Während nur wenige Meter nebenan der Berufsverkehr vorbeirauscht, gräbt sich auf Überlingens momentan größter Baustelle unermüdlich eine Baggerschaufel in die Erde. Von der Schaufel, deren Dimensionen in etwa mit einem Kleinwagen vergleichbar sind, werden die Erdmassen dann in einen der wartenden Baustellen-LKW verladen. Fünf, sechs Schaufeln voller Erde, zwei kurze Hupsignale des Baggers, und der LKW-Fahrer weiß, dass die Ladefläche seines Fahrzeugs voll ist.
Dieses Schauspiel lässt sich momentan rund um die Uhr beobachten – zumindest, wenn man auf der B31 von Friedrichshafen kommend unterwegs ist. In einem großen Bogen wird man an dieser noch größeren Baustelle vorbeigeleitet, wenn man nach Überlingen möchte. Die Baustelle ist Teil des Ausbaus der neuen B31, der schon seit einigen Jahren läuft und wohl noch andauern wird. Bis zu sechs Meter unterhalb des bestehenden Geländes entsteht hier die neue Bundesstraße – und dafür müssen riesige Erdmassen bewegt werden.
Ein LKW lädt neun Kubikmeter Erde
Fast im Minutentakt verlassen beladene Fahrzeuge die Baustelle in Richtung Erddeponie. Zwischen 7 und 17 Uhr kann es sehr gut sein, dass man eines der Baustellenfahrzeuge vor sich hat, wenn man zwischen der östlichen und der westlichen Überlinger Abfahrt unterwegs ist. Denn die Erddeponie liegt gerade einmal fünf Kilometer von der Baustelle entfernt, kurz vor Nesselwangen.

Aber wie viele Kubikmeter sind es denn überhaupt, um die es geht? "Im aktuellen Bauabschnitt werden rund 85 000 Kubikmeter Erde abgetragen", sagt Projektleiter Jens Kehrer vom Regierungspräsidium Tübingen. Geht man davon aus, dass etwa neun Kubikmeter Erde auf einen LKW passen, sind das fast 10 000 Ladungen.
Die bleiben aber nicht für immer auf der Deponie bei Nesselwangen liegen: "Circa 65.000 Kubikmeter werden in Straßendämmen, Geländemodellierungen und Wällen im aktuellen Abschnitt wieder verbaut", erklärt Kehrer. Der Rest wird im Jahr 2021 dazu dienen, den Anschluss der alten B31 in Aufkirch zu modellieren. Insgesamt bleibt kein Überschuss – jeder Kubikmeter ist eingeplant. Es habe sogar noch weitere Möglichkeiten gegeben, den Aushub zu nutzen.
Unvergleichliche Erdmassen werden bewegt
Ist die neue B31-Trasse einmal fertig, werden insgesamt 340 000 Kubikmeter Erde abgetragen worden sein. Zum Vergleich: Die Hindenburg, die vor über 80 Jahren über den Bodensee schwebte und das größte je gebaute Luftschiff war, hatte ein Traggasvolumen von etwas mehr als 200 000 Kubikmetern.

Dass der Abtransport des Erdreichs eine langwierige und komplexe Angelegenheit ist, kann man von der B31 aus täglich beobachten. Der Aufwand ist für Jens Kehrer aber durchaus gerechtfertigt. Die Erdwälle, die sich rechts und links der neuen Trasse erheben werden und jetzt schon von einem Bagger in Form gebracht werden, bilden einen natürlichen Lärmschutz für die angrenzenden Wohngebiete am Burgberg.
Auf der Baustelle verkehren derweil nicht nur LKW voller Erde. Auch ein Betonmischer fährt den Hang in Richtung des Waldes hoch, wo ein Bohrbagger arbeitet. Dort entsteht eine sogenannte Bohrpfahlwand: Die Löcher im Boden sind notwendig, um den Hang gegen Abrutschungen zu sichern, erklärt Kehrer.
Außerdem wird am anderen Ende der Baustelle aktuell noch die Brücke über die Obere-St.-Leonhard-Straße abgerissen. Ersetzt werden soll diese durch ein neues Bauwerk in Höhe der aktuellen Hangarbeiten.
Alles läuft auf die Landesgartenschau hinaus
Zur Landesgartenschau soll das neue Teilstück der Bundesstraße definitiv fertig sein, damit die Stadt gut auf die Besucherströme vorbereitet ist. Dazu passt, dass vor einigen Tagen bekannt wurde, dass auch der Anschluss Altbirnau/Rengoldshausen bis 2020 fertiggestellt sein soll.
Belastung unvermeidbar
Es bleibt ein Dauerthema in Aufkirch: Sämtliche LKW, die Überlingen passieren, werden über die alte B31 geleitet und nicht, wie PKW, über die neue Trasse. Erst Ende Juli hatte es eine Verkehrszählung und Gespräche zwischen Stadt, Polizei und Straßenbauern gegeben. Der Grund für die Umleitung ist die Baustelle an der Ost-Ausfahrt: Da hier im Minutentakt Baustellenfahrzeuge zum Erdtransport aus- und einfahren müssen, soll eine hohe Verkehrsbelastung vermieden werden. "Das dient nicht zuletzt auch der Sicherheit", betont Jens Kehrer vom Regierungspräsidium Tübingen. Die provisorische Abfahrt für PKW wird in dieser Form sowieso nicht mehr lange bestehen: Der Verlauf der Strecke wird noch in diesem Herbst verlegt, da die Fläche für die Bauarbeiten an der neuen Brücke (siehe Haupttext) benötigt wird.