Mit Sicherheit ist Stadtrat Ulf Janicke nicht der einzige gewesen, der nach den juristischen Ausführungen von Kämmerer Stefan Krause über die Rolle eines Aufsichtsrats und den Entgegnungen von Stadtrat Roland Biniossek in der jüngsten Gemeinderatssitzung einräumen musste: „Ich habe die ganzen juristischen Formulierungen nicht verstanden. So schnell kann ich gar nicht hören.“
BÜB+ hinterfragt Rolle des Aufsichtsrats beim Stadtwerk am See
Die Fraktion BÜB+ hatte einen Antrag zur Behandlung des Themas Wasserkraftwerk als solches gestellt und hinterfragte die Rolle des Aufsichtsrats beim Stadtwerk am See. Insbesondere der Vertreter der Stadt Überlingen via Stadtwerke Überlingen (SWÜ) als Gesellschafter des Stadtwerks am See, das mit seiner Verfüllung der Leitung die künftige Nutzung unmöglich machte.
Biniossek will Weisungsrecht des Gemeinderats für Aufsichtsräte
Roland Biniossek (BÜB+) wünschte sich ein Weisungsrecht des Gemeinderats gegenüber seinen Vertretern. Seine Argumente: Das Wasserkraftwerk sei Eigentum der Stadtwerke Überlingen und damit der Stadt. Der Gemeinderat sei der „Chef“ und müsse ein Mitspracherecht haben. „Die anderen sind ja nur Angestellte“, sagte Biniossek.
Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums widerspricht
Die Rechtsaufsicht der Regierungspräsidium hatte diesem Weisungsrecht gegenüber der Stadtwerke am See ebenso widersprochen wie eine Anwaltskanzlei der Stadt, wie der Kämmerer sagte. Aufsichtsräte seien ausschließlich dem Wohl des Unternehmens verpflichtet und daher frei in ihrer Entscheidung, zumal sie dafür haftbar gemacht werden könnten. Biniossek hielt seine Argumente aufrecht und hielt dem Regierungspräsidium vor, seine Stellungnahme „nur abgeschrieben“ zu haben. Er hatte eine Auskunft beim Gemeindetag eingeholt, mit der er belegen wollte, dass ein Weisungsrecht in die Hauptsatzung der Stadt aufgenommen werden könne.

Auch Gemeindetag verneint Weisungsrecht in diesem Fall
Doch auch der Gemeindetag verneinte dieses Recht „in dem konkreten Einzelfall“. Auch in der kurz zuvor beschlossenen Überlinger Hauptsatzung ist dies nicht verankert und war auch nicht beantragt worden. Offensichtlich würde dies die große Mehrheit auch nicht wollen. Ulf Janicke nannte dafür einen sachlichen Grund. Wenn die Vertreter im Aufsichtsrat nach reiflicher Überlegung zu einer bestimmten Entscheidung kämen, die sie im Sinne des Unternehmens für richtig halten, so wolle er sie nicht zwingen können, sich gegen ihre Überzeugung anders entscheiden zu müssen.
Unterschiedliche Formulierungen in Gesellschafterverträgen
Allerdings muss man zwischen der Stadtwerke am See GmbH und deren Gesellschafter Stadtwerke Überlingen GmbH (SWÜ) unterscheiden. Während im Gesellschaftsvertrag der SWSee keine direkte Einflussnahme der Gremien im Interesse der Stadt verankert ist, sieht es im Gesellschaftsvertrag der SWÜ anders aus. Hier könne der Gemeinderat den entsandten Mitgliedern im Aufsichtsrat, heißt es hier, „unbeschadet ihrer Aufsichtsratspflichten Vorgaben machen und Weisungen erteilen“. Dies kann insbesondere beim Betrieb der Parkhäuser und des städtischen Nahverkehrs (ÖPNV) eine entscheidende Rolle spielen. Wobei bei den Zuständigkeiten des Ausschusses für Bauen, Technik, Verkehr in der neuen Hauptsatzung gerade der ÖPNV explizit ausgenommen ist, vor dem Hintergrund, dass der Betrieb den SWÜ übertragen worden ist.

Roland Biniossek wollte Verein Bürgerenergie hören
Die Frage der Zuständigkeit des Gremiums beim Wasserkraftwerk war gleich zu Beginn Gegenstand von Verfahrensfragen. Für die BÜB+ hatte Roland Biniossek in einem Antrag zur Geschäftsordnung gefordert, einen Vertreter des Vereins Bürgerenergie zu Wort kommen zu lassen, der das Wasserkraftwerk gern erworben hätte und von Oberbürgermeister Jan Zeitler ein Veto gefordert hatte. CDU-Sprecher Günter Hornstein hielt mit einem Antrag entgegen, gemäß der Verwaltungsposition über die Zuständigkeit zu befinden. Sei die gar nicht gegeben, erübrige sich der Antrag Biniosseks. Doch dieser ließ sich auch von dem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss der Nichtzuständigkeit nicht beeindrucken. „Ich interpretiere dies anders und halte den Antrag aufrecht“, bekräftigte Biniossek, bekam allerdings nur die Stimmen seiner Fraktion.
Ulf Janicke sagte, aus seiner Sicht wäre das Wasserkraftwerk ein diskussionswürdiges Thema gewesen. „Doch ich finde es nicht angemessen, die Vertreter der Bürgerenergie in so einem vergifteten Klima anzuhören.“