Nach zahlreichen Anläufen und verschiedenen Planungsansätzen glauben die Verwaltung und der Verkehrsausschuss nun nicht nur eine einvernehmliche, sondern für die aktuelle Situation auch gute Verkehrslösung für den Bereich Hafenstraße gefunden zu haben. Nahezu einmütiges Ziel war es zum einen, den Radverkehr gegen die derzeitige Einbahnstraße in Richtung Westen zu leiten, um dem stark frequentierten Bodenseeradweg eine Route zu bieten und gleichzeitig die Fußgängerzone in der Münsterstraße zu entlasten. Zum anderen soll der motorisierte Individualverkehr auf Anlieger in der bisherigen Fahrtrichtung begrenzt werden. Gewährleisten sollen dies, wie Niko Clauß vom Tiefbauamt dem Gremium erläuterte, zwei unterschiedlich gestaltete Straßenabschnitte. Der Abschnitt von der Volksbank bis zur Schulstraße wird niveaugleich gepflastert und damit als verkehrsberuhigter Bereich zu dem erwünschten Verbindungsband zwischen Landungsplatz und Hofstatt. Zwischen Schulstraße und Mantelhafen wird zunächst lediglich der Schutzstreifen für Radfahrer ausgewiesen und in der Kurve an der Einmündung in Richtung Westen ein Geländer als Schutz. Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung votierte das Gremium für diese Planung.
Anwohner hatten die Idee ins Spiel gebracht
Ins Gespräch gekommen war die neue Lösung erst nach einem energischen Vorstoß von Anwohnern aus der Hafenstraße und einem sich anschließenden weiteren Antrag aus dem Gemeinderat. Den Planern kommt dieses Konzept insofern entgegen, dass es ihnen in dem westlichen Kurvenabschnitt der Hafenstraße die Ausweisung der Schutzstreifen und der Gehwege erspart, wozu die Straßenbreite an zwei Engstellen gar nicht ausgereicht hätte. Im östlichen Abschnitt reicht die Breite aus, um die Schutzstreifen zu markieren und die vorhandenen Gehwege zu belassen. Ein Umbau soll hier erst nach 2020 erfolgen. Noch habe das Regierungspräsidium Tübingen seine Zustimmung zu dieser Lösung noch nicht erteilt, erklärte Helmut Köberlein, Abteilungsleiter des Tiefbauamts. Doch werde die Verwaltung alle Vorbereitungen treffen, um möglichst schnell mit Ausschreibung und Realisierung der Baumaßnahme beginnen zu können.
„Im Dezember müssen wir fertig sein“, erklärte Köberlein auf die Frage nach dem Zeitplan. Da die Umsetzung wenigstens drei bis vier Monate in Anspruch nehmen werde, müssten die Arbeiten noch im Sommer beginnen. Um diesen Zeitplan einhalten zu können, überlege die Verwaltung sogar, die erforderlichen Pflastersteine auf Vorrat selbst zu bestellen und die Vergabe der Arbeiten gar nicht abzuwarten.
Der verkehrberuhigte Bereich, in dem von den Anliegern Schrittgeschwindigkeit eingehalten werden, wird sich optisch noch einmal in zwei Abschnitte gliedern. Auf Höhe der Hofstatt wird die rote Färbung vom Landungsplatz fortgesetzt, im weiteren Straßenraum zwischen den Gebäuden wird die Pflasterfläche gänzlich grau gestaltet. Ab der Schulstraße, in Richtung Mantelhafen wird auch künftig Tempo 20 gelten. Dieses Konzept lasse auch noch mehr Zeit, um sich über die gewünschte neue Fahrbahngestaltung zwischen Chantillyplatz und Mantelhafen Gedanken zu machen. Hier stand erneut die Forderung im Raum, Anliegern und Parkberechtigten die Zufahrt zu den Stellplätzen zu ermöglichen.
Weiterer Knackpunkt war noch einmal die Ampellösung für Radler zur Einfahrt in die Marktstraße. Ein Schutzstreifen lasse sich hier zwar durch eine Beschneidung des ohnehin sehr breiten und wenige genutzten Gehwegs entlang der Sparkasse problemlos anlegen, erklärte Niko Clauß. Allerdings müssen die Radfahrer vor den Bussen in Richtung Landungsplatz geschützt werden. Die Busse alternativ wieder – wie früher – die lange Schleife um den Fischerbrunnen fahren zu lassen, hatten die Gremien zuvor rigoros abgelehnt.
Drei Bäume müssten weichen
Um vor der Einmündung eine ausreichende Aufstellfläche für Radfahrer ausbilden zu können, müssten an der Nordseite allerdings drei Bäume am Gehweg weichen. Nicht zielführend und „suboptimal“ nannte Baubürgermeister Matthias Längin die Idee, die Radfahrer von der Hofstatt auf einem Streifen über die Fahrbahn zur Busbucht und zu der dort bestehenden Ampel zu leiten.
Kosten voraussichtlich 439 000 Euro
Die geschätzten Kosten für die vorgeschlagene Lösung bezifferte Niko Clauß mit brutto rund 439 000 Euro, wobei nur 344 000 Euro im Haushalt bereitgestellt seien. Die Differenz müsse durch Umschichtungen im Etat erst noch ausgeglichen werden.
Planungsgeschichte
Um die Fußgängerzonen Münsterstraße und Seepromenade von unzulässigem Radverkehr zu entlasten, soll zur Ausweisung des Bodenseeradwegs eine Befahrung der Hafenstraße in beide Richtungen mit Schutzstreifen ermöglicht werden. Dazu beschloss der Gemeinderat am 21. Juni 2017 zunächst die Beibehaltung des Autoverkehrs in bisheriger Form und eine Radverkehrsführung durch die Marktstraße mit einer Ampellösung aufgrund des teilweise gegenläufigen Busverkehrs. Am 13. Dezember 2017 hebt der Gemeinderat den Beschluss auf und beauftragt den Verkehrsausschuss mit der Prüfung einer Beschränkung des Autoverkehrs auf Anlieger. Am 3. Dezember 2018 lehnte der Ausschuss eine überarbeitete Variante ab, die eine Ampellösung überflüssig gemacht hätte, wenn alle Busse wieder durch Christoph- und Kessenringstraße geleitet worden wären. Auf Anregung der Anwohner aus der Hafenstraße und einen Antrag der Ratsfraktionen prüfte die Verwaltung zuletzt einen niveaugleichen Ausbau zu einer verkehrsberuhigten Zone, die nun im westlichen Abschnitt zwischen Volksbank und Schulstraße noch in diesem Jahr mit Pflasterung realisiert werden soll, der zweite Abschnitt soll in dieser Form erst ab 2021 umgebaut werden.