Rückblick: Der Überlinger Gemeinderat Walter Sorms von LBU/Die Grünen und die Deisendorfer Ortsvorsteherin Karin Müller fuhren im Oktober 2019, wie Sorms sagt, „ganz eigenmächtig und ohne Mandat“, ins schweizerische Zug. Sie wollten dort die „ominösen Investoren“, damit meint Sorms die Käufer der „Löwen“-Immobilie, die das Areal mit großen Häusern bebauen wollten, einmal kennen lernen.
Grund des Besuchs war der „große Drang“, den „Löwen“ als Dorfmittelpunkt und Dorfgemeinschaftshaus doch noch zu retten, so Sorms weiter. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es laut Sorms noch keinen Kontakt der Überlinger Verwaltung mit den neuen Eigentümern. „Uns brannte diese Sache aber derart unter den Nägeln, dass wir handeln wollten“, erklärt der Stadtrat.
Auf dem „Löwen“-Grundstück wollte die Schweizer BBG-Investmentgruppe einige große Häuser bauen. Die Idee von Müller und Sorms war es, den Investoren das flächengleiche Grundstück des Deisendorfer Bolzplatzes als Tausch für den „Löwen“ anzubieten. Groß wäre ihre Überraschung gewesen, wie kooperativ sich die „Schweizer Chefs“ der Investmentgruppe zeigten, die sofort zum Tausch bereit gewesen seien, erinnert Sorms.

Gegen dieses Tauschgeschäft regte sich jedoch dann Widerstand aus der Nachbarschaft des Bolzplatzes. Hauptargumente gegen den Grundstückstausch waren, „das Dorf nicht vor der Reise in die Schweiz gefragt“ zu haben, der Wegfall des Bolzplatzes für die Deisendorfer Jugend, und die vermutete Größe der geplanten neuen Häuser, sagt der Stadtrat.
Deswegen organisierte er zusammen mit Karin Müller und dem Deisendorfer Ortschaftsrat eine Bürgerversammlung im März dieses Jahres. Ziel war es, einen gemeinsamen Wissensstand der Verhandlungen zum Grundstückstausch, und darauf basierend Einigkeit im weiteren Vorgehen zu erlangen, so Sorms.
Sorms: Eigentlich eine Sternstunde
In der Versammlung unter Teilnahme des Überlinger Baubürgermeisters Matthias Längin konnten dann an diesem Abend alle Probleme gelöst werden, sagt der Überlinger Stadtrat dazu. Es gab tatsächlich zwei alternative Standorte für einen Bolzplatz. „Die erzielten Lösungen und der Prozess dahin waren eine Sternstunde für mich“, ergänzt der grüne Politiker.
Trotz dieser erzielten Einigkeit, so Walter Sorms, hielt Überlingens Oberbürgermeister Jan Zeitler dann aber an seinem ursprünglichen Plan aus dem Januar 2020 fest, den Schweizer Investoren im Tausch zum „Löwen“ das Baugrundstück „Torkel“ in Bambergen anzubieten.
Der Überlinger Gemeinderat entschied nicht öffentlich im Frühsommer, dem Vorschlag Zeitlers einstimmig, also auch mit Sorms Stimme, zu folgen. Wobei Zeitler im Oktober gegenüber dem SÜDKURIER betonte, dass das Tauschgeschäft noch nicht vollzogen sei, der Rat ihn lediglich zu Verhandlungen ermächtigt habe.
Doch folgert Walter Sorms aus heutiger Sicht, dass mit Zustimmung des Gemeinderats die Stadt den Unstimmigkeiten Deisendorfs entging, „mit der Folge, die Bamberger Bevölkerung gar nicht erst zu fragen“.
Zu diesem Wiederspruch und seiner Stimme zugunsten des Bamberger Baugebiets äußert sich Stadtrat und Stimmenkönig Walter Sorms wie folgt: „Auch ich habe dem Beschlussvorschlag zugestimmt, weil ich erstens nicht wollte, dass wir durch eine erneute Debatte den Deisendorfer ‚Löwen‘ möglicherweise wieder verlieren, und zweitens Herrn Zeitler auch dankbar für seinen Einsatz bin. Das Gebiet ‚Torkel‘ in Bambergen wäre in jedem Fall bebaut worden. Ich werde meine Kreativität einbringen, dass die unterschiedlichen Wohnbedürfnisse in Bambergen ihren Platz finden. Nicht zuletzt auch die alternativen Wohnformen wie beispielsweise Tiny-Häuser (Minihäuser)“.
Sorms Kritik an Geheimhaltung
Da die Veröffentlichung von nichtöffentlichen Beratungen im Gemeinderat dem Oberbürgermeister obliegt, seien den Räten die Hände gebunden gewesen, öffentlich Themen wie dieses zu diskutieren, so Sorms. Dadurch entstünde in der Bevölkerung zu recht der Eindruck einer mangelnden Transparenz, sagt Walter Sorms, der sich nach eigenen Worten zunehmend Gedanken über diese Entwicklung mache.
Der Stadtrat sieht keine Begründung für das lange andauernde Geheimhalten, da dieses in diesem Fall, wie vielen weiteren Fällen, auch gar nicht notwendig sei. „Warum kann unsere Verwaltung nicht endlich die Voraussetzung dafür schaffen, dass wir als Gemeinderat und Verwaltung solche Dinge rechtzeitig und ganz offen mit unseren Mitmenschen kommunizieren können?“
Weiter sagt er: „Der Bürger muss doch so den Eindruck gewinnen, wir Gemeinderäte ducken uns weg. Wie kommen wir aus dieser antidemokratischen Falle wieder heraus und verändern diese Praxis?“ Sorms: „Ich möchte nicht, dass wir in der Stadtpolitik so weiterleben müssen.“