Starkregen, Hagel, Trockenheit und immer stärkere Sonneneinstrahlung, gepaart mit Pilzkrankheiten und immer wieder neuen Schädlingen: Mit diesen Problemen müssen Landwirte im allgemeinen und Winzer im speziellen zurechtkommen. Neben höheren Kosten sind diese Faktoren vor allem eine zusätzliche Belastung für alle Arbeiter im Weinberg. Hinzu kommt, dass der Ruf nach rein biologischem Anbau immer lauter wird. Dies alles unter einen Hut zu bekommen, ist schwer.

Bio-Winzer hatten es dieses Jahr besonders schwer

Thomas Geiger, Winzer aus Riedetsweiler bei Meersburg, sagt: „Wir haben in diesem Jahr sehr viel Regen gehabt, was eine enorme Herausforderung war.“ Geiger fügt an: „Wir haben einige Kollegen, die seit Jahren einen sehr guten, rein biologischen Anbau betreiben. Diese hatten es in diesem Jahr besonders schwer.“ Deutlich zu sehen ist es beim Müller-Thurgau, einer Sorte, die vor allem anfällig für die Pilzkrankheit Peronospora ist: Beim konventionellen Winzer zeigen sich volle Trauben und ein guter Laubbewuchs, beim Bio-Winzer dürre Blätter, vertrocknete Beeren und ein eklatanter Ernteausfall. „Mit rein biologischem Anbau hatte man in diesem Jahr keine Chance“, sagt Thomas Geiger. „Wir achten fast alle auf umweltschonende Anbauweisen, doch in Jahren wie diesen geht es einfach nicht komplett ohne konventionellen Pflanzenschutz.“

In dieser Anlage wird der Müller-Thurgau rein biologisch angebaut. Dieses Jahr sind die Trauben vertrocknet, das Laub ist von Pilzen ...
In dieser Anlage wird der Müller-Thurgau rein biologisch angebaut. Dieses Jahr sind die Trauben vertrocknet, das Laub ist von Pilzen befallen. | Bild: Reiner Jäckle

Perfekte Bedingungen für Pilze

In diesem Jahr sind die Winzer so viel in ihren Weinbergen unterwegs gewesen wie selten. Durch den vielen Regen hatten Pilze perfekte Bedingungen. Auch die Kirschessigfliege, die es vor sechs Jahren noch gar nicht gab, macht den Weinbauern immer größere Sorgen. „Wir untersuchen die Reben jede Woche“, erklärt Georg Dreher, Vorsitzender des Winzervereins Meersburg. „In diesem Jahr hatten wir mit diesem Schädling bislang noch Glück.“ Durch den Pilzbefall werde es aber sicher weniger Wein als im vergangenen Jahren geben.

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Winzer setzen vermehrt auf Wärme liebende Sorten

Der Klimawandel zieht auch bei den Bodenseewinzern Veränderungen nach sich. So halten neue, Wärme liebende Sorten wie Riesling, Chardonnay und Merlot Einzug, die bislang ausschließlich in südlicheren Ländern angebaut wurden. Zudem versuchen die Winzer am See, immer mehr auch pilzresistente Sorten zu etablieren, wie Gelbe Blütenmuskateller, Sauvignac oder Regent. Der Anbau von säureärmerem Müller-Thurgau und Bacchus, die früh reifen, aber dadurch auch pilzanfällig sind, könnte zurückgehen, wenn es noch wärmer wird.

Müller-Thurgau-Reben bio und konventionell Video: Jäckle, Reiner

Zum anderen bedarf es durch die Wetterverhältnisse einer immer intensiveren Pflege der Reben. Teilweise sind bereits Bewässerungsanlagen und Hagelnetze installiert worden, was immense Kosten nach sich zieht. Die Mitarbeiter in den Weinbergen müssen vermehrt gegen lange Hitzeperioden oder deutlich mehr Nässe ankämpfen, was die Arbeit erschwert.

