Der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal ist groß. Auch in Salems Alten- und Pflegeheim Wespach werden dringend examinierte Pflegekräfte, Pflegehilfskräfte und Pflegenachwuchs gesucht. Heimleiter Frank Grundkötter beschreibt eine „sehr herausfordernde Situation“.
Heimleiter spricht vom „absoluten Pflegenotstand“
Was er meint, sind auf der einen Seite die strengen Hygiene -und Umgangsmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie. Auf der anderen Seite sei es „ganz aktuell der absolute Pflegenotstand“, mit dem in ganz Deutschland gekämpft werde. Trotz zahlreicher Stellenannoncen sei der Rücklauf mau, wie er betont. Gut, dass sein Vorgänger Torsten Schillinger schon Kontakte geknüpft habe, um Personal aus dem Ausland zu rekrutieren.
Die beiden Togoerinnen begannen die Ausbildung am 1. September
Über den in Deutschland ansässigen Verein „AJEED-Togo“ vermittelt, sind Rachidatou Fofana und Esse Stela Adansou nach Wespach gekommen. Am 1. September haben sie ihre Pflegeausbildung begonnen. Ihr Chef ist guten Mutes, dass die beiden jungen Frauen einen entsprechenden Reifegrad besitzen, um mit den Herausforderungen der Inhalte der neu strukturierten Pflegeausbildung und einer vollkommen anderen Lebensweise als in ihrer westafrikanischen Heimat zurecht zu kommen.

Beide bringen Abitur und mehrmonatige Pflegepraktia mit
Grundkötter verweist auf das Alter der Frauen sowie deren Vorbildung. Rachidatou Fofana ist 27 Jahre alt, ihre Kollegin zwei Jahre jünger. Beide haben ihr Abitur im Togo gemacht und mehrmonatige Pflegepraktika absolviert. Trotz ihrer Reife haben die beiden Azubis in den ersten Tagen mit den neuen Lebensbedingungen gerungen. „Ich habe in der ersten Woche ein bisschen weinen müssen“, sagt Rachidatou Fofana. Zu groß sei das Heimweh anfänglich gewesen.
Pflegeausbildung wurde 2020 neu ausgerichtet
Sie komme aus einer großen Familie, erzählt Fofana, in ihrer Heimat lebten alle zusammen in einem Haus. „Wir sind dort eigentlich immer zusammen“, erklärt die Togoerin ihre Sehnsucht nach Daheim. Hinzu kommt, dass sie es wie Adansou gewohnt ist, in einer Großstadt mit 1,7 Millionen Einwohnern zu leben. Sie kommen aus Lomé, der Hauptstadt von Togo.
In der Schule schlossen sie erste Freundschaften
In Wespach, wo die beiden Pflegeazubis wohnen und arbeiten, fährt nicht einmal direkt ein Bus in den nächsten Ort. Daher hat Grundkötter die Togoerinnen mit Fahrrädern ausgestattet. Sechs Wochen nach Beginn ihrer Ausbildungszeit fühlen sich die Afrikanerinnen schon heimischer. In der Schule hätten sie schon erste Freundschaften geschlossen, sagt Fofana.
Bei ihnen zuhause werden alte Menschen in der Großfamilie betreut
Ein Schock sei für sie gewesen, das erste Mal die Stationen mit den zu betreuenden Senioren zu sehen. Altenheime kenne sie nicht von zuhause. „Bei uns werden die alten Menschen in der Großfamilie betreut“, erläutert die 27-Jährige, die bereits ihren Onkel und ihre Oma gepflegt hat. Diese Pflege habe ihr Freude bereitet und auf die Idee gebracht, das beruflich zu machen. In Lomé gebe es weder Pflegeheime noch eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit. Überhaupt werde Arbeit schlecht bezahlt dort, wo sie herkommt.
Jetzt wünscht sich die junge Frau, dass sie den Ausbildungsanforderungen genügt. „Dass ich alles gut machen kann, mich gut integriere und anschließend in Wespach arbeiten darf“, sagt Fofana. Ihre afrikanische Kollegin nickt bestätigend.

Im Bus wolle niemand neben ihnen sitzen
Einen Moment ist es still. Dann fügt Fofana hinzu, sie hoffe, dass sie viele positive Erfahrungen mache und weniger Rassismus erlebe als bisher. Dass sie im Bus öfter beleidigt werde, tue ihr sehr weh, sagt Fofana. “Neben uns bleiben die Plätze im Bus frei“, ergänzt Adansou. Keiner wolle neben ihnen Platz nehmen. Manch einer stehe auf, wenn sie sich neben ihn setzten.
Im Heim ist man froh über Mitarbeiterinnen aus vielen Ländern
Im Alten-und Pflegeheim haben sie derlei Probleme nicht. Menschen verschiedenster Nationen – zum Beispiel aus Bosnien, Malaysia oder von den Philippinen – arbeiten hier, wie Grundkötter unterstreicht. Der Einrichtungsleiter ist froh über den Pflegenachwuchs. Zufrieden ist er auch mit der Zusammenarbeit zwischen dem Heim und dem Ausbildungsförderungsverein.
Die Bewerber würden von dort auch bei der Organisation rund um die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung begleitet. Er habe ausführliche und aussagekräftige Bewerbungsunterlagen bekommen. Das Vorstellungsgespräch hat per Skype stattgefunden. Nun ist Grundkötter gespannt, wie die neuen Lehrlinge ihre Aufgabe in der neuen generalistischen Pflegeausbildung meistern.