Eine herausfordernde Zeit liegt hinter Katja Festag. Herausfordernde Zeiten stehen ihr bevor. Als Lehrerin am Gymnasium in Überlingen muss sie derzeit viel Flexibilität zeigen. Denn: Arbeitsabläufe ändern sich schnell, Multitasking ist Pflicht und Schüler will sie auch keine verlieren.
„Die Schließung der Schulen und die darauf folgende Zeit des Heimunterrichts war ein Sprung ins kalte Wasser, aber er hat gut geklappt“, resümiert Katja Festag die Zeit des Heimunterrichts. Vom einen auf den anderen Tag mussten Schüler und Lehrer zuhause bleiben. Trotzdem mussten Lerninhalte weiter vermittelt werden. „Wir hatten das Glück, dass wir im Vorfeld schon viel mit den Schul-Ipads ausprobiert haben“, sagt Festag. Denn dadurch seien die Schüler an den Umgang mit dem digitalen Medium herangeführt worden.
„Es fehlen Mimik und Gestik“
Doch auch wenn das den Einstieg in das digitale Lernen sowohl für die Schüler als auch die Lehrer erleichtert hat, hatte und hat der Heimunterricht auch seine Tücken – nicht nur für die Schüler. „Es ist während eines Videochats schwieriger zu erkennen, ob die Schüler mich verstanden haben, denn es fehlen Mimik und Gestik“, findet Festag. Deshalb habe sie sich Wege überlegen müssen, wie sie möglichst alle Schüler erreicht, ohne sich auf Mimik und Gestik verlassen zu müssen.

Dennoch stehe immer die Frage im Raum, ob die Schüler überhaupt mitbekommen, was sie vor dem Bildschirm erklärt. Im Unterrichtsraum sehe sie das sofort – in einem digitalen Lehrraum nicht. „Mir fehlen die Zwischentöne, aus denen ich normalerweise heraushören kann, ob die Schüler Probleme haben, oder nicht“, führt Festag weiter aus.
Gefahr, dass Leistungen auseinander driften
Deshalb sehen sie und ihre Kollegen die Gefahr, dass die Leistungen der Schüler im kommenden Schuljahr auseinanderdriften werden – abhängig davon, wie gut die Schüler mit dem digitalen Lernen klar kamen. Gerade im Fach Deutsch würden die Inhalte aufeinander aufbauen. Wer da jetzt nicht dranbleibe, habe mit den kommenden Inhalten Schwierigkeiten, sagt die Deutschlehrerin.
Probleme abzuschalten
Als Mitglied des Personalrats der Schule steht Festag auch im regen Kontakt zu ihren Lehrerkollegen. Dabei sei deutlich geworden, dass einige Lehrer sich durch den Fernlernunterricht mehr Arbeit zumuten würden. „Viele Lehrer haben Probleme, auch einmal abzuschalten“, sagt Festag. Das liege daran, dass sie jedem Schüler gerecht werden, und zu ihren gemachten Aufgaben eine Rückmeldung geben möchten und somit auch die Eltern entlasten wollen. Das sei aber viel zu zeitaufwendig.
Deshalb findet Festag: „Stichproben müssen ausreichen.“ Trotzdem komme es auch immer darauf an, welche Fächer unterrichtet werden. Während Lehrer in Hauptfächern gerade auch im Heimunterricht sehr viel Arbeit hätten, seien andere Lehrer weniger ausgelastet. Viele hätten dann die Notbetreuung übernommen.
Festag hat selbst keine Kinder. Gerade in der jetzigen Zeit sei das für sie eine Entlastung. Denn von anderen Kollegen mit eigenen Kindern habe sie gehört, dass es für sie sehr viel Arbeit sei, die Arbeit und die Betreuung der Kinder unter einen Hut zu bringen. Auch weil sie bei der Kinderbetreuung keine Entlastung bekämen.
Flexibilität gefragt
Auch nach den Pfingstferien bleibt es für Festag und ihre Lehrerkollegen weiterhin ein Spagat. Denn der Präsenzunterricht wird in vielen Schulstunden nach wie vor durch Heimunterricht ergänzt. Auch Schüler aus der Risikogruppe, die zuhause bleiben, müssen weiterhin mit Schulaufgaben versorgt und betreut werden. „Von der Schule geht es direkt nach Hause und weiter mit dem Heimunterricht. Man hat keine Auszeit mehr von den Schülern“, sagt Festag. Deswegen sei Flexibilität wichtig und ein Gespür dafür, nicht über die Maßen zu arbeiten. Beschweren will sie sich aber nicht, denn sie habe das Glück, weiter arbeiten zu können, während es andere härter treffe.