Von Anfang: Manfred Lucha, Minister für Soziales und Integration in Baden Württemberg, schaute im Rahmen seiner Sommertour beim CJD in Überlingen vorbei. Hier werden, wie an weiteren Standorten, die bei ZiP mitmachen, Jugendliche mit besonderem Förderbedarf unterstützt, die eine Ausbildung zum Alten- oder Krankenpflegehelfer absolvieren. In der ersten Phase des Projekts besuchen die Sozialarbeiter des CJD Schulen mit Klassen, in denen sie die Zielgruppe antreffen. In Überlingen kooperieren sie mit der Justus-von-Liebig-Schule. In Tests und Gesprächen loten sie die Eignung der Interessenten aus und helfen anschließend bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. "In diesen Beruf kann man niemanden drängen. Zu dem Wollen muss das Können kommen und dabei helfen wir", erläutert Projektmanager Christoph Selg.
In der zweiten Phase steht die Unterstützung der Jugendlichen bei Problemen in der Schule oder im Alltag im Mittelpunkt. "Zum Glück hat uns das Ministerium Freiheiten gelassen, wie wir die Hilfe gestalten", ergänzt Selg. Es hat sich gezeigt, dass die Sozialarbeiter sowie die unterstützenden Honorarkräfte sehr flexibel agieren müssen. Neben schulischen und sprachlichen Problemen gibt es immer wieder Fragen, die mit den Ämtern geklärt werden müssen. Dabei geht es oft um das Aufenthaltsrecht und die Zukunftsperspektiven. Viele Auszubildende sind ohne familiäre Anbindung auf sich alleine gestellt, müssen eine Wohnung finden und mit der neuen oft belastenden Situation fertig werden. Für Alleinerziehende gilt es, die Kinderbetreuung zu organisieren, was bei Schichtarbeitern eine besondere Herausforderung darstellt. Diese Hürden sind oft der Grund, warum die Ausbildung abgebrochen wird. Zudem fungieren die Mitarbeiter des Trägers als Ansprechpartner für die Berufsfachschule und die Betriebe.
Manfred Lucha kam informiert und mit einer guten Nachricht nach Überlingen: Dem vom CJD gestellten Antrag auf Erhöhung des Zuschusses, um ZiP ein weiteres Jahr anbieten zu können, wurde stattgegeben. Ab 2019 muss sich der Träger erneut bewerben. "Die Ergebnisse geben uns Recht", lobte Lucha die geleistete Arbeit. Die Statistik zeigt, dass 88 Prozent des ersten ZiP-Jahrgangs die Abschlussprüfung zum Pflegehelfer bestanden haben und davon über 50 Prozent eine weitere Qualifikation zur Fachkraft anstreben. Mit einem Männeranteil von 38 Prozent liegt der Wert weit über den üblichen Zahlen – in dem Beruf sind die Frauen meist unter sich und auch in Sachen Internationalität ist das Projekt bemerkenswert.
Sorge wegen drohender Abschiebung
Abdoulaye Drami aus Mali hat gerade seine Prüfung bestanden und würde gerne eine Ausbildung zum Pfleger anschließen. In seinem Heimatland hat er studiert, aber in der Pflege fühlt er sich wohl: "Ich habe mich für den Beruf entschieden, weil ich alte Menschen mag", sagt er. Sie erinnerten ihn an seinen vor kurzem verstorbenen Vater. Sorge machen Drami der Ablehnungsbescheid und eine drohende Abschiebung. "Wir sind illegal hier, aber Sie brauchen Leute für die Pflege. Warum müssen wir das Land verlassen?" Er fügt noch hinzu, dass er 200 Stunden im Monat arbeitet, weil in seiner Einrichtung Personal fehlt. Auch Fekrat Misto aus Syrien und Iman Ququil aus Marokko erzählen ihre zu Herzen gehenden Geschichten und wünschen sich eine Zukunft in ihrem neuen Beruf und in Deutschland.
Minister Lucha würde den jungen Leuten gerne eine Perspektive bieten und verspricht, sich für eine entsprechende Regelung einzusetzen. "Ich bin stolz, solche Projekte fördern zu können und gehe mit viel Gelassenheit davon aus, dass wir im Herbst pragmatisch und unideologisch zu einer Lösung kommen werden." Damit spielt er auf die Landtagswahlen in Hessen und Bayern an, in deren Vorfeld kaum mit Beschlüssen zu rechnen ist, die Flüchtlingen ohne Asylstatus hier eine Zukunft bieten. Auch nicht bei anhaltendem Pflegenotstand.
Praktische Hilfe für Azubis
Das Projekt ZiP (Zukunft im Pflegeberuf) wird gefördert vom Ministerium für Soziales und Integration in Baden Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Das CJD (Christliches Jugenddorfwerk Deutschland) beteiligte sich erfolgreich an der Ausschreibung und konnte im September 2016 in den Landkreisen Biberach, Ravensburg und im Bodenseekreis mit der Arbeit beginnen. Ziel des Projektes ist es, junge Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen und sie während der Ausbildung zu unterstützen. Die Sozialarbeiter informieren an Schulen über den Beruf, nehmen Eignungstests vor und begleiten Jugendliche, die Unterstützung brauchen während der Ausbildung. Dazu gehören zum Beispiel Nachhilfe- oder Gesprächsangebote sowie die Hilfe bei Problemen mit den Ämtern. Auch für die Betriebe sind die Mitarbeiter des CJD Ansprechpartner. Nach der jetzt zugesagten Aufstockung der Mittel kann das Projekt bis 2019 weiter laufen. Danach wird es wahrscheinlich eine neue Ausschreibung geben, an der sich das CJD erneut beteiligen kann. Die Ausbildung zum Pflegehelfer dauert in der Regel ein Jahr, kann aber auf zwei Jahre verlängert werden, wenn die Azubis zum Beispiel noch ihre Sprachkenntnisse verbessern müssen. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung können sie eine zweijährige Ausbildung zum Pfleger anschließen.