Zwei runde Geburtstage konnten jetzt das Kompetenzzentrum Obstbau des Landes und die Heinz-Sielmann-Stiftung feiern. die beide auf verschiedenen Ebenen um den Erhalt der genetischen Vielfalt als Versicherung für die Zukunft der Natur kämpfen. Kein Ort wäre dafür besser geeignet als Owingens Teilort Billafingen, wo seit 30 Jahren ein Birnensortengarten gedeiht und wo vor 20 Jahren mit dem Biotopverbund Bodensee die Keimzelle für ein großes Netzwerk an neuen Lebensräumen gelegt wurde. Die Heinz-Sielmann-Stiftung selbst war ebenfalls im Jahr 1994 gegründet worden.
Seitdem sei bereits einiges passiert und sichtbar geworden, betonte Manfred Büchele, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Obstbau (KOB) in Bavendorf bei Ravensburg. Auf dem Gelände des KOB wird ein Apfelgarten mit rund tausend Sorten gepflegt, inzwischen hat das Kompetenzzentrum auch die Verantwortung für den Birnensortengarten in Billafingen übernommen.
Gemeinde profitiert von Gewässer
Thomas Hepperle hatte den Birnensortengarten 1994 ins Leben gerufen und betreut ihn auch im Ruhestand noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter des KOB. Büchele würdigte auch das Engagement der Heinz-Sielmann-Stiftung für die Artenvielfalt. „Der Weiher sieht inzwischen schon recht naturnah aus“, sagte er: „Das war in den ersten Jahren natürlich noch nicht so.“ Doch müsse man der Natur einfach Zeit lassen, betonte Büchele, damit sie sich entwickeln könne.
Einen „Spatenstich für die Artenvielfalt“ nannte Owingens Bürgermeister Henrik Wengert in der Rückschau den Bau des Heinz-Sielmann-Weihers ab 2004. Inzwischen sei das Gewässer mit seinem Pflanzen- und Tierreichtum längst zu einer touristischen Attraktion der Gemeinde geworden. Der zehn Jahre zuvor begründete Sortengarten beim Unterfrickhof habe indessen ein Stück Obstbaugeschichte für die kommenden Generationen festgehalten, betonte der Bürgermeister. Dies sei umso bedeutsamer, als die aktuellen Streuobstbestände und damit die regionale Vielfalt inzwischen akut gefährdet seien, sagte Wengert. Damit sei man schon 1994 der Zeit voraus gewesen, als der Begriff Biodiversität noch lange nicht zum täglichen Sprachgebrauch gehört habe.
Biotope in vielen Regionen geschaffen
Auf diese Biodiversität spezialisiert ist Biologe Heiko Schumacher als zuständiger Abteilungsleiter der Heinz-Sielmann-Stiftung, der inzwischen in der ganzen Republik in Sachen Artenvielfalt unterwegs und die zahlreichen geschaffenen Biotope aus eigener Anschauung kennt wie kein anderer. „Wir sind in ganz Deutschland tätig“, sagte Schumacher und lobte das „junge Team“, das im Überlinger Projektbüro für die Maßnahmen des Biotopverbunds verantwortlich zeichnet. Ausgehend von Billafingen erstreckt sich das Netz bis in die Kreise Konstanz, Ravensburg und Sigmaringen.
Zu verdanken sei das alles vor allem dem Ornithologen Professor Peter Berthold, der Heinz Sielmann von seinen Visionen überzeugt und die meisten Projekte vor Ort persönlich angestoßen habe. Inzwischen seien mehr als 200 Einzelmaßnahmen umgesetzt worden. Dies sei in Zusammenarbeit mit der Landnutzung durch Land- und Forstwirtschaft geschehen und habe Vorbildcharakter. „Mit dem Biotopverbund Bodensee ist so ein Signal für ganz Deutschland ausgegangen“, erklärte Heiko Schumacher. Doch die Stiftung ruhe sich nicht auf den Lorbeeren aus und das Engagement gehe mit ungebrochener Energie weiter.

Mehr als 200 Maßnahmen umgesetzt
Lob für das Engagement hatte Konrad Rühl, Abteilungsleiter im Ministerium für Ländlichen Raum, aus Stuttgart mitgebracht. Mit dem Biotopverbund habe die Sielmann Stiftung Bewegung hineingebracht. Allerdings habe man „nicht bei null beginnen müssen“, betonte Rühl jedoch auch und verwies auf das Domämenkonzept des Landes, mit dem der Ökologie bereits größeres Gewicht zugemessen worden sei. Auch künftig werde es bei der Landnutzung nicht um ein Entweder/Oder, sondern um ein Sowohl/Als auch gehen, erklärte er.
Die Grüße von Peter Berthold hatte Thomas Hepperle in schriftlicher Form dabei, da Berthold selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich an der Veranstaltung teilnehmen konnte. Der Biologe zeigte sich erfreut über die „großartigen Ergebnisse“ des Biotopverbunds. Zu den mehr als 200 Maßnahmen gehörten unter anderem 30 Weiher, denen Bertholds besonderes Augenmerk galt. Die positiven Auswirkungen seien in Billafingen am besten abzulesen. Ja, sie belegten eindrücklich, dass „der Biotopverbund zur bestmöglichen Überlebensversicherung für uns und unsere Nachkommen wird.“
Mehr Vogelarten und Brutvögel gesichtet
Allein am Heinz-Sielmann-Weiher sei die Zahl der beobachteten Vogelarten im Umfeld von 115 auf 185 Arten gestiegen. Binnen eines Jahres seien schon 28 Arten dazugekommen, die zuvor dort nie beobachtet worden seien. Parallel dazu sei auch die Zahl der Brutvögel auf mehr als 130 geklettert. Einen ähnlichen Aufschwung hätten die Amphibien mit einem Zuwachs an Erdkröten und Laubfröschen genommen. Diese Entwicklung habe zumindest die meisten Bedenkenträger der ersten Stunde überzeugen können, betonte Thomas Hepperle.