Mehrere Initiativen von Bürgern ließen an fünf Standorten in der Stadt große rote Ballons steigen, um die Dimensionen von konkreten Bauvorhaben oder bloßen Entwürfen sichtbar zu machen – von der Solarthermieanlage unterhalb von Aufkirch bis zum Schlosspark an der Rauensteinstraße.

Die Höhe der roten Punkte war zwar über die Länge der Schnüre nach vorliegenden Planungen oder auch nur Ideenskizzen möglichst genau bemessen, einen Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit erhob das Experiment indes nicht, das der Ingenieur Eric Hueber und der Architekt Thomas Pross initiiert hatten. Die beiden Bewohner der Fischerhäuservorstadt engagieren sich seit Langem für eine moderate, der historischen Bebauung angemessenen Entwicklung ihres Stadtquartiers.
Schnell mit im Boot waren bei der Umsetzung der Idee weitere Bürger, die sich jeweils kritisch mit den einzelnen Bauvorhaben auseinandersetzen. So Joachim Betten und Annemarie Marocco-König vom Verein „Bürgersinn“ am Heizwerk an der B 31, dann Norbert Ehmke und Peter Keinrath vom Schättlisberg am Grundstück der geplanten Laserklinik, ebenso Holger und Udo Schappeler am Hotelstandort Zimmerwiese sowie Agnes und Detlef Röse am Rauensteinpark.

Grafische Pläne zeigen die Wirkung
eines künftigen Bauwerks oft nur begrenzt
Beim Blick auf grafische Ansichten – seien sie zweidimensional, dreidimensional oder gar animiert und drehbar – lassen sich die späteren Folgen und die Wirkungen eines Bauwerks oder eines Bebauungsplanes auf das bestehende Umfeld oft nur sehr begrenzt abschätzen. Vor allem, wenn die Betrachter nur wenig Erfahrung mit Plänen haben, führen die Kritiker ins Feld. Indes hängen die fotografischen Eindrücke der Ballonpositionen naturgemäß stark von Blickwinkel und Perspektive des Betrachters ab. Dennoch vermittelten die schwebenden Eckpunkte zumindest eine etwas bessere Vorstellung von den Konsequenzen eines geplanten Vorhabens als ein Blatt Papier.

Mehr Transparenz vermitteln könnten bei kritischen Vorhaben in einer sensiblen Landschaft oder historischen Stadtumgebung Stangengerüste, welche die Abmessungen eines geplanten Gebäudes mit hölzernen Stangen und Brettern exakt darstellen. In Österreich und der Schweiz ist dies bei kritischen Vorhaben seit langem üblich und verpflichtend. Aus diesem Grund hatte der Schättlisberg-Anwohner Norbert Ehmke schon vor einigen Wochen eine Online-Petition zur Einführung solcher Stangengerüste in Baden-Württemberg gestartet.
Stadt lehnte Forderungen nach Stangengerüsten mehrfach ab
In Überlingen war die Forderung nach Stangengerüsten zuletzt mehrfach abgelehnt worden – auch mit Mehrheiten des Gemeinderats. Da hier oft Kostengründe ins Feld geführt worden waren, sollte die Ballonaktion der Initiativen auch demonstrieren: Wo ein Wille ist, kann man auch preiswerter mehr Transparenz herstellen. Mit ein paar großen Ballons, einer Flasche Helium und einigen Metern Schnur.

Pross und Hueber fühlen sich von der Verwaltung nicht ernst genommen
„Das sollte eine symbolische Aktion und ein Signal sein“, betonen Ingenieur Eric Hueber und Architekt Thomas Pross, die sich auch nach mehreren Gesprächen mit der Verwaltung in ihrem eigentlichen Anliegen noch immer nicht Ernst genommen fühlen. Die Erstellung eines städtebaulichen Modells für die Fischerhäuservorstadt war aus Kostengründen abgelehnt worden, eine Beteiligung der Bürger an den Kosten war allerdings auch nicht erwünscht. Briefe an Stadträte mit der Bitte um Beantwortung seien teilweise nicht einmal beantwortet worden. Die roten Punkte über den Dächern wollten die Initiativen nun als Ausrufezeichen verstanden wissen.