Fußgängerzone in der Oberstadt erfährt er positive und negative Rückmeldungen. Aber: „Die Reaktionen sind von den meisten Leuten positiv. Sie sagen: Endlich haben wir die Fußgängerzone. Vor allem Bewohner. Es ist schön, dass man zumindest mal die Oberstadt versucht hat verkehrsfrei zu kriegen.“ Andere können wiederum nichts mit den neuen Regeln anfangen. Bewohner, Mieter und Vermieter – etwa von Ferienwohnungen – hatten ihren Protest an die Stadtverwaltung herangetragen. Ein paar Schreiben liegen dem SÜDKURIER vor.
Kritik an den Zufahrtszeiten
Kritisiert wurden unter anderem die Zufahrtszeiten für Bewohner. Lieferanten trifft der Vollzugsdienst immer mal wieder zur falschen Zeit in der Oberstadt an. Ulrike Staiger-Heinzmann sagt: „An den Lieferzeiten hat sich eigentlich gar nichts geändert. Wir sind vom verkehrsberuhigten Bereich in die Fußgängerzone gewechselt.“ Weiter erklärt sie: „Es ist ein Projekt. Es sind elf Wochen. Wir appellieren an die Leute: Lasst uns mal probieren.“ Danach ist ein Erfahrungsaustausch mit Bewohnern und Gewerbebetrieben geplant.
„Es ist ein Projekt. Es sind elf Wochen. Wir appellieren an die Leute: Lasst uns mal probieren.“Ulrike Staiger-Heinzmann, Abteilungsleitung Bürgerbüro und Ordnung
Ausnahmegenehmigungen zum Befahren können bei der Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt beantragt werden. Gezeigt hat sich bereits, dass die Sozialdienste derlei Genehmigungen brauchen. „Die Mitarbeiter haben natürlich wenig Zeit und müssen direkt vor Ort hinfahren können“, sagt Stephan Rathgeber. Menschen mit Einschränkung oder Betriebe sollen die Ausnahmegenehmigungen begründet beantragen können. Zum Start hatte die Stadtverwaltung Anträge gesammelt. Einige hätten sich aber auch direkt an die Straßenverkehrsbehörde gewandt, berichtet Ulrike Staiger-Heinzmann.
Rathgeber sagt: „Die Stadt wurde in einer Zeit gebaut, in der es ein Fahrzeug gab: die Kutsche zum Fürstbischof.“ Es ist wenig Platz in den engen Gassen: „Sie brauchen Einfahrflächen für die Feuerwehr“, nennt der Vollzugsbeamte ein Beispiel. In der Vorburggasse etwa müssten die Einsatzkräfte ganz schön kutschieren, um mit ihren Löschfahrzeugen durchzukommen. Deshalb gibt es ihm zufolge dort auch so wenig öffentliche Stellflächen.
Stephan Rathgeber ist nach eigenen Angaben zuversichtlich, dass sich die Menschen an die Fußgängerzone gewöhnen werden: „Es ist eine wunderbare Gelegenheit für die ganze Stadt. Die Touristen profitieren von einer autoleeren Oberstadt, die Anwohner, weil weniger Verkehr herrscht. Es ist eine Win-win-Situation. Es sind wirklich kurze Wege. Die kann ich in Zukunft zu Fuß machen.“
In den nächsten Wochen sollen sich die Regeln bei den Menschen verfestigen. So zumindest die Hoffnung. Geparkt werden soll indes im Parkhaus an der Stefan-Lochner-Straße und auf dem Serpentine-Parkplatz.