Nein, Andreas Hammer bleibt lieber auf dem Boden. Er lässt Drohnen in den Himmel steigen, mit Kameras, und verschafft sich Perspektiven, die völlig neue Erkenntnisse und Bilder liefern. Seine Aufnahmen finden eine immer größere Verbreitung, hier in Überlingen, aber auch in Thailand hat er sich einen Namen gemacht. An Hammer lässt sich studieren, wie vielfältig die zivile unbemannte Luftfahrt nutzbar ist. Von der Menschenrettung bis zum Aufstöbern von Walhaien.
Der 51-jährige aus Überlingen ist mit der Kamera auch am Boden unterwegs. "Meine Heimatverbundenheit hat mich dazu getrieben, das Kulturelle im Bild festzuhalten und nach außen zu tragen." Die Fastnacht und hier speziell die Guggenmusik sind für ihn ein beliebtes Motiv.
Von Augenkrankheit zunächst ausgebremst
Doch wie begann das alles? Hammer stammt aus Tuttlingen, nach der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann für Fotofachgeschäfte wollte er eine Fotografenausbildung absolvieren, musste seine Träume wegen einer Augenkrankheit aber vorerst begraben, wie er sagt. Er schulte um auf Immobilienkaufmann, seit 1990 war er für Büros am Bodensee tätig, seit acht Jahren führt er eine eigene Firma.
Als Hobby entdeckte Hammer den Modellflug, er ist Mitglied in der Modellsportgruppe MSG Sipplingen. "Wobei es mich eigentlich nie so sehr interessiert hat, von unten nach oben zu schauen; ich wollte immer die Perspektive von meinem Flieger aus haben." Und genau aus diesen drei Talenten heraus, aus Fotografie, Fliegerei und Häuserhandel, gedieh seine Leidenschaft für die unbemannte Luftbildfotografie. "Ich wollte meine Objekte nicht nur aus der Brusthöhe heraus fotografieren, sondern aus der Luft."
Hammer zählt sich zu den Pionieren
Während heute die Drohnenfliegerei dank des technischen Fortschritts ein Kinderspiel darstellt, experimentierte der 51-Jährige schon seit sehr früh auf diesem Sektor. "Vor acht oder neun Jahren habe ich meinen ersten Film erstellt und dabei eine Kamera an einen Drei-Meter-Segler montiert", also nicht an eine Drohne, von ihnen war zunächst noch keine Spur, abgesehen von der zunächst nur militärischen Nutzung. Sein erster Flug, also mit einem ferngesteuerten Flugzeug aus Styropor, erfolgte auf der thailändischen Insel Ko Samui, und sie endete prompt mit einem Absturz in den Palmen. Doch schon gleich bei diesem Jungfernflug entstanden faszinierende Bilder, wie Hammer beschreibt.
Fußballstar für einen Gärtner gehalten
Ein Reiseveranstalter in Thailand wurde auf ihn aufmerksam, einige Hotels direkt am Meer beauftragten ihn, aus der Luft die besondere Lage zu filmen. Einmal, so beschreibt es Hammer, fotografierte er eine Villa, die ganz offensichtlich einem Multimillionär gehörte. Er habe sich dort mit einem Mann unterhalten, den er für den Gärtner hielt. Später erfuhr er, dass es ein berühmter englischer Fußballspieler war. "Ich mache mir nichts aus Fußball", doch sei ihm dann schon klar geworden, dass er den Namen des Mannes in Kombination mit den entstandenen Fotos vertraulich behandeln müsse, ihn also auch den SÜDKURIER-Lesern nicht verrät.
Die Drohnen als Trägermaschinen für Kameras kamen nach Hammers Erinnerung vor etwa acht Jahren auf den Markt für zivile Nutzungen. Er war einer der ersten Käufer. Doch war zunächst nicht daran zu denken, live zu verfolgen, was die Kamera sieht. "Am Anfang haben wir die Fotos auf gut Glück geschossen. Wir sind so lange über einem Einfamilienhaus geschwebt, bis wir meinten, dass unter 300 Bildern vielleicht ein brauchbares dabei sein könnte."
Hammers eigene Entwicklung demonstriert die ganze Vielfalt. Für welche Zwecke außer der Immobilienfotografie lässt er die Drohnen noch in den Himmel steigen? Da sind natürlich sind Landschaftsaufnahmen, bevorzugt zeigt er ferngesteuerte Flugzeuge beim Flug über den Sipplinger Berg oder entlang des Bodenseeufers. Dann wird er aber auch angefragt, um über Bauernhaus-Dächern die Funktion von Solarkollektoren zu überprüfen, mit einer Infrarotkamera kein Problem. Und dann ist er auch ein gefragter Pilot, wenn vor der Ernte eines Getreidefeldes nach Rehkitzen gesucht wird.
Andreas Hammer ist Mitbegründer des 2016 entstandenen Vereins "Rehrettung Hegau/Bodensee", der sich darauf spezialisiert hat, per Infrarotkamera Tiere aufzustöbern. Das hat sich als Erfolgsmodell herumgesprochen, es kommen Anfragen aus der Schweiz oder aus dem Schwarzwald, die der Verein aus Zeitgründen zwar nicht bedienen kann, doch hilft Hammer bei der Ausbildung an der Drohne. Alleine aus dem Raum Offenburg, hätten ihm Jäger von dort gemeldet, habe die Aktion 300 Rehkitzen das Leben gerettet. Und was mit Rehen funktionert, sie nämlich wegen ihrer Wärmeabstrahlung zu orten, funktioniert auch mit Menschen, weshalb Hammer auch schon angefragt wurde, nach einer vermissten Person am Sipplinger Berg zu suchen.
Nachdem er in Thailand bei einem Drohnenflug übers glasklare Wasser des Indischen Ozeans eher zufällig große Fische entdeckte, informierte er Taucher. "Da, direkt unter Euch, da bewegt sich was." Auf einer Seetiefe von 28 Metern hätten seine Bekannten dann eine ganze Schule an Walhaien gesehen, dem größten Fisch der Welt, "sie haben unglaublich faszinierende Bilder mit hochgebracht". Zurück am Bodensee, stellte sich Hammer die Frage, ob das, was bei den Haien funktionierte, nicht auch bei vermissten Tauchern klappen könnte. Er ist mit der DLRG in Kontakt, für entsprechende Versuche wird Hammer demnächst über den See fliegen. Nein, nicht Hammer selbst, der im Übrigen seinen Erfolg ganz bescheiden vorträgt. Er bleibt lieber auf dem Boden.
Hobby mit Hürden
Drohnen und Multikopter faszinieren immer mehr Hobbypiloten und Fotografen. Sie zeigen uns die Welt aus der Vogelperspektive und verbinden Spaß mit Technik. Allerdings müssen bei diesem Freizeitvergnügen auch sicherheitsrelevante Themen beachtet werden, vor allem, um den bemannten Flugverkehr nicht zu gefährden und Passanten vor abstürzenden Drohnen zu schützen. Ab einem gewissen Startgewicht müssen entsprechende Qualifikationen nachgewiesen werden und beim Überflug über bewohntes Gebiet Genehmigungen eingeholt werden. Andreas Hammer betont, wie gewissenhaft man hier vorzugehen hat, weshalb aus dem vermeintlich einfachen Hobby schnell ein bürokratischer Aufwand wird.