Die eine Hälfte ihres Arbeitslebens verbringt Anja Steppacher als Leiterin der Gemeindebücherei am Schlosssee. Während der übrigen Zeit ist die selbsternannte Bodenseepoetin äußerst kreativ. Sie verfasst Gedichte, die sie in liebevoll gefaltete Papierblumen- oder Sterne verpackt.

Kaugummi-Automaten spenden Poesie-Blumen

Bei der diesjährigen digitalen Frankfurter Buchmesse hatte sie mit ihren selbsterfundenen „Poesie-VagaBunten“ großen Erfolg. Die umfunktionierten Kaugummi-Automaten spenden ihre in Kugeln verpackte Poesieblumen und können gemietet werden. Seit der Buchmesse stehen sie nicht nur in Salem, Markdorf, Friedrichshafen oder Ravensburg, sondern auch in Stuttgart oder Bad Kissingen.

Und damit nicht genug. Steppacher reimt und faltet nicht nur, sondern recherchiert seit sechs Jahren eine lokale Science-Fiction-Story zum Thema Klimaschutz am See. Die Geschichte soll im kommenden Jahr veröffentlicht werden.

Die Liebe zum geschriebenen Wort ist ihren beiden Berufswegen gemeinsam. Die heutige Büchereileiterin verfasst seit ihrem zwölften Lebensjahr Gedichte. Ebenfalls als Kind begann sie Origami-Rosen aus Papier zu falten. „Weil die so schön waren, durfte ich jede Familienfeier mit zu Blüten gefalteten Servietten bestücken“, erinnert sich Steppacher.

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Sowohl die ästhetische Textarbeit des Dichtens als auch das fingerfertige Papierfalten gefallen ihr. „Ich war schon immer nicht nur feingeistig, sondern auch praktisch orientiert“, meint die Poetin. Der studierten PR-Referentin ist es wichtig, möglichst viele Menschen wieder für Lesen und insbesondere für Gereimtes zu interessieren.

Zur Weihnachtszeit hat Anja Steppacher Verse in selbstgelegte Sterne verpackt.
Zur Weihnachtszeit hat Anja Steppacher Verse in selbstgelegte Sterne verpackt. | Bild: Martina Wolters

Bei der Überlegung, wie sie das am besten bewerkstelligen könnte, sind ihr die Poesie-Blüten aus ihren Kindertagen wieder in den Sinn gekommen. Als „Glückskekse für die Seele“ bezeichnet Steppacher die in Papierrosen verpackten, schönen Worte. Viel Zeit und Herzblut steckt sie da hinein. Alles ist handgemacht bis auf das spezielle Origami-Papier. Das wählt sie je nach Gedichtart aus.

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Liebesgedichte findet der geneigte Leser in rosafarbenen Blüten wieder, während blaue oder grüne Papierblumen ihren Naturgedichten vorbehalten sind. “Oft ist da zunächst eine tiefe Empfindung“, sagt Steppacher über das Entstehen ihrer Reime. Ihr Gedicht Seeseide zum Beispiel sei bei einem solch intensiven Gefühlserlebnis am Bodenseeufer entstanden.

Zuerst faltet Anja Steppacher Papierblüten nach Origamie-Prinzip und bedruckt sie dann mit selbst geschriebenen Versen.
Zuerst faltet Anja Steppacher Papierblüten nach Origamie-Prinzip und bedruckt sie dann mit selbst geschriebenen Versen. | Bild: Martina Wolters

Bei Hochnebel habe sie dort am Ufer lange gesessen. „Woran erinnern mich die sanften, grau schimmernden Wellen“, hatte sie sich gefragt. Irgendwann habe sich das gesehene Bild dann in Worte verwandelt. Wie silberne Seide sei ihr das Wasser des Sees vorgekommen.

Steppacher: „Halbtags schreibe und falte ich“

Um das erlebte Bild schließlich in Versform zu bringen, braucht es Zeit. Jeden Morgen klingelt ihr Wecker um 6 Uhr. „Halbtags schreibe und falte ich“, erklärt Steppacher ihr konsequentes Tun. Darin eingeschlossen sind auch ihre Recherchen zu ihrem ersten Buch. „Es ist eine Science-Fantasy-Geschichte, die in 300 Jahren am Bodensee spielt“, erklärt die Verfasserin.

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Dafür hat sie in den vergangenen sechs Jahren viel recherchiert. Es solle wissenschaftlich fundiert, aber trotzdem fiktiv sein, so ihr Ziel. Im neuen Jahr möchte sie ihr Erstlingswerk gerne veröffentlichen. Trotzdem bleibt sie auch an ihrer Faltpoesie dran. Zur Weihnachtszeit hat sie Sterne mit Verslein auch anderer Autoren versehen, für Silvester plant sie Neujahrsgrüße in Kleeblättern zu verstecken.

Steppachers Gedicht Seeseide

Silberne Seide

zwischen Ufer gespannt.

Das sanftgraue Tuch verfließt

in den blauen Schatten der Hügel.

Sein Wallen streichelt die kühlen Ströme darunter.

Im Wasser wie in mir.