Regen wäscht schützendes Belagsmittel von Reben weg

Auch die Bewirtschaftung, vor allem im Pflanzenschutz, wird immer anspruchsvoller. „In diesem Jahr hat sich gezeigt, wer den Weinbau von der Pieke auf gelernt hat“, sagt Thomas Geiger. „Wer durch den vielen Regen einmal etwas zu spät im Weinberg war, hatte bereits große Schäden.“ Normalerweise werden die Reben mit Belagsmittel bespritzt. Dieser Schutz sei umweltschonend, denn er sei rein äußerlich und dringe nicht in die Pflanze ein, erklärt Geiger. Wenn es allerdings viel regnet, wird das Mittel einfach weggewaschen und man muss sofort wieder neues Mittel spritzen. „Ich war selten so viel im Weinberg unterwegs und ich hatte auch noch nie ein so teures Jahr“, zieht Thomas Geiger Bilanz. „Es war eine irrsinnige Fahrerei.“ Zudem war das Befahren der steileren Lagen bei Nässe gefährlich, weil der Traktor immer wieder ins Rutschen kam.

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„Wir haben mittlerweile bei uns ein Klima wie vor 20 Jahren in Südtirol.“
Georg Dreher, Vorsitzender des Winzervereins Meersburg

In puncto Bewirtschaftung setzt der Winzerverein Meersburg auf die Expertise des Weinbauinstituts Freiburg. „Hier werden die neuesten Entwicklungen besprochen“, sagt Vorsitzender Georg Dreher. „Außerdem gibt es regelmäßige Vor-Ort-Begehungen in verschiedenen Weinbergen.“ Vor allem wenn neue Reben gesetzt werden, berate man sich intensiv. Dies sei notwendig, „weil wir mittlerweile bei uns ein Klima haben wie vor 20 Jahren in Südtirol“, sagt der Vorsitzende des Winzervereins Meersburg.

Selbst den Ameisen wurde es dieses Jahr auf dem Boden zu nass. Deshalb haben sie ihren Bau auf den Rebstock gesetz. „So etwas habe ...
Selbst den Ameisen wurde es dieses Jahr auf dem Boden zu nass. Deshalb haben sie ihren Bau auf den Rebstock gesetz. „So etwas habe ich, seitdem ich Winzer bin, noch nicht gesehen“, sagt Thomas Geiger. | Bild: Reiner Jäckle

Starkregen schwemmt Mutterboden aus steileren Lagen

Ein Problem ist der Starkregen, der vor allem die Weinberge in steileren Lagen ausschwemmt. Diese Gefahr steigt, wenn zuvor eine Unterstock-Bodenbearbeitung gemacht wurde, weil auf den Einsatz von Herbiziden verzichtet werden soll. „Das ist dramatisch, denn der Boden ist unser Kapital“, erklärt Thomas Geiger. „Außerdem ist der Schaden nicht nur in dem Moment groß, sondern es wirkt sich auch auf die folgenden Jahre aus, weil der Mutterboden abgeschwemmt ist.“

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Spätfröste lassen Triebe erfrieren

Eine weitere Folge des Klimawandels sind die warmen Frühjahre. Die Reben treiben früher aus und dadurch steigt die Gefahr von späten Frostphasen. Wenn die Knospen am Aufbrechen sind oder die Rebe schon treibt und das Thermometer dann unter null Grad fällt, erfrieren die Triebe.

„Wir versprechen uns einen guten, leichteren, rassigen und fruchtigen Jahrgang.“
Thomas Geiger

Sowohl beim Winzerverein Meersburg als auch beim Weingut Geiger wird es in der kommenden Woche mit der Weinlese losgehen. Durch die schönen Tage seit Ende August hat die Qualität der Trauben noch einmal zugelegt. Wie der Wein allerdings schlussendlich sein wird, sieht man erst, wenn er im Keller ist. „Wir versprechen uns aber schon einen guten, leichteren, rassigen und fruchtigen Jahrgang“, schaut Thomas Geiger voraus.