Was in anderen Kommunen die Regel ist, wird künftig auch in der Gemeinde Salem Pflicht: Erziehungsberechtigte müssen für die Kernzeitbetreuung ihrer Kinder an den Grundschulen und am SBBZ Lernen eine Gebühr bezahlen. Dem stimmte der Gemeinderat unter Ringen zu. Zwei Gegenstimmen waren zu verzeichnen. „Die Zeiten haben sich etwas gewandelt. Das Angebot der verlässlichen Grundschule wird immer mehr in Anspruch genommen“, sagte Julia Kneisel vom Amt für Zentrale Dienste. 18 Frauen, zehn davon sind geringfügig beschäftigt, leisten die Kernzeitbetreuung. Nicht immer nehmen die angemeldeten Kinder zuverlässig an dem Angebot teil. Die Frauen gehen dann auf die Suche, Unzufriedenheit entsteht.
„Die Zeiten haben sich etwas gewandelt. Das Angebot der verlässlichen Grundschule wird immer mehr in Anspruch genommen.“Julia Kneisel, Amt für Zentrale Dienste
Deshalb stieg Julia Kneisel mit einem Dank für die Betreuerinnen in ihren Vortrag ein. Die Gemeinderäte applaudierten oder klopften anerkennend auf ihre Tische. Durch die Gebühr will die Verwaltung Verlässlichkeit schaffen und die Leistung der Frauen würdigen. Es hätten sich bereits Eltern dazu gemeldet. „Es gab ein paar gute Gespräche“, berichtete Kneisel dem Gremium.
Ehrziehungsberechtigten und Bürgervertretern ging es gleichermaßen um Gerechtigkeit – mit Augenmerk auf die verschiedenen Ansprüche an die Kernzeitbetreuung, die morgens und mittags stattfindet. Warum für die Betreuung von 7.10 bis 7.45 Uhr bezahlen, wenn das Kind erst um 7.30 Uhr mit dem Bus an der Schule ankommt? Diesen und anderen Bedenken hat sich die Gemeindeverwaltung in ihrem Gebührenkonzept gewidmet. „Die Gebühr ist so bemessen, dass die Eltern nicht das Gefühl haben, für etwas zu zahlen, das sie nicht nutzen“, sagte Julia Kneisel. Pro Tag fallen 5,49 Euro für die Früh- und 7,98 Euro für die Mittagsbetreuung an. Es gibt keine Tagespauschale.
50 Prozent Abschlag auf Kosten durch Gemeinde
Die Gemeinde ermöglicht einen Abschlag von 50 Prozent. So werden morgens 2,70 Euro und mittags 4 Euro erhoben. Buchbar sind ein bis fünf Tage, morgens oder mittags. „Es ist die maximale Möglichkeit zu sagen: Ich nehme nur das, was ich wirklich brauche“, so Kneisel. Das zweite Kind in der Betreuung zahlt nur die Hälfte. 33,50 Euro sind der maximale Beitrag pro Woche für ein Kind, die Kosten für das Mittagessen, wenn denn eins benötigt wird, kommen hinzu. In Härtefallgründen gibt es eine Gebührenermäßigung – etwa im SBBZ Lernen.
Reduzierung der Gruppenstärken, mehr Personal
Was man sich von dem Geld leisten möchte? Kneisel schwebt eine Reduzierung der Gruppenstärken über zusätzliches Personal vor: „Wir haben das Personal nicht knapp kalkuliert, aber auch nicht übermäßig zur Verfügung gestellt.“ Für notwendig hält sie, dass eine Person benannt ist, über die sich die Gemeinde mit dem Kernzeitenteam austauschen kann. Sie rechnet auch auf dieser Seite mit mehr Zuverlässigkeit. Bürgermeister Manfred Härle fügte hinzu: „Alle Nachbarkommunen erheben Gebühren für die Kernzeitenbetreuung.“ In Salem ergebe sich ein Zuschussbedarf von 150 000 Euro. „Wir wollen das nicht kostendeckend fahren, aber wir haben Planungsprobleme“, gab Härle zu.
Auf diese Aufführungen folgten zahlreiche Wortmeldungen. Ursula Hefler (CDU) sagte: „Ich bin an der Grundschule in Neufrach tätig. Ich habe mich mit der Kernzeitbetreuung unterhalten. Die Aussage war: Wir wollen Verlässlichkeit und Planungssicherheit haben. Das Schlimmste ist, wenn wir nicht wissen, wie viele Kinder kommen.“ Arnim Eglauer (SPD) wollte einen Antrag stellen, Alleinerziehende von den geplanten Gebühren auszuschließen, setzte sich damit aber nicht durch.
Räte sorgen sich um besonders bedürftige Kinder
Ralf Gagliardi (GoL) erinnerte an Familien, in denen das Jugendamt zum Einsatz kommt. Diese Kinder sollen weiterhin kommen können, so sein Anliegen. Henriette Fiedler (FWV) erkundigte sich, ob der Kreis solche Gebühren nicht irgendwo anrechnen könne. Das könnte ihr zufolge niederschwellig bei der Anmeldung der Kernzeitbetreuung erledigt werden. Kneisel erklärte jedoch, dass nur das Mittagessen bezuschusst wird. Informationen dazu gibt es beim Jobcenter.
Birgit Zauner (GoL) sagte: „Eine Gebühr bringt uns nicht zum Hort.“ Der Trend gehe zur Ganztageschule. Sie schlug vor, dass die Eltern die Betreuung über eine Handy-App absagen könnten. Die Gebühren sollte die Gemeinde ihrer Ansicht nach schrittweise einführen. Generell befand sie mit Blick auf die Corona-Pandemie: „Für jetzt ist es das falsche Signal an die belasteten Familien.“ Ulrike Lenski, ebenfalls GoL, fragte, ob zum Zweck der Verwaltung der Gebühren die Stunden im zuständigen Fachbereich aufgestockt werden müssten. Auch wies sie darauf hin, dass es sich bei straftätigen Kindern und Jugendlichen stets um Einzelschicksale handele. Diese müssten aufgefangen werden, meinte die GoL-Rätin.

Amtsleiterin Kneisel erklärte, dass die Verwaltung über das bereits vorhandene Abrechnungsprogramm laufen wird. Anmelden müssen die Eltern die Betreuung für ein halbes Jahr im Voraus. Zudem sei es der Gemeinde wichtig, Härtefälle abzufangen. Bürgermeister Manfred Härle sagte: „Ich möchte nicht, dass unsere Gemeinderäte ein schlechtes Gewissen haben.“ Momentan stehe man ein bisschen mit dem Rücken zur Wand. „Uns ist, was dieses Ordnungsinstrument betrifft, nichts anderes eingefallen.“ Seit drei, vier Jahren treibe die Kernzeitbetreuung die Ratsmitglieder um. Auf Probe sollen die Gebühren jetzt für ein halbes Jahr ausprobiert werden. Dann gibt es einen Zwischenbericht für das Ratsgremium.