Ach, wie herrlich man sich doch ereifern kann. Wie in einem Rosenkrieg. In den sozialen Medien wird sich entweder darüber aufgeregt, dass es den Heiratsantrag mit Schneepflug gab – wie bitteschön, die Überlinger sollen auch nur einen Cent fürs private Glück zahlen? Oder es wird über die Rechnung geschimpft, die Oberbürgermeister Jan Zeitler spaßbremserisch aufmacht, wenn er sich jeden Cent für die Schneepflug-Parade auszahlen lässt – wo die Idee zum Heiratsantrag doch so romantisch war!

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Wie würde sich ein Paartherapeut der Sache annehmen? Er würde die Parteien zunächst dazu auffordern, ihre Positionen darzulegen. Als da wären der Bauhofleiter Barth, der im Überschwang der Liebe schweres Gerät auffahren ließ und sich der Kollegialität seines Teams erfreuen durfte. Und da wäre ein OB Zeitler, der im Pflichteifer seines Amtes gewichtige Paragraphen fand und sich der Strenge seiner Wähler sicher weiß.

Feuerwehreinsatz 2018

Erinnert sei an den Fall der Feuerwehr, die im vergangenen Jahr auf dem Privatgrundstück eines verdienten Feuerwehrmanns einen Baum fällte. Damals lautete die Begründung für den Einsatz öffentlicher Geldmittel, dass es von Zeit zu Zeit nötig sei, das Fällen eines Baumes unter erschwerten Bedingungen einzuüben. Damit war das Thema abgeräumt, das Feuer ausgetreten.

Kein Schnee auf der Hofstatt

Das lässt sich hier nicht machen. Es schneite auf der Hofstatt nicht, und das Einüben von Heiratsanträgen unter erschwerten Bedingungen zählt nicht zum Einsatzgebiet von Bauhofleitern. Doch hin wie her: Die Öffentlichkeit reagiert stets sensibel, wenn Leistungen der Stadt für vermeintlich private Zwecke eingesetzt werden.

Der weise Paartherapeut fällt kein Urteil, sondern rät – zu Gelassenheit. Dem jungen Bräutigam dürfte es die Aktion wert gewesen sein, egal was Kopierpapier und Schneepflug kosten. Und dem OB dürfte es ein Anliegen sein, dass in seinem Team weiterhin ein Klima herrscht, in dem unkonventionelle Ideen geboren werden. Beide verbindet nur ein Arbeits- kein Heiratsvertrag miteinander. Doch auch hier gilt: Sagt noch einmal Ja zueinander.