Mit 1,30 Meter Höhe sind sie für Rinder relativ klein, sie sind robust und haben ein doppelschichtiges Fell: Galloway-Rinder können ganzjährig auf der Weide bleiben, eignen sich daher ideal für den Einsatz als Landschaftspfleger. Aus diesem Grund lässt die Stadt Überlingen die Lippertsreuter Weiherlandschaft mit der alten, schottischen Rinderrasse beweiden. Indem sie Wiesen und Uferbereiche freihalten, tragen die hornlosen Rinder dazu bei, wertvolle Lebensräume für seltene und gefährdete Arten zu gestalten. Die Heinz Sielmann Stiftung hat gemeinsam mit Oberbürgermeister Jan Zeitler das neue Beweidungsprojekt vor Ort offiziell vorgestellt.

Stadt und Stiftung arbeiten zusammen

Bei der im Oktober 2020 gestarteten Lippertsreuter Weiherlandschaft handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Stiftung und der Stadt. Auf einem ehemaligen Maisacker sind fünf Weiher angelegt und eine artenreiche Nasswiese entwickelt worden. Seit wenigen Wochen beweiden vier Galloway-Rinder – drei Kühe und ein Ochse – die Fläche. Sie erleichtern erheblich die Pflege der Landschaft, die zuvor durch maschinelles Mähen erfolgte. Mit der extensiven Beweidung beauftragt worden ist der lokal ansässige Nebenerwerbslandwirt Alexander Barth. Das Beweidungsprojekt in der Lippertsreuter Weiherlandschaft sei ein Beispiel dafür, „dass Landwirtschaft und Naturschutz auch miteinander und nicht nur nebeneinander funktionieren“, so Jan Zeitler.

Die robusten und friedfertigen Galloway-Rinder fressen auch Wildkräuter, Wurzeln und Schilf.
Die robusten und friedfertigen Galloway-Rinder fressen auch Wildkräuter, Wurzeln und Schilf. | Bild: Kleinstück, Holger

Die Stadt hatte die Fläche vor vier Jahren der Heinz Sielmann Stiftung nach einem Flächentausch übergeben, um diese naturschutzfachlich zu entwickeln. Die Stadt hat die Landschaftspflege übernommen und das Beweidungsprojekt initiiert. Wie die Heinz Sielmann Stiftung mitteilte, war der Boden, ein ehemaliges Niedermoor, zuvor für die landwirtschaftliche Nutzung stark entwässert worden. Durch die Anlage der Weiher und die Umwandlung in extensives Feuchtgrünland werde die Entwässerung und die Kohlendioxid-Freisetzung langfristig aufgehalten. Der mittlerweile 44. Standort in Sielmanns Biotopverbund Bodensee sei ein wichtiger Trittstein für seltene und gefährdete Arten zwischen dem Heinz-Sielmann-Weiher in Billafingen und dem Heinz-Sielmann-Weiher in Frickingen am Aubach.

Laubfrosch ist in der Weiherlandschaft zurück

„Wir begrüßen die Initiative der Stadt Überlingen sehr, die Biotopfläche durch extensive Beweidung zu bereichern“, sagte Julia Brantner, Leiterin der Sielmanns Biotopverbünde in der Bodenseeregion. „Für den Naturschutz, den Landwirt, die Stadt Überlingen und ihre Bewohner ist dieses Projekt ein echter Zugewinn.“ Warum Beweidung durch die Galloway-Rinder? „Sie schaffen sehr viele Kleinstrukturen in der Fläche“, sagte Michael Brantner vom Amt für Grünflächen, Umwelt und Forst der Stadt. In den Bodenverwundungen könnten sich Gräser und Kräuter über ihre Samen besser verbreiten als in einer Mähwiese. „Wir sind sehr glücklich über die Strukturen, die sich hier gerade entwickeln.“ So hätten sich Erfolge bereits eingestellt.

Michael Brantner vom Amt für Grünflächen, Umwelt und Forst der Stadt (links) informiert OB Jan Zeitler über den Sielmanns-Weiher und ...
Michael Brantner vom Amt für Grünflächen, Umwelt und Forst der Stadt (links) informiert OB Jan Zeitler über den Sielmanns-Weiher und dessen Bewohner. Rechts Julia Brantner, Leiterin der Sielmanns Biotopverbünde in der Bodenseeregion. | Bild: Kleinstück, Holger

„Die Stiftung hat sogenannte Probekartierungen vorgenommen“, erläuterte Michael Brantner. So sei bereits der stark gefährdete Laubfrosch in der Weiherlandschaft entdeckt worden. „Auch den Sumpfgrashüpfer hat man in dieser kurzen Zeit schon nachweisen können.“ Als Problem nannte er das Schilf, welches sich massiv auch in die Grünlandstrukturen hinein ausgebreitet habe und die Artenvielfalt negativ beeinträchtige. Jetzt aber werde es von den Rindern gefressen.

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Rinder sollen auch im Winter bleiben

Für den Nebenerwerbslandwirt war es wichtig, dass es sich bei den Galloway-Rindern um keine klassischen Stallhaltungstiere handele, „sondern um Tiere aus der Wildnis, die sich größtenteils selber versorgen können“, sagte Barth. „Die Ganzjahresbeweidung soll aber nicht heißen, dass die Rinder auf Biegen und Brechen das ganze Jahr über im Freien sind, wir beobachten das sehr genau“, erläuterte Barth. „Aber aufgrund ihrer Rasse und ihrer Robustheit könnte es funktionieren, geplant ist es jedenfalls. Gegebenenfalls, wenn der Winter tatsächlich zu schwierig würde, würden wir mit Heu nachfüttern.“ Barth machte aber auch darauf aufmerksam, dass die Wohlfühltemperatur der Tiere unter 20 Grad Celsius lägen. „Die finden das jetzige Wetter eher als Belastung als im Winter bei minus fünf Grad Celsius. Das gefällt ihnen eigentlich besser.“