Im langen Buch über die fast 120-jährige Geschichte des Radolfzeller Krankenhauses wird nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der Radolfzeller Spitalfonds, der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) und die Fördergesellschaft Hegau-Bodensee-Klinikum (HBK) haben eine Kompromisslösung vorgestellt, wie mit dem Gebäude des ehemaligen Krankenhauses auf der Mettnau weiter zu verfahren ist.
Das leer stehende Gebäude wird an den Spitalfonds zurück übergeben. Die Kosten für den Abbruch des Großteils des Gebäudekomplexes möchte man sich zwischen Spitalfonds und GLKN beziehungsweise dem Landkreis Konstanz teilen. Ein Gutachten hatte aktuell einen Kostenrahmen für den Rückbau von mindestens 3,5 Millionen Euro ermittelt. Und letztlich wird Radolfzell aus dem HBK austreten. Der HBK wird das Grundstück lastenfrei übergeben.
Bei einem gemeinsamen Pressetermin stellten der Radolfzeller Oberbürgermeister Simon Gröger, Landrat Zeno Danner, in der Funktion auch Aufsichtsratsvorsitzender des GLKN, und der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler als Gesellschafter der Fördergesellschaft HBK, die Eckdaten für die Abwicklung des Krankenhauses aus dem Gesundheitsverbund vor. Betont wurde dabei das komplexe Verfahren, die unterschiedlichen Standpunkte und Sichtweisen sowie die anspruchsvolle juristische Lage.
Kompromiss ist die Alternative zum jahrelangen Rechtsstreit

Besonderen Wert legten sie auf den atmosphärischen Teil der persönlichen Arbeitsbeziehungen, der trotz der harten Verhandlungen nicht gelitten habe. „Wir können auch weiterhin gut zusammenarbeiten“, befand Landrat Zeno Danner. OB Häusler betonte die guten Absichten, mit denen alle in diesen schwierigen Prozess gestartet seien: „Die Fördergesellschaft möchte Radolfzell nicht benachteiligen.“ Die Alternative zu diesem Kompromiss wäre vermutlich ein langer Rechtsstreit gewesen, den alle abwenden wollten. „Jeder hier hätte die Option gehabt, diesen Prozess jahrelang in die Länge zu ziehen“, so Gröger.

Die Ausgangslage stellte sich wie folgt dar: Vor fast zwei Jahren wurde das Radolfzeller Krankenhaus, betrieben durch den GLKN, geschlossen. Das Grundstück auf der Mettnau gehört dem Radolfzeller Spitalfonds, es wurde 2003 in Erbpacht an den HBK übergeben. Das Krankenhausgebäude ist zur Nutzung dem GLKN überlassen worden. Nach der Schließung haben weder Krankenhaus noch Krankenhaus-Grundstück einen weiteren Nutzen für den GLKN. Doch forderte der Spitalfonds bei der Rückabwicklung des Gebäudes eine Kompensation. Denn über viele Jahre sind notwendige Modernisierungen und Instandhaltungsmaßnahmen am Klinikgebäude durch den GLKN versäumt worden – entgegen einer vertraglich vereinbarten Instandhaltungsklausel. Forderungen, die man sowohl beim HBK als auch dem GLKN so erst einmal nicht akzeptieren wollte. „Wir treffen uns in der Mitte und halbe-halbe“, fasste Danner den Kompromiss zusammen.

Schadstoffbelastung im Gebäude ist hoch
Um das Grundstück und Teile des Gebäudes überhaupt wieder irgendwie nutzbar zu machen, müssen aufwendige Rückbaumaßnahmen durchgeführt werden. Der aktuelle Plan sieht vor, das Krankenhaus bis auf den historischen Teil von 1906 zurückzubauen. Erhalten werden soll auch der Bettentrakt. Der Rest muss weg. Und das ist laut OB Gröger kompliziert und teuer, denn die Schadstoffbelastung im Gebäude sei hoch. Die aktuell im Raum stehenden Kosten von 3,5 Millionen Euro will man sich zwischen Radolfzell und GLKN aufteilen. Doch ist der Betrag, der aus dem Landkreis kommen wird, auf 2 Millionen Euro gedeckelt. Man wolle sich um Fördermittel aus dem Krankenhausstrukturfonds bemühen.
Der Spitalfonds selbst hat nach dem Neubau des Pflegeheims für die Beteiligung an den Rückbaukosten kein Geld. Schon für den Bau des Pflegeheims musste die Stadt einspringen und 1,7 Millionen zuschießen. Die finale Rechnung steht ohnehin noch aus. Nun muss die Stadt wieder finanziell aushelfen und die mindestens 1,75 Millionen Euro beisteuern. Für eine weitere Entwicklung des Grundstücks und der Gebäudereste plant Gröger einen Investor ins Boot zu holen. Für die Stadt selbst sei das Projekt zu groß. Ob das Gebäude laut dem Stiftungsgedanken auch weiterhin einer medizinischen Nutzung zugeführt werden kann, sei laut Gröger „wünschenswert“. Aber: „Wohnungsbau wird in dem Bereich eine Rolle spielen.“ Er plane aber die Einbeziehung der Bürgerschaft für die Projektentwicklung.