Würdevolles Sterben ermöglichen. Diesem Ziel haben sich in Überlingen die Hospizgruppe und die Ernie-Schmitt-Hospizstiftung verschrieben. Dass die beiden Organisationen vor allem der Respekt für die Menschen eint, beweisen Cornelia Haag, zuständig für Koordination und Einsatzleitung bei der Hospizgruppe, und Marion Freund, Vorstandsvorsitzende der Ernie-Schmitt-Hospizstiftung, beim vierten "Gemischten Doppel" im Wohnstift Augustinum. Beim "Gemischten Doppel" handelt es sich um die Gesprächsreihe von SÜDKURIER und Wohnstift Augustinum, moderiert von Redaktionsleiter Stefan Hilser. In den ersten drei Runden wurde über Waldrapp und Storch, den Orgelbau und das Überlinger Oberbürgermeisteramt gesprochen. Diesmal geht es um das Sterben und den Tod. Das Lachen im Publikum ist weniger, aber das Interesse groß an diesen lebensbestimmenden Themen. Stefan Hilser formuliert die zentralen Fragen des Abends: "Was ist der Unterschied zwischen den beiden Institutionen? Was verstehen wir unter gelungener Sterbekultur? Braucht Überlingen ein stationäres Hospiz?"

Die Hospizgruppe Überlingen ist ein eingetragener Verein, gegründet 1994. Träger sind die evangelische und die katholische Kirche. Ehrenamtliche begleiten Schwerkranke und Sterbende in ihren letzten Tagen und Stunden. Zudem gibt es Beratungsangebote in Sachen Patientenverfügung sowie Vorsorge- und Betreuungsvollmacht. Die Ernie-Schmitt-Hospizstiftung wurde 16 Jahre später, im Jahr 2011, von Ernie Schmitt ins Leben gerufen, nachdem ihr Sohn in einem Pflegeheim in Frankfurt gestorben war. Unter unwürdigen Bedingungen, wie sie damals fand. Aus diesem schwerwiegenden Erlebnis heraus entstand der Wunsch zur Gründung der Stiftung. Diese wiederum verfolgt die Realisierung eines stationären Hospizes für Überlingen und die Umgebung. Raum könnte das neue Pflegezentrum bieten, das der Überlinger Gemeinderat bewilligt hat. Darüber hinaus unterstützt die Stiftung die Hospizarbeit, insbesondere die der Überlinger.

23 Ehrenamtliche gehören der Hospizgruppe derzeit an. Im November startet ein neuer Vorbereitungskurs. An ein bis zwei Terminen pro Woche stehen die Frauen und Männer jeweils einem Sterbenden für zwei bis drei Stunden bei. Es werden Dinge besprochen, erlebt, aufgeklärt, oder gemeinsam Musik gehört, wie Koordinatorin Cornelia Haag erklärt. Kann ein Mensch nicht mehr sprechen, läuft vieles über Mimik, Gestik und Körperkontakt ab, sofern er oder sie dies möchte. Manchmal sitzen die Ehrenamtlichen einfach daneben. "Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen das wahrnehmen", sagt Cornelia Haag. Beistand sind die Begleiter dabei nicht nur für die Kranken und Sterbenden, sondern auch für die Familien. Sie regen zu einem vielfältigen Umgang mit dem Tod an. Dies geschieht bereits zu Hause, im Altenheim oder im Krankenhaus – und könnte in einem Überlinger Hospiz Platz finden.
Konkrete Aussagen zum Spendenstand der Ernie-Schmitt-Hospizstiftung und zu weitreichenderen Plänen für ein Hospiz gehen nicht aus der Gesprächsrunde hervor. Viele Ideen bestehen aber schon. Die Hospizstiftung möchte sich federführend einbringen. "Ein stationäres Hospiz soll sehr wohnlich sein. Die Bewohner sollen Bilder und Möbel mitbringen können", sagt Vorstandsvorsitzende Marion Freund. Neben Möglichkeiten für die Hospizgruppe hat sie Visionen für einen Begegnungsraum für die Angehörigen. "Ich finde, es kann alles stattfinden, was der Mensch sich wünscht", sagt die Bankerin, wobei dies für die Betroffenen und die Angehörigen gilt. Im Bodenseekreis bestehen Hospize in Friedrichshafen und Ravensburg. In Überlingen sieht Freund den Mangel. Gerade schwerkranke Menschen erhalten im Hospiz eine umfassende palliative Betreuung. Cornelia Haag sagt: "Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass jeder Mensch, der im Sterben liegt, würdevoll sterben kann." Das beinhaltet für beide Frauen Selbstbestimmung und Schmerzfreiheit. 80 Prozent wollen zu Hause sterben. Nur 20 bis 40 Prozent ist es Haag zufolge möglich. Der Rest verlebt seine letzten Momente im Pflegeheim, Krankenhaus oder Hospiz.
"Der Welthospiztag am 13. Oktober deutet darauf hin, dass wir uns nicht genug oder zu spät ums Sterben kümmern", sagt Moderator Stefan Hilser. Sowohl Cornelia Haag als auch Marion Freund weisen auf Verfügungen und Vollmachten hin, auf äußere und innere Vorbereitung. "Die beste Vorsorge ist es, das Leben zu leben", findet jedoch Hospizgruppen-Koordinatorin Cornelia Haag. Der Frieden mit sich selbst und dem eigenen Leben wird ihrer Erfahrung nach am Ende der eigenen Zeit das Wichtigste.
Wie geht es weiter?
Beim "Gemischten Doppel" mit der Hospizgruppe und der Ernie-Schmitt-Hospizstiftung kamen Spenden in Höhe von 600 Euro zusammen. Diese kommen zu gleichen Teilen dem Kinderhospiz im Landkreis Ravensburg und der Ernie-Schmitt-Hospizstiftung zugute. Die Gesprächsteilnehmer legen den Spendenzweck stets selbst fest. Das Augustinum rundet auf. Die nächste Gesprächsrunde von SÜDKURIER und Wohnstift Augustinum findet am 4. Februar 2019 statt.