Nur rund 30 Meter Luftlinie entfernt von der neuen B31 kreucht und fleucht es in den Schrebergärten der Gartenfreunde Überlingen, einem eingetragenen Verein. Im lauschigen Tal zwischen Burgberg und Bundesstraße wird in 25 Gartenparzellen fleißig gemäht, gegossen und geerntet. Die Vereinsvorstände Alexander Schall und Nicole Hansen aus Überlingen berichten von einer langen Warteliste und Anfragen, die teilweise bis nach Stuttgart zurückführen.

Kinder lernen, die Natur zu schätzen

Dass die Plätze heiß begehrt sind, wundert die beiden Gärtner nicht. „In der Hauptsaison sind wir fast jeden Tag da“, erzählt Nicole Hansen, die während der Corona-Pandemie von der Warteliste nachrückte. Das Amt des stellvertretenden Vorstands übernahm sie vor einem Jahr. Sie komme oft mit ihren Söhnen, erzählt die zweifache Mutter. So möchte sie die kindliche Faszination darüber, wie aus einem kleinen Steckling innerhalb weniger Wochen eine große Rübe wachsen kann, fördern. Zudem könne man den Kindern so auch einen respektvollen Umgang mit der Natur lehren. Als wir einen Blick in ihren Garten werfen, gießt gerade einer ihrer Jungs in Feuerwehr-artiger Manier die Beeren mit einem Gartenschlauch.

Als vor vier Jahren ein Nachfolger für das Amt des Vorstands gesucht wurde, erklärte sich Alexander Schall bereit. Er und seine Stellvertreterin sind zufrieden damit, wie der Verein läuft und wollen lediglich etwas „jugendlichen Schwung“ hinzugeben, wie sie sagen. Das geschehe aber wie von allein, da über die vergangenen Jahre auch unter den Pächtern eine Art Generationenwechsel stattfand. So auch bei Alexander Schall, der vor sieben Jahren die Pacht des Gartens von seinem Vater erbte.

Lärmschutz erfüllt seinen Zweck

Neben der Bundesstraße wurde ein langer Erdwall errichtet. Er dient als Lärmschutz für die Bewohner der Stadt, aber auch die Pächter können sich über etwas Ruhe freuen. Die hinteren Parzellen seien etwas mehr belastet, sagt Nicole Hansen. Aber die Leute wüssten, worauf sie sich einließen, wenn sie an diesem Ort etwas mieten. Insgesamt bekräftigen aber alle drei Kleingärtner, dass sich die Lärmbelästigung sehr in Grenzen halte und Entspannung ohne Weiteres möglich sei.

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Gelebte Solidarität, Regeln und Pflichten

Wie auch in jedem anderen Verein ist die Mitgliedschaft im Gartenverein mit gewissen Regeln und Pflichten verbunden: Jeder Hobby-Gärtner darf einmal pro Saison die Kehrwoche übernehmen und auch das jährliche Heckenschneiden ist Gemeinschaftssache. Doch bevor man jemanden um Hilfe bitten müsse, komme immer schon vorher einer vorbei und biete welche an, berichtet Alexander Schall von der Solidarität unter den Gärtnern.

Alexander Schall beim Gärtnern: „Wenn ich sehe, dass ein Ableger kommt, setze ich ihn gleich in einen eigenen Topf“.
Alexander Schall beim Gärtnern: „Wenn ich sehe, dass ein Ableger kommt, setze ich ihn gleich in einen eigenen Topf“. | Bild: Carlotta Tiggeler

Daneben gibt es noch die allgemeinen Vorschriften für die Schrebergärten, die dem Landesverbund aus Stuttgart unterstehen. Zum Beispiel müsse mindestens ein Drittel des Gartens als Anbaufläche für Obst und Gemüse verwendet werden, die Ernte zu verkaufen sei allerdings untersagt. Außerdem dürften die Gärten nicht als Wohnfläche oder Feriensitz genutzt werden. Die Hecken und Bäume sollen nicht über eine Größe von 3,5 Metern hinauswachsen.

Bestandsschutz geht vor

Davon ausgenommen ist lediglich die „Bestandstanne“, wie die man sie im Verein liebevoll nennt: Die große Tanne am Ende der Gartenanlage steht dort schon seit Gründung des Vereins 1974 und darf im Rahmen des Bestandsschutzes stehen bleiben.

Mensch und Tier in friedlicher Koexistenz

Ökologie und Nachhaltigkeit werden bei vielen Gärtnern großgeschrieben. Dazu gibt es zwar keine Vorschriften, aber es sei für die meisten Mitglieder eine ganz selbstverständliche Angelegenheit, sich beispielsweise um Insektenschutz und biologische Vielfalt zu kümmern, meint Christina Mähler aus Nußdorf. Ihren eigenen Garten bezeichnet sie als naturnah und lässt so manche wilden Blumen gerne stehen, wenn dort die Bienen ihren Nektar suchen. Auch wenn dort ein Gartenrotschwänzchen nistet, bemühe sie sich, dieses nicht zu stören. „Sonst gehe ich eben mal eine Stunde früher nach Hause“, meint die 72-Jährige. Somit könne der Vogel, der auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten steht, in Ruhe brüten.

Alexander Schall und Nicole Hansen wiederum erfreuen sich an Garten- und Zauneidechsen. Sie zeigt der Autorin den Stein, auf dem sich die Reptilien zur Sommerzeit einem Sonnenbad hingeben, und die kleine Sandgrube, die sie extra für die Tiere ausgehoben habe. Die Zauneidechse gilt in Deutschland als gefährdete Art.

Vandalismus und Diebstahl sind ein Problem

Leider gebe es aber auch ungebetene Gäste, sagt das Vorstandsduo. In der Vergangenheit sei es zu Verwüstung und Vandalismus gekommen: zerwühlte Bete, kleinere Sachschäden und gestohlene Ernte gehörten zu den Untaten.

Das Zauneidechsenmännchen genießt die Ruhe im Garten.
Das Zauneidechsenmännchen genießt die Ruhe im Garten. | Bild: Nicole Hansen

Jeder hat so seine Tricks

Während die Kleingärtner durch ihre jeweiligen „Oasen“ führen, werden eifrig Tipps ausgetauscht. Vom richtigen Ansetzen der Brennnesseljauche bis hin zu Tipps, wie man am besten die Schnecken vom Salat fernhält. Ein Ratschlag: Legen Sie um ihr Beet ein paar Stücke Gurke aus. Oft essen die schleimigen Plagegeister lieber diese, als mühevoll zum Salat zu schlängeln.

Alexander Schall zeigt stolz, was er seit der Übernahme des Gartens alles verändert hat. Im Gemüsebeet wachsen Kartoffeln, Zucchini, Gurke und auch die Tomatenstecklinge deuten auf eine umfängliche Ernte hin. „Das Geld, das man im Supermarkt spart, investiert man hier wieder als Zeit“, stellt der 52-Jährige fest. „Aber es fühlt sich nicht an wie Arbeit, wenn man dabei Spaß hat.“ Sein Rasen ist sauber gemäht und seitlich garniert mit einer Reihe Steinen und allerlei Figürchen. Die einen mögen es penibel, andere eher unberührt. Das steht im Verein der Gartenfreunde jedem frei.