Die Bürger werden an der Entwicklung des Quartiers rund um die Zimmerwiese in Überlingen über eine Arbeitsgruppe beteiligt und können dort wichtige Gesichtspunkte einbringen. Was die unmittelbare Planung des Hotels an der Schlachthausstraße angeht, werden sie allerdings kein direktes Mitspracherecht haben. Hier können sie ihre Anliegen lediglich über den Gemeinderat einfließen lassen.
Rund 280 Bürger unterstützen Antrag auf Beteiligung
Dies ist das Ergebnis der aktuellen Beratungen und der Kompromiss, dem der Gemeinderat jetzt mit großer Mehrheit zustimmte. Vorausgegangen war der von Holger Schappeler vorgetragene und begründete Einwohnerantrag, in dem der Standort für ein Hotel grundsätzlich, aber auch die Dimensionen in Frage gestellt werden. Hier wollten die rund 280 Unterstützer des Antrags gern stärker beteiligt werden.
Einwohner sehen durch Verkehr Gefahr für Schulwege
Schappeler wies unter anderem auf die Folgen des zu erwartenden Verkehrs hin, insbesondere für die Schulwege. Der Gemeinderat nahm den Antrag zur Kenntnis und sicherte damit zugleich zu, die Anregungen in die Entscheidungen einfließen zu lassen. Wobei sich die große Mehrheit explizit zu dem Hotelstandort bekannte.
Die Bürger seien bei dieser Wahl im Grunde über die Arbeitsgruppen zur Aufstellung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (Isek) in den Jahren 2015 und 2016 beteiligt gewesen, erklärte Fachbereichsleiter Stefan Krause. Damals sei die Schlachthausstraße an der Zimmerwiese dezidiert als möglicher Standort für ein Hotel vorgeschlagen worden.
Verschiedene Gutachten zeigten grundsätzlichen Bedarf für Hotel
Dass es ganz grundsätzlich einen Bedarf gebe, hätten verschiedene Gutachten zur touristischen Entwicklung mehrfach gezeigt. Wie groß ein Hotel werde, müsse der Betreiber unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen selbst entscheiden können.

Bei Beschlüssen zu Konzept und Investoren gehe es überdies um schutzwürdige Interessen der Hotel-Betreiber. Diese müssten ihre Bilanzen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorlegen, was nur nichtöffentlich vor den Gremien des Gemeinderats erfolgen könne. „Kein Investor der Welt wird bereit sein, diese Zahlen öffentlich auf den Tisch zu legen“, betonte Krause. Zudem müsse man diesem auch eine gewisse Gestaltungsfreiheit zubilligen.
Oberbürgermeister Jan Zeitler bekräftigte, dass sich die Hotelprojektgruppe ganz intensiv mit dem Standort beschäftigt und diesen befürwortet habe. In der Tat müsse man sich allerdings intensiv Gedanken über die Schulwege machen, griff er eine Anregung von Holger Schappeler direkt auf.
LBU/Grüne stellen Antrag auf zeitgleiche Debatte um Quartierentwicklung Hotelprojekt
Wie Bürgerbeteiligung bei städtischen Projekten gestaltet werden könne, hänge vom jeweiligen Projekt und den Rahmenbedingungen ab, erklärte Ulf Janicke für die Fraktion LBU/Grüne. Diese hatte einen Antrag auf eine zeitgleiche Beratung der Quartierentwicklung gestellt. Hier sollen die Bürger ebenfalls mitbeteiligt werden. Allerdings habe sich der Gemeinderat und seine Fraktion aus guten Gründen für das Hotelprojekt ausgesprochen.
Hotelprojekt auf Grundstück in Erbpacht bringt dringend notwendige Erträge
Viele Ideen hätten für diesen Standort schon die Runde gemacht, doch für ein städtisches Vorhaben an dieser Stelle fehle vor dem Hintergrund der aktuell schon begonnenen Projekte schlichtweg das Geld. Ein Grundstück in Erbpacht an einen Hotelinvestor zu vergeben, bringe dagegen nachhaltig dringend notwendige Erträge. Unmittelbar für die Stadt und indirekt für Einzelhandel und Gastronomie. Janicke: „Der Standort ist geeignet, die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln könnte nicht besser sein.“
Dirk Diestel (BÜB+) kritisiert fehlende Bürgerbeteiligung
Die Aussagen aus den Arbeitsgruppen zum Stadtentwicklungskonzept wollte Stadtrat Dirk Diestel (BÜB+) nicht als Bürgerbeteiligung akzeptieren. Damals sei die Zimmerwiese lediglich als ein möglicher Standort aufgeführt worden.
Günter Hornstein (CDU) kontert Kritik mit Hinweis auf einst lange Liste möglicher Standorte
Auf die lange Suche wies Günter Hornstein (CDU) hin. „Wir haben einmal mit einer Liste von 24 möglichen Standorten begonnen“, erinnerte Hornstein. Davon seien am Ende nur ganz wenige übrig geblieben. Dass der geplante Standort der richtige sei, beweise nicht zuletzt die Zahl der soliden Bewerber. „Ärgerlich“ nannte er, dass Diestel zuvor eine Verbindung zu dem Projekt „Fünf Mühlen“ am Bahnübergang Ost als abschreckendes Beispiel hergestellt habe. Dies mit der Hotelplanung zu vergleichen, sei unredlich, da die Rahmenbedingungen völlig andere seien.
Udo Pursche (SPD) sieht wachsenden Bedarf an Hotelbetten
Auch Stadtrat Udo Pursche (SPD) verwies auf das Isek als gewisse Bürgerbeteiligung. Durch die Corona-Pandemie sah er die „deutsche Destination“ bei Urlaubern gestärkt und damit wachsenden Bedarf an Hotelbetten. Vor allem erkannte er in der Strategie, das Grundstück über das Erbbaurecht zu vergeben, eine „fast einmalige Chance“ für die Stadt.
Lothar Thum (ÜfA/FWV) weist auf Bedarf für Kapital durch Erbpacht hin, um Wünsche der Bürger zu erfüllen
Auch Lothar Thum (ÜfA/FWV) bekannte sich für seine Fraktion zu dem Standort und dem Vorhaben. „Die Stadt muss auch auf irgendeine Weise Kapital generieren“, erklärte Thum, „erst dann kann sie Wünsche der Bürger erfüllen.“ Zudem erinnerte er an ein Gutachten der Universität St. Gallen aus dem vorvergangenen Jahrzehnt. Damals sei ein Bedarf von zwei bis drei Hotels für den wachsenden Tourismus konstatiert worden. Davon sei bislang noch keines gebaut.