Gleich zweimal singt der Kirchenchor Neufrach um Leiter Winfried Neumann die Cäcilienmesse von Charles Gounod in diesem Jahr – erstmals am 26. Januar. Die Aufführungen sind das Geschenk des Kirchenchors an Dekan Peter Nicola, dessen Wirken in Salem voraussichtlich mit den Sommerferien endet. Zum 1. Januar 2026 übernimmt Nicola die neue Großpfarrei Hochrhein-Südschwarzwald mit Sitz in Bad Säckingen. „Mit der Aufführung der Messe sind wir der Bitte von Dekan Peter Nicola nachgekommen, der sich diese Messe zum Abschluss seiner Tätigkeit in Salem gewünscht hat“, erklärt Petra Meier als Vorsitzende der Chorgemeinschaft.
Das anspruchsvolle Werk bringen die Neufracher zusammen mit dem Münsterchor plus Orchester zu Gehör. Als Solisten fungieren Isabell Marquardt (Sopran), Daniel Frisch (Tenor) und Peter Strecker (Bass). „Allein würden wir so eine Messe nicht mehr hinkriegen“, sagt Winfried Neumann.
Beim zweiten Auftritt kommt der Kirchenchor Beuren hinzu
Die Herausforderung liegt für ihn in der Größe des Ensembles. Rund 60 Sängerinnen und Sänger wird er im Januar dirigieren. Zum Sommertermin kommt noch der Beurener Kirchenchor dazu. „Es wird richtig pompös, mit sehr, sehr viel Orchester“, freut sich der Chorleiter. Als Clou bezeichnet er, dass sogar eine Harfe zu hören sein werde. Das werde der richtige Rahmen sein, um die Lieblingsmesse Peter Nicolas zu dessen Weggang zu zelebrieren.

Schon einmal haben die Neufracher Sänger die besondere Gounod-Messe zum Abschied gesungen. Das war im Sommer 2007, als ihr langjähriger Leiter Hans-Peter Schütz aus gesundheitlichen Gründen sein Amt beenden musste.
Seit 251 Jahren umrahmt der Chor Anlässe im Ort
Ein Blick auf die Geschichte des Neufracher Kirchenchors, der im Vorjahr 250 Jahre alt wurde, zeigt, dass der Lobgesang für Gott in der Gemeinde nicht wegzudenken ist, sowohl bei kirchlichen als auch bei weltlichen Anlässen. Zu Kirchenfesten oder Beerdigungen hochrangiger Persönlichkeiten singt und sang die Chorgemeinschaft ebenso wie im Jahr 1919 zu einem Freudenfest zu Ehren der Heimkehrer des Ersten Weltkriegs.
Während des Nationalsozialismus vermochten kirchliches Leben und kleine Geselligkeiten wie Wandern und Ausflüge Kraft und Lebensmut zu geben, ist in der Festschrift zum Chorjubiläum nachzulesen. Während es in der NS-Zeit in den Vereinen im Ort zu großen Spannungen gekommen sei, „sorgten im Kirchenchor Neufrach Harmonie und Einigkeit für ein beachtliches musikalisches Leistungsniveau“, heißt es in der von Hugo Gommeringer verfassten Jubiläumsschrift weiter. Zum Osterfest 1937 führte der Chor sogar die Preis-Messe von G.E. Stehle mit Orchesterbegleitung auf.
Während der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg sei der Besuch der Chorprobe abenteuerlich gewesen. „Da man sich nicht mehr nach 22 Uhr auf der Straße blicken lassen durfte, hieß es, auf Schleichwegen und im Schutz großer Bäume heimzukommen“, steht es geschrieben.
Mitglieder schwärmen von Geselligkeit und Kameradschaft
In der Chronik ist auch nachzulesen, welche wichtige Rolle Geselligkeit und Kameradschaft für den Fortbestand des Chors hat. Auch heute schwärmen langjährige Mitglieder von deren Bedeutung. Siegfried Hartwig, der seit 70 Jahren dabei ist, spricht etwa vom Spaß am Singen und „superguter Kameradschaft“, die ihn neben der Freude an der Musik auch als 84-Jährigen noch zu den Chorproben hinziehe.

Lissy Raither kam zehn Jahre später als Hartwig zur Singgemeinschaft. Sie erinnert sich gern an Fastnachtsbälle unter der Regie des damaligen Chorvorsitzenden Hugo Gommeringer. An der ersten närrischen Großveranstaltung nach dem Krieg, im Jahr 1952, beteiligte sich der Kirchenchor unter den Augen tausender Zuschauer, verkleidet als eine Gruppe Chinesen. Auch am Rosenmontagsmarkt im Dorf hatten die Neufracher Sänger einen Stand. Ebenso hätten sie früher aus Umweltschutzgründen Papier und Alu gesammelt, weiß Lissy Raither. „Mit Privatautos, Traktoren und Pferdeanhängern sind wir zum Riesencontainer bei der ZG gefahren“, erzählt die langjährige Chorsängerin.
Auch sonst entsinnen sich Hartwig und Raither vieler schöner Erlebnisse, wie zum Beispiel der Einweihung der Neufracher Schule vor 70 Jahren. Nach einem festlichen Gottesdienst war der Kirchenchor Teil eines großen Festumzugs zum Schulgebäude, an dem neben Pfarrer Seifried, den Schülern und dem Gemeinderat auch die Feuerwehr und der Gesangsverein sowie Bürger teilnahmen.
Auch erfreuten sich die jährlichen Ausflüge großer Beliebtheit, zum Beispiel der Besuch der Strauß-Oper „Eine Nacht in Venedig“ im Theater Sankt Gallen im Jahr 1970. Zu Weihnachten desselben Jahres gab der Chor unter der damaligen Leitung des Überlinger Musikdirektors Anton Schmid ein kirchenmusikalisches Weihnachtskonzert. Bis heute gestaltet der Kirchenchor jeweils zum Jahresende den Abschlussgottesdienst.