Überlingen (dle) Für Gemeinderätin Irene Alpes (LBU/Grüne) geht es um viel. Die Realisierung der Fahrradstraße in der Hafenstraße liegt ihr am Herzen. Doch nach der jüngsten Sitzung im Ausschuss für Technik und Verkehr ist klar, dass es massive Probleme bei der Realisierung gibt. "Es kann doch nicht sein, dass die jetzt scheitert", sagte sie etwas verärgert.
Im Juli vergangenen Jahres hatte der Gemeinderat das von der Ingenieurgesellschaft Dr. Brenner ausgearbeitete Szenario 1 der Verkehrsberuhigung beschlossen. In diesem Konzept ist die Hafenstraße als Fahrradstraße vorgesehen. Bevorrechtigte Radfahrer sollen in beiden Richtungen die Straße befahren können. Für den motorisierten Verkehr ist die Straße hingegen nur in einer Richtung befahrbar. Und es soll gemäß dem Konzept von Brenner noch eine weitere Beschränkung für den motorisierten Verkehr in der Hafenstraße geben: Die Fahrradstraße darf nur von Motorrädern und Autos befahren werden.
Dass die Hafenstraße eng ist, war Brenner bekannt, die Straßenraumbreiten hat das Büro damals sehr detailliert vermessen und analysiert. Die Ausarbeitung des Radverkehrskonzeptes hat zudem damals der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begleitet. Für Karl Honnen, Kreisvorsitzender des ADFC Bodenseekreis, ist die Fahrradstraße mit Freigabe für den Kfz-Verkehr in einer Fahrrichtung ohne bauliche Maßnahmen möglich. Doch das mit der Umsetzung neu beauftragte Ingenieurbüro Pietsch kommt zu einem anderen Ergebnis. Mit der Einrichtung eines Radfahrschutzstreifens wird die Restfahrbahnbreite zu eng und die Fahrradstraße kann nicht realisiert werden. Auch die Polizei hat Bedenken, wegen mangelnder Sichtbeziehungen.
Die Gemeinderäte Udo Pursche (SPD) und Günter Hornstein (CDU) haben in der jüngsten Ausschusssitzung erhebliche Zweifel an der Kompetenz des Büros von Dr. Brenner angemeldet und prüfen gar eine mögliche Schadensersatzpflicht. Aber es gibt auch andere Ansichten hierzu: Irene Alpes fragt zurecht, warum der ADFC nicht bei der jüngsten Planungen für die Umsetzung beratend hinzugezogen wurde? Auch die Arbeit des Büro Pietsch erntet direkte Kritik: "Ein Sicherheitsstreifen für Radfahrer in einer Fahrradstraße ist Unsinn", kommentierte Karl Honnen die Arbeit des Büro Pietsch.
Die Expertenmeinungen zur Fahrradstraße liegen also weit auseinander und reichen von realisierbar bis hin zu nicht realisierbar. Das Besondere dabei ist, dass alle recht haben. Denn genau genommen redet jeder von etwas Anderem. Von Brenner wurde eine Fahrradstraße mit Freigabe für Motorräder und Autos geplant und so auch vom Gemeinderat letztes Jahr beschlossen. Die ist tatsächlich auch so realisierbar. Aber jetzt wird etwas völlig anderes geplant: Das Büro Pietsch soll eine Fahrradstraße mit Freigabe für Lastwagen und Busse planen. Doch wegen der langen und breiten Sattelzüge und Gelenkbusse kann die Fahrradstraße nicht realisiert werden.