Miriam El Harchis Osterhasen sind nicht hohl und verpackt in Stanniol, sondern flach und verziert mit heimischen Trockenbeeren. „Meine Kunden sind von ihnen begeistert, auch weil sie leichter zu transportieren sind“, erzählt sie schmunzelnd. Seit Ende Januar fertigt El Harchi in ihrer Schokoladen-Manufaktur, die sie im Geschoss unter ihrer Wohnung in Meersburg betreibt, eigene Produkte. Seit drei Jahren bereits hat die Diplom-Ingenieurin für Lebensmittel- und Biotechnologie einen Laden in der Steigstraße, in dem sie unter anderem Bean-to-Bar-Schokoladen verkauft. Sie sind von der Kakaobohne bis zur Tafel handgemacht und lassen sich bis zum Anbauer nahtlos zurückverfolgen.
Mit eigener Produktionsstätte wird Traum wahr
Und nun hat sich „Schokoholic“ El Harchi mit ihrer eigenen Produktionsstätte einen weiteren Traum erfüllt. Zwar hatte sie bereits zuvor eigene Schokoladen kreiert, etwa mit Wein und Früchten vom Bodensee, aber nicht selbst gefertigt. Seit zwei Monaten läuft nun ihre eigene Herstellung, derzeit noch als Ein-Frau-Betrieb. Vom Einkauf der Kakaobohnen bis hin zum Verpacken der süßen Ware macht sie alles eigenhändig.
Bis etwa ein Häschen, hübsch eingewickelt und mit einer Schleife verziert, auf dem Ladentisch Platz nimmt, braucht es einigen Aufwand. Zuerst schöpft El Harchi Kakaobohnen der Sorte Nacional Arriba, die wenig Säure enthält und leicht fruchtig ist, aus einem 25-Kilo-Sack. Er kommt aus Venezuela, von einer Kooperative aus der Region Sur del Lago. Wenn man Kakaobohnen trocken und möglichst dunkel lagere, dann hielten sie sich sehr lange, so El Harchi.

Zuerst sortiert sie den Kakao von Hand, entfernt beschädigte Bohnen und Bruchstücke. Dann werden die Bohnen geröstet, ein feines Aroma durchzieht dann den Raum, nicht so durchdringend wie bei Kaffee, aber ebenfalls köstlich. Kein Wunder, dass auch Kakaobohnen allein schon ihre Fans haben, sowohl pur als auch mit Zuckercrunch oder karamellisiert.

Doch für die Weiterverarbeitung zu Schokolade müssen die Bohnen nun von den Schalen befreit werden. El Harchi hat dafür zwar eine Art Trennmühle, macht das derzeit aber am liebsten von Hand, da so das Entfernen fast schneller gehe. Die Schalen nutzt sie übrigens als Dünger in ihrem Garten.

Die sorgfältig herausgepickten Kakao-Nibs werden dann noch gemahlen, bevor sie in die Conchiermaschine kommen – zusammen mit Kakaobutter, Zucker und, bei Milchschokolade, Milchpulver. Die Nibs enthalten zwar auch Kakaobutter, aber das reiche nicht, erklärt El Harchi. Für dunkle Schokolade setze man etwa zehn Prozent geschmolzene Kakaobutter zu, für Vollmilch 15 Prozent und für weiße Schokolade 30 bis 35 Prozent.

Größte Nachfrage nach dunkler Schokolade
Anschließend füge man, unabhängig von der Schokosorte, etwa 30 Prozent Zucker hinzu. Sie verwende nur Rohrohrzucker. Ganz zum Schluss gebe man das Milchpulver hinzu. Flüssigkeit würde alles verderben. „Schokolade und Wasser sind Feinde“, betont El Harchi. Momentan hat sie drei kleine Conchiermaschinen, die je bis zu zwei Kilo fassen können. Demnächst wolle sie eine 7-Kilo-Maschine anschaffen, denn sie könne die Meersburger Produkte gar nicht so schnell herstellen, wie sie ihr aus der Hand gerissen würden. „Die größte Nachfrage besteht nach dunkler Schokolade.“

Schokomasse wird bis zu 26 Stunden geknetet
Die Conchiermaschinen, die mit Granitmahlwerken ausgestattet sind, kneten und verrühren die Schokomasse jeweils bis zu 26 Stunden, dadurch bekommt sie ihren Schmelz, Duft und Geschmack. Bei weißer Schokolade reiche auch eine Laufzeit von 20 Stunden, erklärt El Harchi. Anschließend gießt sie die Schokolade auf ein Blech und lässt sie gekühlt zwei bis drei Stunden aushärten.

Danach kommt der kniffligste Arbeitsschritt, das Temperieren, das der Schokolade erst ihre besondere Kristallstruktur und auch ihren Glanz verleiht. Dabei muss eine bestimmte Temperaturkurve befolgt werden: erst 45 Grad, dann 28 Grad, dann nochmal auf knapp über 30 Grad erwärmen. Eine Methode, die den Vorgang der perfekten Kristallisation erleichtere, sei, die Masse in Arbeit mit bereits fertig temperierten Schokolade zu „impfen“, erläutert El Harchi. Und wie groß müssen diese „Impfdosen“ dann sein? „Das ist Gefühlssache“, sagt sie und schätzt: etwa 20 bis 30 Prozent.
Nun erst kann man die Schokolade in angewärmte Formen gießen, dekorieren und verfeinern. Dann lässt man sie aushärten und klopft die Hasen, Eier oder auch Tafeln dann vorsichtig heraus. „Natürlich sind gefüllte Schokoladen und Pralinen viel aufwendiger, auch die großen Ostereier erfordern viel mehr Arbeitsschritte und Feingefühl“, sagt El Harchi. Das gelte auch für die klassischen, hohlen Osterhasen, die sie vielleicht nächstes Jahr auch angehe. Doch ihre Abnehmer fragten bisher nicht danach.
Vielleicht weil für sie die Schokolade an sich im Vordergrund steht. Sehr beliebt ist laut El Harchi Bruchschokolade – die sie übrigens absichtlich als „Bruch“ herstellt. Die Tüten, so beobachtet sie, rissen Käufer oft schon im Geschäft auf und begännen gleich mit dem Naschen.
Es gibt ja tatsächlich auch Menschen, die Hemmungen haben, in einen putzigen Schokohasen zu beißen und diesen deshalb unberührt bis zum St. Nimmerleinstag stehen lassen. „Schade um die schöne Schokolade“, bedauert da dann mancher Schenkende.