Von kleinen Mängeln und verschonten Reben bis hin zu großen Schäden: Der Hagel am späten Dienstagabend hat auf den Weinbauflächen des Hagnauer Winzervereins seine Spuren hinterlassen. Während besonders die Reben um Hagnau herum beschädigt wurden, blieben andere Standorte wie in Immenstaad komplett verschont. Wie groß der Schaden tatsächlich ist, sei aktuell aber noch unklar.

„Es kommt auf den Sommer an“, betont Karl Megerle, Vorsitzender des Winzervereins in Hagnau. Bleiben die kommenden Wochen und Monate trocken, warm und ohne große Regenmassen, werde sich das starke Unwetter vom Dienstagabend wohl kaum auf die Ernte im Herbst auswirken.
Denn dann können sich die Pflanzen erholen und gesund nachwachsen. „Gibt es zu viel Regen, wäre das eher schlecht für uns“, erklärt Megerle. „Mit der Feuchtigkeit kommen Pilzkrankheiten und die haben bei geschädigten Pflanzen mehr Möglichkeiten als bei gesunden.“

Doch der Winzer bleibt positiv. „Wir hoffen, dass sich der Schaden verwächst. Ich habe schon ganz andere Wetterextreme erlebt“, sagt Megerle und lacht. Dennoch: Die Mängel an den Reben sind sichtbar. Viele Blätter sind zerstört, Triebe beschädigt und einige Früchte komplett abgefallen.
Was bedeutet das für die Pflanze? Zerstörte Blättern und Triebe behindern nun das gesunde Wachstum. „Blätter sind die Grundlage für Fotosynthese. Findet keine mehr statt, dann hat die Pflanze ein Problem“, erklärt Megerle.

Auch die Triebspitzen seien ein wichtiger Vegetationspunkt und somit relevant für das Gedeihen der Pflanzen. „Die beschädigten Reben wachsen nun langsamer und müssen sich erst von dem Hagel erholen.“ Die Aufgabe der Winzer sei es in diesen Tagen, das tote Material an den Pflanzen zu entfernen – denn abgestorbene Blätter, Triebe und Früchte behindern nicht nur das Wachstum, sondern machen die Pflanzen auch anfälliger für Pilze.

Hagelschaden hin oder her – Schutznetze gibt es auf den Anbauflächen des Hagnauer Winzervereins kaum welche. Wie Karl Megerle erzählt, seien nur wenige einzelne Reben geschützt. Dort halten die Netze auch Vögeln und Laub ab.
„Großflächige Netze gibt es bei uns nicht. Wir haben gesehen, dass diese bei Hagelkörnern wie am Dienstag auch keinen hundertprozentigen Schutz bieten“, sagt Megerle. Dieser Faktor in Kombination mit den Kosten halte die Winzer bislang von der Installation weiterer Netze ab.
Obstbauer Lukas Fahr: „Wir hatten Glück, dass wir über unseren Apfelplantagen Netze gespannt haben“
Anders sieht es auf dem Obsthof Fahr in Friedrichshafen aus. Dort ist der Großteil der Apfelplantagen mit Hagelnetzen überspannt. Und das hat sich am Dienstag bewährt: Große Massen an Hagelkörnern wurden aufgefangen. „Wir hatten wirklich Glück, dass wir über unseren Apfelplantagen Netze gespannt haben. So hält sich der Schaden sehr in Grenzen“, berichtet Lukas Fahr vom Obsthof.

Vom Hagel betroffen seien nur wenige Äpfel an den Stellen, an denen das Netz gerissen ist oder am Rand der Plantagen. Schon 2017 retteten die Hagelnetze die Apfelernte des Obsthofes. „Es passiert nicht jedes Jahr etwas, aber die Anschaffung lohnt sich schon, wenn es alle paar Jahre schlimm hagelt“, sagt Fahr.

Seit 2001 schützen großflächige Netze die Apfelplantagen auf dem Hof seiner Familie. Wie der Obstbauer erzählt, seien die eigentlichen Netze auch „gar nicht so teuer“. „Teuer ist eigentlich nur die dazugehörige Konstruktion. Aber auch das lohnt sich, wenn man bedenkt, wie viel Verlust man durch Hagelschäden machen kann.“

Glück hatte Familie Fahr bei ihren Kirschen. Die Plantagen des Kernobstes blieben vom Hagel verschont. „Der Hagel kam sehr lokal und hat nur unsere Äpfel getroffen. Das andere Obst blieb verschont“, sagt Lukas Fahr und ergänzt: „Das ist gut so, denn dort haben wir keine Netze.“
Familie Fahr habe sich bislang gegen ein Hagelnetz bei den Kirschen entschieden, weil das Kernobst stabiler sei als Äpfel. „Außerdem sind die Früchte kleiner, es gibt also weniger Fläche, die vom Hagel getroffen werden kann“, begründet der Obstbauer. Ganz ohne Schutz geht es aber auch bei den Kirschen nicht. In den Wochen vor der Ernte werden sie mit einem Dach vor dem Regen geschützt. Das Dach sei aber nicht stabil genug, um auch Hagelkörner zurückzuhalten.
Obstbauer Christian Büchele: „Wir rechnen mit 50 Prozent weniger Ernteertrag bei den Kirschen“
Weniger Glück als sein Kollege Lukas Fahr hatte Obstbauer Christian Büchele aus Friedrichshafen. Etwa die Hälfte seiner Süßkirschen wurde vom Hagel am Dienstagabend zerstört. „Wir rechnen dementsprechend auch mit etwa 50 Prozent weniger Ernteertrag bei den Kirschen“, berichtet der Landwirt.
Zwar sei ein Teil der Kirschbäume mit einem Hagelnetz geschützt, der Großteil aber wachse unter freiem Himmel. „Für die Zukunft werden wir sicherlich darüber nachdenken, großflächig einen Schutz für die Kirschen zu installieren“, sagt Büchele deutlich. „Wenn der Hagel innerhalb von fünf Minuten die Arbeit eines Jahres zunichtemachen kann, sieht man den Nutzen, der hinter den Netzen steckt.“
Und dieser beschränke sich laut Büchele nicht nur auf den Schutz vor Unwetter. Auch Pflanzschutzmittel könne in Plantagen mit Netzen eingespart werden. Denn: Kommt weniger Feuchtigkeit an die Pflanzen, sinkt die Gefahr einer Fäulnis. Somit müsse weniger Schutzmittel gespritzt werden.
Der Obstbauer aus Friedrichshafen weiß, dass die Schutznetze in der Gesellschaft oft kritisch betrachtet werden. Er selbst jedoch sei überzeugt. „Hätten unsere Apfelplantagen keinen Hagelschutz, wäre wegen dem Unwetter am Dienstag die komplette Ernte verloren gewesen“, ist Christian Büchele überzeugt.
Etwa 90 Prozent der Netze haben den Hagelmassen standgehalten. Ein paar wenige seien durch das Unwetter gerissen. „Wir sind seit zwei Tagen dabei, die kaputten Netze vorläufig zu reparieren, die immerhin schon 15 Jahre alt sind.“ Nach der Ernte sollen dann neue Netze kommen – die „hoffentlich wieder so lange halten“.