Die Sprache ist ein zentrales Element für die Entwicklung und das Lernvermögen von Kindern und Jugendlichen. Auf der anderen Seite werden gerade hier schon in Kindergärten und später in den Schulen immer häufiger Defizite festgestellt. Vor diesem Hintergrund organisierten die Einrichtungen des "Sozialen Netzwerks Owingen" erstmals gemeinsame Projektwochen zum Thema Sprache. Mit dabei waren alle drei Kindertagesstätten der Gemeinde, die Auentalschule und der Familientreff des Bodenseekreises.

Koordiniert von Bettina Lotter als Vertreterin des Kreisjugendamtes und Sabine Lindenau, der Gesamtleiterin der Owinger Kindergärten, bearbeiteten die verschiedenen Einrichtungen mit ihren Schützlingen drei Wochen lang altersgemäße Projekte zu diesem Thema und gestalteten gemeinsam Aktivitäten. Die Ergebnisse präsentierten sie bei einem Abschlussfest im Kinderhaus, zu dem auch die Eltern eingeladen waren und über die Lerneffekte ihrer Kinder staunen konnten.
Wertigkeit überprüfen
"Alltägliche Abläufe in den Familien haben sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt", sagt Bettina Lotter vom Owinger Familientreff. "Durch diesen Wandel haben sich auch kommunikative Aspekte verändert." Nichtsdestotrotz bleibe die Sprache das erste und wichtigste Mittel in der Kommunikation. Deshalb gelte, ab und zu innezuhalten und zu überlegen, "was Sprache für jeden einzelnen bedeutet, welche Wertigkeit sie in unserem Lebensalltag hat". Dazu zitieren die Organisatoren den Philosophen Ludwig Wittgenstein mit dem Satz: "Die Grenzen meiner Sprache, bedeuten die Grenzen meiner Welt."

Diese Grenzen will auch Erzieherin Sabine Lindenau vom Kinderhaus St. Nikolaus und verantwortlich für die anderen beiden Kindertagesstätten für die lernbegierigen Jungen und Mädchen möglichst erweitern. "Sprache hilft dabei, die Welt zu entdecken, sie hilft sich auszudrücken und mit anderen zu leben", sagt Lindenau: "Deshalb ist die Sprache ein ganz zentrales Element unserer sozialen Beziehungen, ja unseres Lebens." Oft hätten Eltern nicht genügend Zeit oder Geduld, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, bisweilen fühlten sie sich selbst mit der Förderung ihrer Kinder überfordert, begründen die Veranstalter die gemeinsame Organisation dieser Premiere für Owingen.
Sprache im Spiel erleben
Dass die Aktion ein Erfolg war, konnten die Eltern an den Ergebnissen ablesen und beim Abschlussfest hautnah beobachten. Hier saßen die Kinder auf dem Boden und ordneten Buchstaben, dort spielten sie eine Geschichte und an anderer Stelle tanzten sie zum gemeinsamen Singen. Auch zuhören können und Sprache verstehen, gehört dazu – und die Kinder konnten es am Vorlesetag gleich erproben. Dass Kommunikation mal ganz anders aussehen kann, demonstrierte eine Gruppe des Kinderhauses Guggenbühl mit ihrer Idee, eine Sprachinsel zu schaffen, auf der sich die Kinder in einer eigenen Zeichensprache austauschen konnten.
Für Eltern waren in den Tagen zuvor ebenfalls Veranstaltungen angeboten worden. Unter anderem hatte Stephanie Eiden, Leiterin des Owinger Sprachheilkindergartens der Zieglerschen, in einem Abendvortrag die "Bedeutung der ersten Lebensjahre für die Sprachentwicklung des Kindes" dargestellt und erläutert. Damit schärfte sie auch den Blick, ja vielleicht die Ohren von Müttern und Vätern für die Belange ihrer Kinder. "Es hat uns gefreut, dass dies auf großes Interesse gestoßen ist", sagt Bettina Lotter. Zufrieden zeigten sich die Organisatorinnen ebenso mit der engagierten und reibungslosen Zusammenarbeit bei der Vorbereitung dieser Premiere.
Tipps für Eltern zur Sprachförderung
- Der Arbeitskreis "Soziales Netzwerk Owingen" wurde 1999 als "Runder Tisch" gegründet und ist eine Einrichtung der Gemeinde in Verbindung mit dem Kreisjugendamt Bodenseekreis. Ziel ist unter anderem ein regelmäßiger Austausch zwischen den verschiedenen Institutionen für Jung und Alt, zu denen unter anderem auch die Dorfhelferinnen und der Nachbarschaftsverein, die Integrationsbeauftragte und die Schulsozialarbeiterin gehören. Die Gemeinde ist mit Hauptamtsleiterin Regina Holzhofer vertreten.
- Der deutsche Bundesverband für Logopädie vergleicht die Sprachentwicklung von Kindern mit dem Wachstum in einem Garten. "Wenn die Eltern für ausreichend Nahrung (das sind in der Entwicklung die Umwelterfahrungen des Kindes) und für ein gutes Klima (das ist in der Entwicklung eine sichere, ermutigende Beziehung) sorgen, dann nimmt sich das Kind genau das, was es braucht, so wie eine Pflanze sich die Nährstoffe aus dem Boden nimmt", heißt es vonseiten des Bundesverbands. Mit Umwelterfahrungen sind dabei nicht nur das Sprechen oder Vorlesen gemeint. Es geht auch um "Erfahrungen mit Bewegung, Gefühlen, zwischenmenschlicher Verständigung und zu lösenden Problemen". Die Erfahrungen sollten laut Bundesverband stets kind- und altersgerecht erworben werden. Folgende konkrete Tipps geben die Logopäden dafür: Kinder beim Sprechen anschauen, ihnen zuhören, sie aussprechen lassen, sie nicht verbessern, während sie reden, lieber anschließend in vollständigen, aber nicht komplizierten Sätzen wiederholen, was die Kleinen gesagt haben, spielen anstatt zu üben, gemeinsam Spaß haben beim Singen, Tanzen und Lesen, täglich für die Kinder Zeit nehmen, in der nicht parallel etwas anderes erledigt wird.