Da ist man einmal Chef und schon bricht das Chaos aus: „Es gibt einen Brand bei uns in der Reinigungshalle“, übermittelt Mitarbeiter Peter Jakob den angerückten Feuerwehrleuten. „Im Gebäude waren 36 Personen und zwölf werden noch vermisst.“ Doch genau wie der Mitarbeiter den Betriebsleiter nur spielt, ist auch das ganze Szenario in der Firma Schienle nur eine Übung.
Als Verantwortlicher für Explosions- und Brandschutz in dem Magnettechnik- und Elektronikunternehmen im Neufracher Gewerbegebiet ist Peter Jakob gut auf die Rolle vorbereitet. Souverän zeigt er den Einsatzkräften die Zugänge zum Gebäude.
Vermisste und Verletzte im verrauchten Gebäude
Derweil kommentiert Klaus Moser die Jahreshauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Salem für die Zuschauenden: Durch einen technischen Defekt an der Rollwaschanlage sei beim Befüllen mit Reinigungsmittel ein Brand mit massiver Rauchentwicklung entstanden. Sowohl in der verqualmten Halle als auch im ersten Obergeschoss des Bürotrakts befänden sich Personen, die gerettet werden müssten. „Wir haben eine Person, die unter einem Metallteil eingeklemmt ist“, informiert Moser das Publikum, das ihm an die Nordseite des Gebäudes gefolgt ist. Von dort können alle hautnah beobachten, wie die Mitarbeiter – verkörpert durch Mitglieder der Jugendfeuerwehr – durch die Hallentore gerettet werden.
Zwei der Nachwuchskräfte sind der 13-jährige Lukas und der 12-jährige Adrian. Mit Sauerstoffmasken sitzen sie in Obhut der DRK-Bereitschaft Salemertal, nachdem sie von den Feuerwehrleuten übergeben wurden. „Wir sollten uns irgendwo hinlegen, weil wir gescheitert sind beim Flüchten“, schildert Adrian das Szenario in der Werkshalle. „Damit uns die Aktiven besser finden, sollten wir husten“ – „oder um Hilfe schreien“, ergänzt Lukas. Beide sind seit knapp drei Jahren bei der Jugendfeuerwehr. Neben der Beobachtung der Erwachsenen gefalle es ihnen, den Löschaufbau zu machen, Schläuche zu verlegen und natürlich zu löschen.
Rotes Kreuz ist stets dabei
Neben den Verletzten sitzen einige Atemschutzträger und lassen sich medizinisch überprüfen. Sima Aslan vom Roten Kreuz erklärt: „Wir schauen, dass es den Feuerwehrleuten gutgeht, bevor sie eventuell nochmal in das Gebäude müssen.“ So würden Blutdruck, Puls und vor allem die Sauerstoffsättigung im Blut gemessen und auf das allgemeine Wohlbefinden geachtet. „Alles bestens“, lautet Niklas Böhnes Selbstdiagnose. „Wir warten auf Freigabe und wenn noch Personal gefordert ist, melden wir uns wieder.“

Menschenrettung vor Brandbekämpfung
Personal ist bei diesem Übungsszenario auch dringend vonnöten: Letzten Endes werden 91 Feuerwehrleute und 13 Fahrzeuge im Einsatz gewesen sein. Da sich der Brand in der Annahme zwischenzeitlich aufs Dach ausgeweitet hat und das Feuer von mehreren Seiten bekämpft wird, ist die Übung in zwei Einsatzabschnitte aufgeteilt, die jeweils von einem Zugführer geleitet werden. Dabei gilt laut Einsatzleiter Jürgen Nell: „Erst Menschenrettung, dann Brandbekämpfung.“
Besonders schwierig ist die Befreiung der eingeklemmten Person. Das Metallgestell, das auf dem Bauch der Puppe lastet, wirkt sehr massiv. Nur mit technischer Unterstützung gelingt es den Einsatzkräften, es anzuheben.
In der Zwischenzeit bringt die Jugendfeuerwehr die Gebläse in Stellung, um die Halle per Überdruck vom Rauch zu befreien. Außerdem ist weitere Gefahr im Verzug: „Vom Abschnittsleiter wurde erkannt, dass hinten ein Gasflaschenlager ist“, erläutert Klaus Moser dem Publikum, weshalb die Einsatzkräfte den Wasserschlauch auf die Behältnisse richten.

Auch die Jüngsten sind begeistert
Unter den vielen Zuschauern ist auch der dreijährige Louis. Trotz Lärm, Rauch und überzeugenden Schauspielern hatte er keine Angst, wie er versichert. Was ihm am besten gefallen hat, weiß er gleich: „Dass sie die Person gerettet haben“, sagt der erklärte Feuerwehr- und Dinofan. Auch seine Eltern teilen die Begeisterung. „Für Kinder ist das ein Highlight“, begründet Andreas Stärk ihr Kommen. Seine Frau Tanja fügt hinzu: „Für uns war es auch spannend.“

Nach erfolgreichem Abschluss der Übung zieht Jürgen Nell Bilanz: „Es ist gut gelaufen.“ Die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung habe man schnell im Griff gehabt und mit der Rettung von zwölf Personen in 13 Minuten sei man sehr schnell gewesen.

Kommandant Jochen Fuchs dankt der Firma Schienle für ihre Bereitschaft, als Übungsobjekt zu dienen: Dass man sogar die Halle vernebeln durfte, sei nicht selbstverständlich. Prokurist Thomas Roth gibt den Dank zurück: „Wir stellen Explosionsschutzprodukte her. Da nie was passiert, gab es endlich mal ein Spektakel“, scherzt er.