Die Belegungszahlen der spitälischen Alten- und Pflegeheime könnten besser nicht sein, die Nachfrage sei größer denn je: „Wir erhalten fast täglich vier bis fünf Anrufe von Angehörigen, die ganz dringend einen Pflegeplatz suchen“, sagt Wirtschaftsleiter Wolfgang Schaub, der seinen Wirtschaftsplan für das laufende Betriebsjahr vorstellte. Er fügt hinzu: „Sie sehen, wir brauchen ganz dringend unser neues Pflegezentrum.“
Viele kommen um zu sterben
Zwar hätten die beiden Alten- und Pflegeheime St. Franziskus und St. Ulrich in den ersten Monaten des Jahres schon zahlreiche Todesfälle zu beklagen gehabt, berichtete Wirtschaftsleiter Wolfgang Schaub vor dem Gemeinderat. Doch sei der Altersdurchschnitt in den Heimen auch sehr hoch und „häufig kommen Menschen nur noch für wenige Monate zu uns, um zu sterben“. 30 Prozent der Bewohner seien älter als 90 Jahre, drei älter als 100 und ein Bewohner werde bald 105 Jahre alt. Schaub: „Wir sind im Prinzip oft eine Art Nachsorgeklinik für die Krankenhäuser.“ Die Stadt müsse sich künftig noch mehr darauf einstellen, diese Klientel versorgen zu müssen.
Bislang von Corona verschont
Verschont geblieben seien die Einrichtungen bislang glücklicherweise vom Corona-Virus, erklärte Schaub vergangene Woche. Zu diesem Zeitpunkt war ein Heim in Bad Rappenau schon in Quarantäne. Vergeblich habe man in den Tagen zuvor versucht, die erforderliche Schutzbekleidung nachzubestellen, die auch sonst immer wieder mal benötigt werde und daher in der Regel ohnehin im Hause sei. Auf dem Großmarkt sei nichts mehr zu bekommen, nicht einmal Liefertermine seien zu bekommen. „Falls von Ihnen jemand eine Bezugsquelle kennt, lassen Sie es uns wissen“, fragte der Wirtschaftsleiter in der Gemeinderatssitzung, und fügte an: „Das ist jetzt kein Witz.“ Man habe in den Altenheimen zwar beträchtliche Lager dafür, müsse allerdings in der Regel alle zwei Monate nachbestellen. „Jetzt haben wir Pech gehabt und die Lager waren genau zum falschen Zeitpunkt leer.“

Herausforderung Personalsuche
Trotz des Pflegestärkungsgesetzes seien die Eigenanteile der Bewohner weiterhin stetig gestiegen, gibt Wolfgang Schaub zu bedenken. Wobei die anteiligen Belastungen in Baden-Württemberg derzeit mit am höchsten seien. In Fachkreisen und in der Politik werde nach wie vor heftig darüber diskutiert, diese Eigenanteile zu deckeln. Doch dazu müsse das ganze Finanzierungssystem umgestellt werden, sagt der Wirtschaftsleiter.
Zur großen Herausforderung werde künftig auch die Personalgewinnung, erklärte Schaub. Wachsende Konkurrenz sei aufgrund des neuen Pflegeberufsgesetzes zu erwarten, das erst nach einer generalistischen Grundausbildung die Weiche zu den drei Schwerpunkten Akut-, Alten- und Kinderpflege stelle. „Ich weiß nicht, ob wir hier der attraktivste Arbeitgeber sind“, sagt Schaub: „Doch ich bin immer optimistisch.“

Neues Pflegezentrum am Härlen
Während am St. Ulrich mit Blick auf das geplante neue Pflegezentrum derzeit keine Investitionen mehr getätigt werden, war eine Sanierung der Fassade am Altenheim St. Franziskus längst überfällig und sollte zu Beginn der Landesgartenschau auch abgeschlossen sein. „Die Maßnahme ist in enger Absprache mit dem Denkmalamt erfolgt“, erklärte Wolfgang Schaub.
Neubau am Härlen geplant
Die Stadt, beziehungsweise der städtische Spenden- und Spitalfonds, plant den Neubau eines Pflegezentrums und Schließung des St. Ulrich. Die Weichen sind gestellt und die drei Sieger des offenen Planungswettbewerbs für das geplante Pflegezentrum wurden schon im Mai 2019 gekürt. Doch noch laufen im Rahmen des angeschlossenen Vergabeverfahrens die Gespräche und Verhandlungen mit den drei von der Jury ausgewählten Architekturbüros über Konditionen und Vertragsmodalitäten.
Im Rennen für den Planungsauftrag sind die Büros Hähnig – Gemmeke Architekten aus Tübingen (1. Preis), Kauffmann & Theilig Partner, Freie Architekten, aus Ostfildern (2. Preis) sowie Felix+Jonas Architekten GmbH, München (3.Preis). Das Baugrundstück umfasst eine Fläche von rund 11 000 Quadratmeter. In einem ersten Bauabschnitt sollen insgesamt 123 Plätze geschaffen werden. In einem zweiten Bauabschnitt sind 30 weitere Plätze geplant.