Die Gemeinde Sipplingen wird bis auf Weiteres keinen qualifizierten Mietspiegel haben. Vielmehr sollen andere, in der Größe und Struktur vergleichbare Gemeinden am Bodensee dafür gewonnen werden, in einem Gemeinschaftsprojekt einen neuen Mietspiegel erstellen zu lassen. Dafür sollen drei Angebote eingeholt werden. Außerdem sollen die Sipplinger dazu verpflichtet werden, an einer solchen Erhebung teilzunehmen.
Fußläufig ist nicht gleichbedeutend mit Luftlinie
Das ist das Resultat einer ausführlichen Debatte in der jüngsten Gemeinderatssitzung, zu der auch der Geschäftsführer des EMA-Instituts, Oliver Trinkhaus, per Video zugeschaltet war. Dem vom EMA-Institut erstellten Mietspiegel für Sipplingen hatte der Gemeinderat im November die ursprünglich im Juli erteilte Qualifizierung wieder entzogen. Der Grund: Nachträglich war im Dokument an mehreren Stellen der Begriff „fußläufig“ durch „Luftlinienentfernung“ ersetzt worden.
Dies sei ein für die Berechnung eines Mietzinses entscheidender Unterschied. So stieg für den Sipplinger Dieter Petersen durch die Begriffsänderung die Miete deutlich an, denn nun lag seine Wohnung plötzlich nur noch gut 100 Meter vom Seeufer entfernt, das er allerdings zu Fuß durch Straße und Bahn getrennt nur über rund 500 Meter erreichen kann. Petersen hatte in der aktuellen Ratssitzung vorgerechnet, dass für eine Nachbarin durch die Vorgaben des vom EMA-Institut vorgelegten Mietspiegels die Monatsmiete von rund 1600 auf 2000 Euro steigen würde.
In der Nachbargemeinde 20 Prozent günstiger
„Es wird zu teuer für uns“, bezog der Sprecher der CDU-Ratsfraktion, Clemens Beirer, Stellung. Durch den vorliegenden Mietspiegel würde Sipplingen „zur teuersten Gemeinde am Bodensee, aber mit der geringsten Infrastruktur“. Beirer zog einen Vergleich zur Nachbargemeinde Bodman-Ludwigshafen, wo in einem vergleichbaren Objekt nach dem dort gültigen Spiegel die Miete rund 20 Prozent weniger kosten würde. Beirer sagte: „Da kann bei Ihrer Berechnung etwas nicht stimmen.“
Oliver Trinkhaus vom EMA-Institut wies diesen Vorwurf von sich. Ausführlich erklärte der Mathematiker, nach welchen Kriterien sein Institut die Daten erhoben und ausgewertet hatte. Der Unterschied zwischen Bodman-Ludwigshafen und Sipplingen komme dadurch zustande, dass in Sipplingen neue Daten erhoben, in Bodman-Ludwigshafen aber eine Stichprobenbeurteilung älterer Datensätze gezogen worden sei.
28 von 451 Wohnungen in die Auswertung eingeflossen
Auch ließ er nicht gelten, dass mit 28 von 451 in die Auswertung einbezogenen Sipplinger Mietwohnungen die Datenlage zu dürftig war. Er verwies auf die Gesamtdatenlage. Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts seien 3357 Wohnungen im Bodenseekreis in die Auswertung eingeflossen. Der Mietspiegel war als Gemeinschaftsprojekt von 23 Gemeinden des Bodenseekreises beauftragt worden.
Kritik: Größe und Struktur der Gemeinden nicht vergleichbar
Hier setzte die Kritik der CDU an. Man dürfe nur in der Größe und Struktur vergleichbare Gemeinden in ein solches Projekt einbinden, sonst komme es zu Schieflagen. CDU-Rat Günther Völk brachte es für seine Ratskollegen auf den Punkt: „Das eine mag eine saubere Berechnung nach einem mathematischen Modell sein. Aber dennoch muss sich das Ergebnis der Wirklichkeit stellen.“ Clemens Beirer fügte hinzu: „Wir sind nicht die teuerste Gemeinde am Bodensee.“