Vor einigen Tagen hing ein Zettel an der Bauzaunabsperrung um den Mantelkopf: „Ist hier die 1-Tage-Woche?“, hatte ein Witzbold darauf geschrieben. Offenbar ist manch einem schon aufgefallen, dass an der Mauer des Mantelhafens, die seit März saniert wird, eher unregelmäßig gearbeitet wird, oft tagelang gar nicht. Und auch Boulespieler, Spaziergänger und Liegeplatzinhaber könnten sich ungeduldig fragen, ob die Sanierung wie geplant bis Herbst abgeschlossen sein wird.

Man sei eigentlich ganz gut im Zeitplan gewesen, sagt Bauleiter Hansjörg Stepper vom Leonberger Ingenieurbüro Wolfsholz – und mit der eigentlichen Mauer auch schon „ziemlich weit“. Hier werden Hohlräume gefüllt und loses Mauerwerk verpresst. Dass manchmal unregelmäßig gearbeitet wurde, hatte vor allem arbeitstechnische Gründe, so der Bauleiter. Auch das Hochwasser im Frühsommer hatte man offenbar gut bewältigt.

Mai 2024: Die historische Mauer wurde zunächst freigelegt, um Schwachstellen zu stabilisieren. (Archivbild)
Mai 2024: Die historische Mauer wurde zunächst freigelegt, um Schwachstellen zu stabilisieren. (Archivbild) | Bild: Jürgen Baltes

Krebserregendes Baumaterial gefunden

Doch nun scheinen die Arbeiten tatsächlich etwas ins Stocken zu geraten. Denn in Bitumenbahnen an der Rückseite der Mauer wurde Asbest entdeckt, wie die Stadt bestätigt. Im Rahmen der Beprobung des Aushubs sei dies festgestellt worden, heißt es.

Die Bitumenplatten wurden offenbar bei einer vorherigen Sanierung vor Jahrzehnten an der Rückseite der Mauer angebracht. Und da Asbest als krebserregend gilt, gelten hier strenge Arbeitsschutzvorschriften. Erst vergangenes Jahr hatte die EU die Grenzwerte verschärft. So müssen nun entlang der Mauer umfangreiche Proben genommen und analysiert werden.

Asbest darf seit 2005 in der EU nicht mehr verwendet werden, ist aber noch in älteren Gebäuden verbaut. Wie aus einem Bericht der Europäischen Kommission hervorgeht, stehen fast acht von zehn der in den EU-Staaten anerkannten berufsbedingten Krebserkrankungen im Zusammenhang mit dem Material. Werden Asbestfasern etwa bei Renovierungen freigesetzt und eingeatmet, könne dies beispielsweise Lungenkrebs verursachen. Erste Krankheitsanzeichen treten meist erst etwa 30 Jahre nach der Exposition auf, so die EU-Kommission.

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Stadt berät über Schutzmaßnahmen

Voraussichtlich werde der Fund zu Verzögerungen im Bauablauf führen, heißt es denn auch vonseiten der Stadt. Derzeit stimme man sich eng mit dem Landratsamt Bodenseekreis sowie Fachleuten ab, um das weitere Vorgehen festzulegen. Dabei gehe es „insbesondere um die Frage, unter welchen Schutzmaßnahmen die Arbeiten fortgesetzt werden können“.

Derweil arbeitet das Ingenieurbüro Wolfsholz dort weiter, wo es gefahrlos möglich ist. Nach der eigentlichen Mauersanierung sollen an der Rückseite Betonkeile gesetzt werden. Das sei auch im Winter möglich, sagt Bauleiter Stepper. Er ist optimistisch, dass sich die Verzögerungen in Grenzen halten.

Vermutlich wird der Bau durch den zusätzlichen Aufwand aber auch teurer. Veranschlagt waren ursprünglich 866.000 Euro. Die Zusatzkosten durch den Asbestfund könne man noch nicht beziffern, so die Stadt. Teilweise würden sie jedoch durch die Städtebauförderung abgedeckt.