Es ist nicht der erste Prozess, den der 34-Jährige von der Anklagebank aus mitverfolgt. Der Tatvorwurf: unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen. Bei einer Hausdurchsuchung im Januar 2023 wurden in seiner Wohnung im Raum Salem und seinem Auto rund 25 Kilogramm sogenanntes feuchtes Amphetamin, zwei Kilogramm Marihuana und zwei Schlagstöcke sichergestellt. Außerdem wurden ihm im Juli und August 2022 von der Bundespolizei jeweils etwa 100 Gramm Marihuana abgenommen. Alleine die 200 Gramm Marihuana hätten ihm 2400 Euro eingebracht. Der Gesamtwert aller sichergestellten Drogen beläuft sich auf etwa 250 000 Euro.
In der Hauptverhandlung am Landgericht Konstanz stand der Werdegang des Angeklagten im Mittelpunkt. Außerdem wurde ein Polizeibeamter aus Friedrichshafen als Zeuge vernommen. Er hatte Chatverläufe ausgewertet, die den Verdacht nahelegen, dass der Angeklagte die bei ihm gefundenen Drogen verkaufen wollte.
Mit Drogen und Gewalt aufgewachsen
Der Angeklagte, der seit der Hausdurchsuchung in Untersuchungshaft sitzt, hat ein Leben voller Tiefpunkte hinter sich. Wie aus dem Bericht der Gerichtshilfe hervorgeht, wurde er im Alter von wenigen Monaten von seiner Mutter zur Adoption freigegeben, nachdem sein leiblicher Vater ihn schwer misshandelt hatte. Davon trage er bis heute körperliche Schäden davon. Als er etwa drei Jahre alt war, wurde er von einem Ehepaar adoptiert und zog nach Stockach.
Laut eigener Angabe kam der 34-Jährige mit acht Jahren aufgrund körperlicher Gewalt in der Adoptivfamilie erneut in ein Heim für Erziehungshilfe. Dort nahm die Drogenkarriere ihren Lauf: zuerst Marihuana, dann seien mit der Zeit auch Amphetamine, Kokain und Extasy dazugekommen. Als Erwachsener konsumierte er weiterhin, lebte zwischenzeitlich auf der Straße, brach eine Ausbildung zum Koch ab und hält sich seitdem mit verschiedenen Jobs über Wasser.
Volles Vorstrafenregister
Die Folge des von Drogen und Gewalt geprägten Lebens, wie es der Angeklagte selbst beschreibt, ist eine Reihe an Eintragungen im Bundeszentralregister mit saftigen Vorstrafen. Er hat auch schon eine mehrjährige Haftstrafe hinter sich. Wäre sein Vorstrafenregister leer, so der Vorsitzende Richter, könnte man von einem minder schweren Fall mit einer geringeren Strafe ausgehen. Angesichts der vielen Vorstrafen könne man davon nur dann sprechen, wenn der Angeklagte ein Geständnis ablegt.
Der Angeklagte folgte dem Wink des Richters und räumte den Sachverhalt ein. Damit ist der mögliche Strafrahmen nun konkreter: Der Mann muss mit einer Haftstrafe zwischen fünf Jahren und acht Monaten und sechs Jahren und zwei Monaten rechnen.
Täglich mehrere Nasen Kokain
Laut seinen Angaben habe er täglich acht bis zehn Gramm Amphetamin, ein bis fünf Gramm Kokain und mehrfach Marihuana konsumiert. Woher er die Drogen bezogen hatte, verriet er nicht. Der Vorsitzende Richter betonte, dass der Angeklagte sich keinen Gefallen damit tue, seine Lieferanten zu verschweigen. Er erkenne aber auch die Angst des Angeklagten vor möglichen Folgen, sollte er diese Information preisgeben.
Angeklagter zeigt Reue
Der Angeklagte hofft, einen Teil seiner Haft in einer Entzugseinrichtung verbringen zu können. Er habe bereits im Rahmen seiner vergangenen Haftstrafe, die er in Ravensburg verbüßte, eine Suchtberatung angeschrieben, aber keinen Termin bekommen. Auf die Frage des Beisitzers, wie sich der Angeklagte seine Zukunft vorstelle, antwortete der 34-Jährige: „Ruhiger. Ich will aus diesem Leben raus. Vielleicht mache ich meine Ausbildung fertig und gründe eine Familie. Ich will von den Drogen weg und mir professionelle Hilfe suchen.“
Die Verhandlung wird am Montag, 24. Juli fortgesetzt. Ein weiterer Zeuge ist geladen, außerdem wird die Sachverständige ihr Gutachten abgeben, ob der Angeklagte für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt geeignet ist. Anschließend wird das Urteil erwartet, bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.