Fahrlässige Körperverletzung und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Das waren die Vorwürfe, wegen denen sich ein 71-jähriger Mann aus Salem jüngst vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft legte dem Senior zu Last, am 5. Juli dieses Jahres einem jungen Mann auf dem Wertstoffhof in Salem über den Fuß gefahren zu sein. Danach soll der Angeklagte das Weite gesucht haben.

Angeklagter: „Ich habe gesehen, dass jemand neben meinem Auto gestolpert ist“

Der 71-Jährige erinnerte sich vor Gericht noch genau an jenen Tag im Juli. „Ich habe den Hausmüll weggebracht. Auf dem Wertstoffhof war viel los, es ging hektisch zu“, erzählte er. Nachdem der Senior den Müll abgegeben hatte, wollte er losfahren, schaute dabei aber nur nach hinten – und ließ die Seiten neben seinem Auto außer Acht.

Er schilderte: „Ich habe dann im Augenwinkel gesehen, dass jemand neben meinem Auto gestolpert ist.“ Daraufhin habe der Angeklagte die Fensterscheibe heruntergelassen und gefragt, ob es Probleme gebe. Der 20-jährige Geschädigte, der dort stand, habe verneint. „Dann kam der Vater des jungen Mannes zu mir ans Auto. Er forderte mich auf, auszusteigen“, erzählte der Senior. Er sei darauf nicht eingegangen und sitzen geblieben.

Also habe der Vater des Geschädigten das Nummernschild des Angeklagten abfotografiert. „Ich habe solange gewartet, bis er fertig war. Ich fand das gut, weil ich dachte, dass sie sich im Zweifel dann bei mir melden können“, erzählt der 71-Jährige vor Gericht.

Doch statt dem Anruf des Geschädigten flatterte nach einer Weile ein Strafbefehl ins Haus des Seniors. „Ich bin aus allen Wolken gefallen. Es wurde doch extra ein Bild von meinem Kennzeichen gemacht. Warum hat sich niemand im Vorfeld bei mir gemeldet?“, fragte sich der Angeklagte.

Genau dasselbe fragte sich auch der Geschädigte. Wie er im Zeugenstand berichtete, habe er nach dem Vorfall etwa zwei Wochen darauf gewartet, dass sich den Senior bei ihm meldet. Auf die Frage von Richter Alexander von Kennel, wie sich denn der Angeklagte bei ihm hätte melden sollen, wusste der junge Mann keine Antwort.

Geschädigter: „Plötzlich ist ein Auto auf meine Hacke gefahren“

Der 20-Jährige erinnerte sich vor Gericht an den Vorfall im Sommer: „Ich stand auf dem Bauhof und plötzlich ist mir ein Auto von hinten auf die linke Hacke gefahren.“ Und er gab auch zu: Auf die Frage des 71-Jährigen, ob alles in Ordnung sei, habe er mit „Ja“ geantwortet.

„Ich hatte einen Schock, die Schmerzen kamen erst später. Gerade beim Treppensteigen hat es noch mehrere Wochen lang wehgetan“, schilderte der junge Mann gegenüber Richter Alexander von Kennel. Seinen Fuß habe er zeitnah von einem Arzt untersuchen lassen. Dieser bestätigte eine Dehnung der Achillessehne.

Das könnte Sie auch interessieren

Richter: „Es wurden Fotos gemacht, das war keine Fahrerflucht“

Der Richter wollte wissen, warum niemand den Senior aufforderte, seine Personalien abzugeben. „Ich weiß es nicht. Wie gesagt, ich stand unter Schock“, antwortete der Geschädigte. Alexander von Kennel vermutete in dem Vorfall ein „komisches Missverständnis“. Einen klassischen Fall der Vorsätzlichkeit könne er jedenfalls nicht erkennen.

„Es wurden Fotos gemacht, das war sicher keine Fahrerflucht“, begründete er, betonte jedoch auch: „Die fahrlässige Körperverletzung bleibt.“ Der Richter ordnete schließlich an, 500 Euro an den Geschädigten zu zahlen und außerdem weitere 1500 Euro an einen guten Zweck zu spenden. Der Angeklagte sagte abschließend: „Es war unaufmerksam von mir. Ich stehe dazu, dass ich fahrlässig gehandelt habe. Das Geld zahle ich gerne.“