Was haben die evangelische Dekanin Regine Klusmann und der katholische Pfarrer Bernd Walter einander womöglich zu sagen? Diese Frage treibt am vergangenen Montagabend rund 140 Zuhörer in den Theatersaal des Überlinger Augustinums und zur Direktübertragung ins Café des Hauses. Veranstaltet wird das fünfte "Gemischte Doppel" aus der Gesprächsreihe von SÜDKURIER und Wohnstift Augustinum. Auf dem Podium sitzen Regine Klusmann und Bernd Walter in Diskussion mit Moderator Stefan Hilser, Leiter der SÜDKURIER-Lokalredaktion Überlingen.

140 Besucher sind ins Überlinger Augustinum gekommen, um das Gespräch über Gott und die Welt zu verfolgen.
140 Besucher sind ins Überlinger Augustinum gekommen, um das Gespräch über Gott und die Welt zu verfolgen. | Bild: Santini, Jenna

Hilser weist darauf hin, dass sich die Dekanin und der Pfarrer zuvor noch nie länger begegnet seien. Berufung und Beruf will der Moderator und Redaktionsleiter an diesem Abend ergründen, Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden auf die Spur kommen und die Menschen hinter den religiösen Ämtern näher kennenlernen. Die Zuhörer lauschen denn auch gebannt, als Klusmann und Walter Erinnerungen an Familie, Kindheit und Schule preisgeben.

Lebensgeschichten gleichen einander

Gezeigt werden Bilder aus allen wichtigen Lebensphasen der beiden – von der Taufe bis zum Amtsantritt in Überlingen. Für Dekanin Klusmann war das im Jahr 2012, Pfarrer Walter ist erst seit einigen Monaten am Bodensee. Die Lebensgeschichten der Geistlichen sind nicht dieselben, gleichen sich aber in Teilen. Klusmann wuchs in einem evangelischen, Walter in einem katholischen Dorf auf. Damals hatte die Konfession großes Gewicht.

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Protestanten und Katholiken hielten Abstand. Wenn Regine Klusmann ihre Großmutter ärgerte, sagte diese auf Plattdeutsch: "Du machst mich ganz katholisch." Und Bernd Walter wusste nach eigenen Angaben lange nicht, "dass es noch etwas anderes gibt als katholisch". Kontakt hatte er zum ersten Mal in der Grundschule: Einer seiner Klassenkameraden war evangelisch. Klusmann traf in der weiterführenden Schule im Nachbarort erstmals auf einen Katholiken. Die Erzählungen der beiden sorgen im Publikum für Schmunzeln. Viele der älteren Zuhörer können sich selbst erinnern. Doch auch die Ernsthaftigkeit der damaligen Situation wird deutlich. "Wenn's ans Heiraten ging, musste das Gesangsbuch stimmen", sagt Walter.

Da war Regine Klusmann, heute evangelische Dekanin, etwa vier Jahre alt.
Da war Regine Klusmann, heute evangelische Dekanin, etwa vier Jahre alt. | Bild: Archiv Klusmann

Gemischte Beziehungen waren nicht gern gesehen. Im Alltag ging es eher um die Unterschiede denn um irgendwelche Gemeinsamkeiten, die heute in der Ökumene gesucht werden. Gerne würde Klusmann mehr ökumenische Gottesdienste feiern, oder gemeinsam Stellung beziehen zu sozialen und politischen Fragen. "Wir haben die wichtige Aufgabe, als neutraler Wächter für die Schwächeren die Stimme zu erheben", meint die Dekanin. Sie stelle sich vor, dass es da eine Zusammenarbeit geben könne, so Klusmann. Bernd Walter sieht ebenfalls einen Schwerpunkt in der Ökumene, will die "anderen Geschwister ins Boot holen". Für der Stadt Bestes, "man atme dieselbe Luft", erläutert Walter.

Der katholische Pfarrer Bernd Walter vor vielen Jahren bei seiner Einschulung.
Der katholische Pfarrer Bernd Walter vor vielen Jahren bei seiner Einschulung. | Bild: Archiv Walter

Schlüsselwort ist die Ökumene auch, als es um die Frage geht, wie Kirche die Menschen erreichen kann. Klusmann gelangte über die kirchliche Jugendarbeit und ein Praktikum in ihrer Gemeinde in ihren Beruf. Im Alltag von Walter war das Kirchenjahr stets bestimmend. "Die Kirche im Ort war mein Wohnzimmer", berichtet der Pfarrer. Während einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela wurde ihm dann klar, dass er den Weg zum Priesteramt einschlagen will. Ob es Berufung war? Im Hintergrund sei sie mitgelaufen, sagt Walter.

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Heutzutage fühlen sich viele allerdings nicht mehr innerhalb der Kirchenmauern zuhause, können in ihrem Leben keine Religion gebrauchen. Moderator Stefan Hilser möchte wissen, wie die großen Kirchengemeinden diese Menschen für sich gewinnen möchten. Pfarrer Walter erklärt dazu: "Christentum ist nichts für die Masse", sondern eine persönliche Beziehung und die müsse wachsen. Walter als auch Klusmann sehen Chancen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie in einem offenen Umgang mit dem Glauben im Allgemeinen.

Klusmann: Die Bedürfnisse der Zeit erkennen

Klusmann rät: Die Bedürfnisse der Zeit erkennen, "nicht nur warten, dass die Menschen zu uns kommen". Ihre Gemeinde möchte den Jugendlichen mehr Raum in den Gottesdiensten geben und sich besser mit den Schulen verzahnen, nennt sie zwei Beispiele. "Zugehpastoral" nennt es Pfarrer Walter: einerseits die Kirchentüren öffnen, andererseits immer ansprechbar sein. Walter: "Dass man einfach mal über Gott und die Welt spricht, wie wir es heute tun."

Musikalische Begleitung gibt es bei diesem "Gemischten Doppel" von Friedlinde Engesser an der Drehorgel – unter anderem mit dem Lied ...
Musikalische Begleitung gibt es bei diesem "Gemischten Doppel" von Friedlinde Engesser an der Drehorgel – unter anderem mit dem Lied "Die Fischerin vom Bodensee". | Bild: Santini, Jenna