„Schön, dass ihr trotz Klimaklebern, Traktor-Parade und Bahnstreik den Weg hierher gefunden habt“, begrüßte Zunftmeister Alex Wurster die Gäste in der voll besetzten Sommertalhalle zum bunten Schnabelgiere-Allerlei. Er kündigte ein abwechslungsreiches Programm mit 20 Beiträgen an und meinte optimistisch, dass dies nach vier Stunden zu Ende sei – doch er hatte nicht mit den Forderungen des gut gelaunten Publikums nach Zugaben gerechnet. Am Ende waren es eher fünf kurzweilige Stunden voller lustiger Sketche, spitzzüngigen Stadtgeflüsters und flotten Tanzeinlagen.
Um Narrensamen muss es der Zunft nicht Bange sein
Auffällig viele Kinder standen mit auf der Bühne und zeigten, dass die Zunft sich wenig Gedanken um närrischen Nachwuchs machen muss. Zum einen in der eigenen Tanznummer des Narrensamens, in welcher sich 25 Kinder, das jüngste gerade drei Jahre alt, fröhlich zum einstigen Sommerhit „Macarena“ bewegten. Zum anderen unterstützen die Kleinen in einzelnen Aufführungen die Großen.

Und mit den Zunftteens zeigten die jungen Erwachsenen mit ihrem flotten Tanz zu fetzigen Rhythmen in „Die Narrenzäpfle“, dass auch mit neuen Gruppierungen zu rechnen ist. Seit Jahren fester Bestandteil des Allerleis hingegen ist der Jugendzirkus Meerolino, welcher mit schwindelerregender Akrobatik besticht. Ob Jonglage, menschliche Pyramiden oder auf dem Einrad: Die Jungen boten Hingucker, zumal sie unter Schwarzlicht mit neonfarbigen Applikationen auf den Kostümen mit besonderen Effekten spielten.
Karle und Frieda sinnieren am Lattenzaun
Ohne große optische Ablenkung kommen die Urgesteine Karle und Frieda aus, gemimt von Karl-Heinz Keller und Hubert Weber. Beim „Lattengeschwätz am Lattenzaun“ ging es um Männer und Frauen oder ums Stadtgeschehen. Nach der Beerdigung in der Unterstadt, als der letzte Zuber Trauben in den alten Winzerverein gebracht wurde, machten sich Karle und Frieda Gedanken über die Zukunft des Gebäudes. Komme da eine fürstbischöfliche Residenz rein und werde der heilige Anton mit einziehen, als Schutzheiliger der Hotellerie und Gastronomie, fragten sie sich.

Gefrotzel über den Kampf der Geschlechter
Ähnlich spitzzüngig präsentierten sich Schorle-Barbie (Monja Weigert geb. Endres), Holzbau-Ken (Sebastian Schmäh) und Glamour-Barbie (Katharina Schmäh) in „Meerschburger Barbieworld“. Holzbau-Ken verpasste einigen Gemeinderäten spezielle Kampfnamen wie „die kämpfende Löwin“, „harte Laugenstange“ oder „Jeanne d‘Arc des Baurechts“ und aus der FDP wurde gleich das „Fehlende Dörr Phantom“. Während Schorle-Barbie erwog, in die männliche Bastion der 101er-Gesellschaft einzutreten, meinte Glamour-Barbie, dass es gut wäre, „wenn alte Herren ihre Ansichten über Frauen reformieren würden“. Stolz verteidigte sie dann ihren Status als Knabenmusikerin.

„Bock des Jahres“ geht an den Bürgermeister
Kommunale Kritik verpackte auch Franziska Restle in ihrem Soloauftritt am E-Piano. Mit ihrem selbst getexteten Lied zu Baumfällungen im Industriegebiet ließ sie dann statt wie den im Programmpunkt angekündigten „And the Oscar goes to...“ den „Bock des Jahres“ an Bürgermeister Robert Scherer übergeben.
Narrenschelte für den „Stadtpaparazzo“
Weitaus häufiger zur Zielscheibe der gut gemeinten Frotzeleien wurde der „Stadtpaparazzo“. Niklas Bergmoser alias Till rollte eine mehrere Meter lange Papierrolle auf und meinte, das seien die Fotos der vergangenen Stunde von Peter Köstlinger aus den sozialen Medien. Im SÜDKURIER blätternd, fragte er sich, wo die Manieren hin seien, denn die Hagnauer hätten im Vorjahr bei den Eulenspielen den Schnabelgiere auf der Bühne erschossen.
Neues Futter für Neckereien mit Hagnau
Die freundlich gepflegte Frotzelei zur Nachbargemeinde nahmen auch die Hexen in ihrem Sketch auf. Goldmarie und Pechmarie mussten schleunigst aus Hagnau zurückgeschleust werden, um unter dem Obertor ihren Lohn für die Arbeit bei Frau Holle zu bekommen. Eine Stimme aus dem Off kommentierte launig und ortsbezogen ihren Weg.

Tierisch viel Action auf der Bühne
Ähnlich lustig und mit städtischen Stationen passierte Mogli in „Das Dschungelbuch zu Gast im Städtle“, einem Beitrag des Narrenrats, diverse markante Ortspunkte. Auch die Glonkegruppe setzte auf tierische Kostüme und präsentierte wilde Tiere und tanzende Schwäne sowie Zauberer und Seiltänzerin in der Manege. Kraftvoll und unter vollem Körpereinsatz fanden sich die Mitglieder des Fanfarenzugs zum American Football und holten den Superbowl in die Burgenstadt. Mit Cheerleadern und eigenen Maskottchen ging es auf der Bühne drunter und drüber.

Chaotisch polterte auch Opa Dachs (Markus Waibel) durch den gläsernen Dachsbau. Mit der Familie diskutierte er Themen wie Waldkindergarten, Gemeinderatswahl, Therme oder Felchenfangverbot. Auch die blutsaugenden „Weinpire“ der Familie Rath nahmen sich städtische Themen vor. Vom Ärztemangel über die fehlende Musiknacht beklagten sie den Umgang mit unterschiedlichen Generationen. „Kein Jugendgemeinderat, aber ein Kreisseniorenrat ist geplant“, lautete es dort. Dabei fehle es beispielsweise an Ferienbetreuung für Kinder und anderem, also „gut älter werden und jung unsichtbar bleiben in Meersburg“, fragten sie. Angesichts der vielen jungen Menschen auf der Bühne, wie auch der neu formierten Garde, welche mit zwei Tänzen vertreten war, eine närrische Forderung?
Sprüche, die die Narren vom Stapel ließen
- „Nun kommen wir zum Gemeinderat, ach, da ist mir die Zeit zu schad‘.“
Till alias Niklas Bergmoser
- „Das Ehrenamt wir langsam schwierig, die Gema, die wird zu gierig.“
Till alias Niklas Bergmoser
- „Gut älter werden oder jung unsichtbar bleiben in Meersburg.“
Die Weinpire alias Familie Rath
- „Am See im Süden mit schönster Bergsicht fängt der Kormoran die Felchen, nur wir dürfen es nicht.“
Gesangseinlage aus dem Dachsbau von Familie Waibel
- „In die Unterstadt wird bald der heilige Anton einziehen. Der Schutzheilige der Hotellerie und Gastronomie.“
Karle alias Karl-Heinz Keller
- „Im Gemeinderat sitzt die FDP – auch als ‚Fehlendes Dörr Phantom‘ bekannt.“
Holzwurm-Ken alias Sebastian Schmäh