Der Stellenwert und die Systemrelevanz der Kultur wurden in den vergangenen Monaten oft thematisiert. Nach harten Einschnitten durch die Pandemie waren es nicht zuletzt die vielen Veranstaltungen auf der Landesgartenschau, die Überlingen in einem ganz neuen Licht erscheinen ließen.
Im Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales ging es nun darum, was die Kultur in den nächsten beiden Jahren kosten darf. Michael Brunner stellte dort die Planung für den Doppelhaushalt vor. „Das ist der kleinste Etat seit etwa 30 Jahren“, betonte der Leiter der Abteilung Kultur. Zurzeit sind alle Fachbereiche wegen der angespannten Haushaltslage zum Sparen aufgerufen.
Fachliche Anfragen an Leopold-Sophien-Bibliothek bleiben liegen
Bereits im vergangenen Jahr hatte Brunner einen abgespeckten Haushalt, nicht zuletzt wegen der vielen ausgefallenen Veranstaltungen, vorgelegt. Bei der Vorstellung der verschiedenen Bereiche kamen auch solche vor, die immer schon mit wenig Geld auskommen mussten. Da ist zum Beispiel die Leopold-Sophien-Bibliothek, für deren Betreuung die angestellte wissenschaftliche Bibliothekarin vier Stunden in der Woche zur Verfügung hat. Damit könnten sie das große Interesse der Fachwelt an der Sammlung nicht befriedigen. „Bei mir stapeln sich die Anfragen von Wissenschaftlern“, so Brunner.

Chronik zum 1250-jährigen Stadtjubiläum bis 2023
Mehrkosten muss Brunner für das Museum durch die „einmalige und notwendige Übersiedlung des „Fähnle-Bilddepots“ dorthin einplanen. Ansonsten bliebe man unter den Kosten der Vorjahre. Zu den größten Haushaltsposten gehört mit 75 000 Euro die Produktion der Chronik anlässlich des 1250. Stadtjubiläums. Hier ist das Stadtarchiv federführend. Das Buch soll zum Abschluss der Jubiläumsfeiern im Herbst 2023 fertiggestellt sein und dann für Einnahmen sorgen.
Die Vergabe und Höhe der Zuschüsse für das Sommertheater hatte der Gemeinderat bereits im Juni beschlossen. Die vom Gremium ausgewählte Bühne gGmbH kommt vorerst nur im Jahr 2022 zum Zuge, da im darauffolgenden Jahr die Kapuzinerkirche saniert wird.
Werte aus dem Corona-Jahr können kein Maßstab sein
Die Kosten für Ausstellungen seien im Corona-Jahr drastisch gesunken, so Brunner. Er mahnte an, diese Werte nicht als Maßstab für die Zukunft zu nehmen. Eine derartige Einsparung würde „einen deutlichen Verlust bei der Sommerausstellung und die Streichung von Begleitveranstaltungen“ bedeuten.
Nach dem Bericht würdigte Günter Hornstein (CDU) die Arbeit des Abteilungsleiters Kultur. „Sie haben den Sparzwängen Rechnung getragen und trotzdem ein Kulturangebot geschaffen, dass sich sehen lassen kann.“
Auf die Nachfrage von Ulf Janicke (LBU/Grüne), ob es beispielsweise bei den Eintrittspreisen für Ausstellungen Potenzial für mehr Einnahmen gebe, winkte Brunner ab. Für regionale Ausstellungen sei der symbolische Preis von 1 Euro gerechtfertigt und ansonsten liege man bereits an der oberen Grenze. Er zog einen Vergleich mit anderen Kommunen, wo es kostenfreie Tage der Museen gebe. In Stockach wäre sogar der Etat aufgestockt worden und auch in Meersburg würde nicht bei der Kultur gespart.

Udo Pursche erinnert an die Gründe, Ausstellungsmacher Brunner zu holen
Udo Pursche (SPD) erinnerte daran, dass man Dr. Brunner einst wegen seiner „guten Ausstellungen, die bundesweit Beachtung fanden“, abgeworben habe. „Heute haben wir ein Programm, dass sich mit Stockach vergleichen lassen muss. Wir sollten den Etat für die Kultur anheben“, so Pursche. Daraufhin entgegnete Lisa Keller, Leiterin der Kämmerei, dass der Etat aufgestockt wurde, wenn man die neuen Aufgaben der Überlinger Marketing und Tourismus GmbH (ÜMT) dazurechne. Damit sprach sie das Eventmanagement an, das künftig die ÜMT mit der Bespielung der Kapuzinerkirche übernehmen soll. „Ich meine Ausstellungen, die fehlen wirklich, nicht Tourismusförderung!“, erwiderte Udo Pursche.
Neues Kulturkonzept dann in zwei Jahren?
Auf die Frage von Ralf Mittelmeier (FWV/ÜfA), wie viel Geld denn nötig wäre, antwortete Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger: „Das lässt sich pauschal nicht benennen.“ Aktuell koste das Stadtjubiläum die ganze Energie. In zwei Jahren könne man über ein neues Kulturkonzept beraten. Ralf Mittelmeier wollte trotzdem noch eine Antwort von Michael Brunner. „Ich fände es gut, wenn städtische Mitarbeiter die Kapuzinerkirche bespielen“, sagte der Kunst- und Kulturhistoriker.