„Viele Salemer wissen überhaupt nicht, dass es hier ein Wohnhaus gibt für Menschen mit Assistenzbedarf“, sagt Rebecca Klose. Dabei steht das Gebäude an der Bahnhofstraße 2 im Salemer Ortsteil Mimmenhausen schon seit Februar 2017. Seit Anfang 2023 leitet Rebecca Klose die Einrichtung der Diakonie Pfingstweid.
In dem großen Haus ist Platz für maximal 18 Menschen mit Behinderung. Derzeit sind zwölf Zimmer belegt. Die Bewohner gehen tagsüber alle einer Beschäftigung nach. Rebecca Klose und die übrigen Betreuer unterstützen ihre Klienten außerhalb der Arbeit. „Wir helfen ihnen im Alltag und fördern ihre Fähigkeiten“, erklärt die Leiterin.
Unangenehme Blicke von Passanten sind Alltag
Die fitteren Klienten unterstützt das Team beispielsweise bei Behördengängen, Arztbesuchen oder dabei, an Aktivitäten teilzunehmen. Manchmal müsse Rebecca Klose den einen oder anderen Bewohner motivieren, sich nach draußen an die Öffentlichkeit zu wagen. Die Leiterin der Einrichtung weiß hier von frustrierenden Erlebnissen zu berichten: Öfter erlebten sie unangenehme Blicke von Passanten, vor der Nase zugeknallte Türen oder gar Fragen wie „Müssen die denn hier sein?“.

Es gebe aber auch freundliche Begegnungen. Laut Rebecca Klose gebe es heute schon mehr Offenheit gegenüber gehandicapten Menschen als noch vor einigen Jahren. „Die Nachbarn sind sehr tolerant und freundlich“, ergänzt sie. „Durch mehr Präsenz wollen wir Berührungsängste nehmen.“
Dafür suchen Klose und ihre Kollegen zusammen mit ihren Schützlingen möglichst oft den Kontakt zu den Menschen vor Ort, zum Beispiel bei Festen oder Umzügen oder beim Baden. Auch wenn die Bewohner teilweise herausforderndes und manchmal lautes Verhalten zeigten, sei niemand eine Gefahr für andere Menschen, betont Klose.
Bewohner Linus mag Musik und Spaziergänge
Jeder Einzelne habe seine Wünsche und Vorlieben. Linus beispielsweise, der während des Gesprächs von seiner Arbeit in einer Werkstatt kommt, erzählt, dass er sehr gern Trompete und Gitarre spielt und es sich selbst beigebracht hat. Musik sei ihm äußerst wichtig. Er spiele nach Gehör und nicht nach Noten, wie er betont. Neben der Musik mag Linus Spaziergänge am Schlosssee oder einen Besuch bei der Eisdiele. Auch handwerkliches Schrauben zählt zu seinen Freizeitbeschäftigungen. Der junge Mann sagt, er wohne sehr gern in Salem, im Pfingstweid-Haus.

Die Hausleiterin erzählt, ein anderer Klient wünsche sich, ein Fitnesscenter vor Ort zu besuchen. Sie und ihre Kollegen versuchten, solche Wünsche der Klienten zu erfüllen. Sie kümmern sich auch, wenn ein Klient sich auf dem Arbeitsmarkt etablieren will. Dann suchen sie Praktika, zum Beispiel bei einem Fahrradhändler oder in einem Café. Es stecke viel Potenzial in den Bewohnern mit Assistenzbedarf, findet Rebecca Klose.
Sie möchte die Einrichtung gern noch mehr in der Mitte der Salemer Gesellschaft etablieren. „Wir sind wirklich bemüht, uns zu integrieren“, unterstreicht sie. Derzeit wird der Außenbereich des Gebäudes gemeinsam mit den Bewohnern neu bepflanzt und gestaltet. Danach ist ein offener Nachmittag geplant, um Interessierten die Möglichkeit zum Kontakt mit den Bewohnern zu geben. Außerdem soll ein Hinweisschild angebracht werden, das über die Einrichtung informiert.