Die vier älteren Damen mit prächtigen Hauben auf dem weißen Haar sind eine Art Sinnbild für das, was heute gefeiert wird. Sie beobachten von einer Bank am Fenster des Ratssaals, wie sich der Raum anlässlich der Vernissage der Ausstellung des 100-jährigen Jubiläums des Überlinger Trachtenbunds immer mehr mit Gästen füllt. Die vier dürften diejenigen sein, die am meisten von dem, was im Foyer mit zahlreichen Fotos und erläuternden Texten präsentiert wird, erlebt haben. Marianne Zugmantel berichtet stolz, dass sie mit 90 Jahren die älteste Trachtenfrau ist. Ihre Nachbarin Brigitte Heinzle ist 1950 eingetreten und kommt damit auf die meisten Mitgliedsjahre.

Einblick in Zeitgeschichte
Die Ausstellung im Foyer ist nur ein Programmpunkt im Rahmen der Feierlichkeiten, die das Team um Trachtenmutter Renate Lohr akribisch geplant hat. Die Tafeln präsentieren historische sowie künstlerisch anspruchsvolle Bilder und liefern so zeitgeschichtliche Einblicke und Hintergründe.
Ein Kulturgut in Überlingen
„Wa mir scho alles verlebt hond…“ lautet der Titel der Ausstellung, der Oberbürgermeister Zeitler bei seiner Begrüßung etwas holprig über die Lippen kommt. Er würdigt den Verein „als wichtiges Stück unserer Kultur“. Jan Zeitler dankt den Trachtenfrauen, dass sie offiziellen Anlässen stets einen „feierlichen Anklang“ verleihen. „Sie sind ein lebendiger Ausdruck unserer Stadtgeschichte und ein Zeichen der Verbundenheit und Identität“, so der OB weiter.

Trachtenmutter Renate Lohr freut sich über die zahlreichen Gäste und den „tollen Raum“, den die Stadt für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. In den letzten 100 Jahren wäre nicht alles dokumentiert worden aber sie hätten alles genutzt, was sie auftreiben konnten, dank vieler Fotoalben der Mitgliedsfrauen. Der Aufforderung des Bürgermeisters einige Anekdoten preiszugeben kommt sie nicht nach, die könne jeder auf den Tafeln nachlesen, sagt sie und liefert einen weiteren Grund, sich die Ausstellung anzusehen.
Heute servieren die Männer
Bevor es zu einer Premiere in Sachen Service kommt, setzt sich Musikerin Claudia Pohel noch einmal an die Harfe. Sie hat für die Vernissage eigens Lieder für die Trachtenfrauen geschrieben und untermalt musikalisch ein Novum: Jan Zeitler hat alle Männer im Raum aufgefordert, heute das Servieren der Getränke zu übernehmen. Eine Rolle, die sonst die Trachtenfrauen übernehmen. Das gefällt auch den vier Damen auf dem Bänkchen, die sich gerne ein Gläschen Wein einschenken lassen.
Die Ausstellung „Wa mir scho alles verlebt hond…“ ist noch bis zum 18.07.2024 im Rathaus Foyer zu sehen.