Draußen knallt das Sommerlicht gegen die Scheiben, drinnen ist es stockdunkel. Die Gläser sind verhangen, die Gewerbefläche leer, die Wohnungen in den oberen Stockwerken seit Jahren nicht mehr bewohnbar. Seit dem Brand im Frühjahr 2014 ist das Haus in der Jakob-Kessenring-Straße 27 ungenutzt. Am 11. März des Jahres brach dort ein Feuer aus. Dutzende Einsatzkräfte löschten den Brand, acht Bewohner wurden mit Verdacht auf Rauchgasvergiftungen ins Krankenhaus gebracht. Viele von ihnen waren danach vorübergehend obdachlos.
Verantwortlicher bis heute nicht gefunden
Nach dem Einsatz begann die verantwortliche Kriminalpolizei Ermittlungen und konnte einen Verdächtigen ermitteln, wie Andreas Mathy, Erster Staatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz, auf SÜDKURIER-Anfrage sagt. Im August 2016 erhob sie Anklage. „Wenn eine Anklage erhoben wird, heißt dies aber noch nicht, dass auch ein Prozess folgt“, erklärt er. So war es nämlich in diesem Fall. Das Landgericht Konstanz lehnte ein Hauptverfahren im September 2016 aufgrund mangelnder Beweise ab. Fest steht bis heute also, dass es Brandstiftung war. Einem Verdächtigen oder Täter konnte dies aber nicht zur Last gelegt werden.
Einzelhändler befürchten nächste Baustelle
Dieses Ereignis ist als „Dönerladen-Brand“ in die jüngere Überlinger Geschichte eingegangen, denn im Erdgeschoss befand sich ein solcher Imbiss. Seit diesem Tag und den anschließenden Ermittlungen hat sich – zumindest von außen betrachtet – nicht viel am Gebäude getan. Unter den Gewerbetreibenden in der nun frisch gepflasterten Jakob-Kessenring-Straße gilt das Haus als „Schandfleck“, wie Einzelne in der Vergangenheit gegenüber dem SÜDKURIER sagten.
Einige Einzelhändler befürchten, dass hier bald gebaut werden könnte und die nächste zähe Phase von Straßensperrungen und Bauarbeiten anstehen könnte. Von Sommer 2023 bis ins Frühjahr 2024 war hier der Belag erneuert und anschließend eine verkehrsberuhigte Zone mit Pollern eingeführt worden. Bei den Händlern führten die Baumaßnahmen zu Umsatzrückgängen und die veränderte Verkehrssituation teilweise zu Unmut.
Bodenrichtwert fast verdoppelt
Während sich um das Gebäude herum die Straße verändert hat, stiegen auch die Grundstückspreise. Seit dem Brand hat sich der Bodenrichtwert in der Jakob-Kessenring-Straße fast verdoppelt, wie die Angaben des Gutachterausschusses Überlinger See zeigen. Ende 2014 lag dieser bei 650 Euro pro Quadratmeter, Ende 2023 bereits bei 1150 Euro. Bodenrichtwerte sind zwar keine Grundstückspreise, bieten aber einen Anhaltspunkt für die Einschätzung des Grundstückswerts. Sie basieren auf Grundstücksverträgen aus der Vergangenheit am jeweiligen Ort. Diese beziehen sich jedoch nur auf den Boden, nicht auf die Immobilie, die darauf steht.
Was sagt der Eigentümer des Hauses?
Nurettin Daş ist der Eigentümer des Hauses. Er berichtet davon, dass das Gebäude bald zum Verkauf stehen wird. Das von ihm beauftragte Überlinger Büro von Engel & Völkers habe die Immobilie auf einen Preis von rund 950.000 Euro geschätzt, sagt er. Noch sei kein Inserat veröffentlicht, das soll sich aber ändern. „Bald wird auf der Scheibe auch ein Aufkleber sein und darauf aufmerksam machen“, sagt er.
Dass sich so lange nichts an dem Gebäude getan habe, begründet er nicht mit Spekulationsleerstand, sondern mit den langen Ermittlungen und einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen ihm und der Versicherung. „Dieser Rechtsstreit wurde erst im Januar 2024 beendet.“
Der entstandene Schaden habe nach dem Brand bei etwa 700.000 Euro gelegen, von der Versicherung bekam er nur einen Bruchteil zurück, sagt er. Zwar habe er eine gültige Sanierungs- und Baugenehmigung der Stadt Überlingen, die möglichen Baukosten seien ihm aber zu hoch. Einen Kredit wolle der Pensionär auch nicht aufnehmen. „Aus diesem Grund will ich lieber verkaufen“, sagt er.
Immobilie in bester Lage
Das mittlerweile entkernte Haus hat eine Gesamtfläche von 450 Quadratmetern auf vier Stockwerken. Im Erdgeschoss ist eine Fläche für gastronomische Betriebe. Darüber sind drei Wohneinheiten mit bis zu 110 Quadratmetern Fläche – und das alles in bester Innenstadtlage. „Seit dem Brand ist die Straße auch noch attraktiver geworden, mehr Platz für Fußgänger und gemütlicher‚. In der Vergangenheit habe es bereits Interessenten gegeben, zu einem Verkauf sei es aber nicht gekommen, sagt Daş.