Die Landesstraße 201 zwischen Salem und Mühlhofen ist gut befahren. Seit November steht am Straßenrand ein weißer Honda und zieht die Blicke vorbeikommender Fahrer auf sich: Warum parkt das Fahrzeug seit Monaten hier? Das weiße Auto steht am Straßenrand in unmittelbarer Nähe zu einem Waldweg. Ein Blick in das Wageninnere offenbart Chaos. Im Fahrzeug liegt viel Müll herum und ein gebrauchter Schlafsack. Die kaputte und provisorisch zugeklebte Heckscheibe lässt, wie das polizeiliche Absperrband, zunächst einen Unfall vermuten.
Doch dem ist nicht so, wie aus dem Polizeipräsidium Ravensburg zu hören ist. Das Fahrzeug stehe nicht aufgrund eines Unfalls dort, die Polizei gehe vielmehr von persönlichen Beweggründen des Fahrzeughalters aus, wie Christian Sugg von der Ravensburger Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit schriftlich mitteilt. Wie Sugg weiter schreibt, ist der Halter der Polizei bekannt und dürfte sich ab Anfang November in Salem aufgehalten haben. „Der aktuelle Aufenthaltsort ist nicht bekannt“, teilt Sugg mit. Weil der Honda auf öffentlichem Gelände steht, habe die Polizei einen entsprechenden Bericht an das Straßenbauamt des Landratsamtes Bodenseekreis weitergeleitet.
Lars Gäbler, Pressesprecher des Landratsamts Bodenseekreis, erläutert, wie sich der rechtliche Hintergrund zu dem abgestellten Wagen darstellt. Grundsätzlich ist es demnach unproblematisch, ein zugelassenes und fahrbereites Fahrzeug eine Zeit lang an öffentlicher Stelle zu parken. Als Beispiele nennt Gäbler die Situation nach einer Panne oder einem Unfall. Anders sehe die Sache hingegen aus, wenn ein Wagen, wie der in Salem stehende Honda, über einen längeren Zeitraum hinweg an einem Ort stehe, nicht mehr fahr- und betriebsbereit sowie voller Müll sei oder eingeschlagene Scheiben habe. Dann werde davon ausgegangen, dass sich der Halter oder die Halterin des Fahrzeugs entledigen wollte. “Nach dem Kreiswirtschaftsgesetz gilt es demnach als Abfall“, teilt Gäbler mit.
Angst vor der Magnetwirkung
Könne der Aufenthaltsort der Halterin oder des Halters nicht ermittelt werden, wie dies bei dem weißen Honda der Fall ist, werde ein Unternehmen beauftragt, das Auto ordnungsgemäß zu entsorgen. In der Praxis sieht das laut Gäbler häufig anders aus. In der „kommunalen Familie im Kreis“ herrsche ein gutes Miteinander, sodass sich oft die Bauhöfe um diese Fahrzeuge oder entsprechenden Müll kümmerten. Außerdem sei allen daran gelegen, einer „Magnetwirkung“ entgegenzuwirken: Wo bereits Abfall liegt, wird häufig weiterer Abfall illegal entsorgt.

Falls der Fahrzeughalter nicht ermittelt werden könne, dann müsse die Allgemeinheit die Kosten für die Entsorgung des Fahrzeugs übernehmen, erklärt der Pressesprecher des Landratsamts. Die Frage, ob von dem Honda eine Gefahr für die Umwelt ausgeht, verneint Gäbler. Je nach Zustand eines lang abgestellten Fahrzeugs könne Öl oder Kühlflüssigkeit austreten. „Aktuell ist das nach unseren Informationen bei dem Auto in Salem nicht der Fall.“ Sollten allerdings solche Schäden auftreten, würden dem Verursacher strafrechtliche Konsequenzen nach Paragraf 324 a Strafgesetzbuch (Bodenverunreinigung) und Paragraf 326 Strafgesetzbuch (unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen) drohen. Auch wenn keine Umweltschäden zu befürchten sind, kommen Konsequenzen auf den Honda-Halter zu, sofern er aufgespürt werden kann: „So oder so wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz eingeleitet.“
Was tun Polizei und Landratsamt?
Das Abstellen eines Pannen- oder Unfallfahrzeugs auf offiziellen Grundstücken sei an und für sich bedenkenlos möglich, erklärt Lars Gäbler vom Landratsamt Bodenseekreis. Anders sehe es hingegen aus, wenn das Auto nicht mehr fahrbereit, vermüllt und beschädigt sei. Dann gehe man davon aus, dass es der Fahrzeughalter loswerden wolle. Somit werde es als Abfall gesehen. Nicht fahrbereite oder nicht zugelassene Fahrzeuge, die unter den Abfallbegriff nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz fallen und auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt werden, werden laut dem Pressesprecher mit einem roten Punkt und der Aufforderung versehen, den Wagen zu entfernen. Das könne durch die Polizei oder die Gemeinde erfolgen, erklärt Lars Gäbler. Die Frist betrage mehrere Wochen. Parallel dazu werde versucht, den Fahrzeughalter zu ermitteln. Dieser werde dann noch schriftlich mit einer entsprechenden Frist aufgefordert, das Auto zu entfernen. Gelinge das nicht, werde das Fahrzeug durch den öffentlichen Entsorgungsträger, den Landkreis, auf Kosten der Allgemeinheit entfernt.