Eigentlich sollten es nur Monate sein, doch auf den Wasserschaden folgte eine lange Durststrecke. 16 Mal mussten sie bis zur Rückkehr in ihre Wohnung umziehen, schliefen bei Freunden, Bekannten oder in Ferienwohnungen. Ihr Weg führte sie von Überlingen nach Stuttgart und Schleswig-Holstein über Leipzig, Freiburg und Sigmaringen zurück an den Bodensee.
Nun wohnen Margot Ritter und Giuseppe Zgaga wieder in ihrer Vier-Zimmer-Wohnung am Burgbergring – mit der Geduld sind sie aber am Ende. „Das vergangene Jahr war ein Albtraum“, sagen sie. Das Ende des Streits mit ihrem Hausverwalter ist aber noch lange nicht in Sicht.
Schimmel nach Wasserleck
Im Juni 2021 rostete der Warmwasserspeicher in ihrer Wohnung durch und Flüssigkeit breitete sich unter dem Estrich aus. Der Speicher sei seit mehreren Jahren nicht mehr kontrolliert worden. Die Wartung des Warmwasserspeichers ist rechtlich Sache des Vermieters. Dieser sei seiner Pflicht nicht nachgekommen, sagt die Mieterin.
Die Folge des Wasserschadens: Parkett, Kacheln und Estrich zogen Feuchtigkeit, Einbauschränke und Wände schimmelten. Alles raus, alles musste neu gemacht werden. Guten Gewissens packten Ritter und Zgaga ihre Sachen und gingen während der Renovierung Freunde in ganz Deutschland besuchen. Bei der Rückkehr wartete auf sie aber der große Schock.
Lange tat sich nichts
An dem Zustand der Wohnung hatte sich seit ihrer Abreise nichts geändert, erzählt Ritter. „Es war total daneben.“ Erst Anfang November 2021 begann auf Druck der Mieter die Renovierung. Im Dezember schalteten sie eine Anwältin ein. „Sie riet uns, dass wir Miete und Nebenkosten vorerst nicht mehr zahlen sollten und die Kosten für den abgelaufenen Zeitraum zurückfordern“, sagt Ritter.

Zu dem Zeitpunkt habe es zum Vermieter kaum Kontakt gegeben. Die Kommunikation rund um die Wohnung sei über die Sanierungsfirma gelaufen, so Ritter. Doch immer wieder sei es zu unbegründeten Unterbrechungen der Arbeiten gekommen, sodass die Renovierung erst im Juni 2022 abgeschlossen war. Bis dahin wohnten Ritter und Zgaga bei Bekannten, Freunden und in Ferienwohnungen in der Bodenseeregion. „Ein niederträchtiger Zustand“, wie Ritter sich erinnert.
Kündigung nach Kritik an Mängeln
Damit nicht genug: Nach ihrem Wiedereinzug bemerkten sie Mängel an der Wohnung. Außerdem seien Schränke sowie Küche und Badezimmer nicht wieder so hergestellt worden wie zuvor. So hätten sie beispielsweise auch eine Spülmaschine für Single-Haushalte eingebaut bekommen, obwohl sie ein Zwei-Personen-Haushalt sind.

Als sie dies kritisierten, hätten sie die fristlose Kündigung für Ende Oktober erhalten, so Ritters Erzählung. Die Begründung stützte sich auf ausbleibende Mietzahlungen aus den Monaten Juni bis August 2022. Diese hatte das Ehepaar nicht gezahlt, weil die Überzahlungen vom Jahr 2021 vom Vermieter nicht zurückerstattet worden seien, so Ritter.
„Wohnung liegt uns sehr am Herzen“
Mittlerweile ist die Auszugsfrist längst verstrichen, ihre 110 Quadratmeter große Wohnung haben Ritter und Zgaga aber nicht verlassen. „Wir werden sicherlich nicht das Feld räumen!“, sagen sie auf dem Sofa sitzend.
Die Herbstsonne scheint dabei durch große Wohnzimmerfenster auf den frisch verlegten Parkettboden. Von der Terrasse aus können sie auf die Nachbarschaft am Burgberg schauen. „Diese Wohnung liegt uns sehr am Herzen“, sagt Ritter, „sonst würden wir nicht so um sie kämpfen.“
Streit hinterlässt Spuren
Es sei ihre erste Wohnung gewesen, als sie vor rund 20 Jahren aus Frankfurt hergezogen seien, erzählt Ritter. Die 72-Jährige arbeitete früher als Lehrerin in Stockach, Zgaga als Kaufmann. Kennengelernt haben sie sich 1975 auf Sizilien im Sommerurlaub. „Wir waren beide mit Reisegruppen im Urlaub. Und eigentlich waren wir auch beide in einer Beziehung“, erzählt sie verschmitzt.
Mehr als 40 Jahre später sind beide im Ruhestand. Ihr vergangenes Jahr könne dem Wort „Ruhestand“ aber nicht gerecht werden. All der Streit sei nicht spurlos an ihr vorbeigegangen, erzählt Ritter. Sie habe zeitweilig kaum schlafen können sowie Schwächeanfälle und Zukunftsängste gehabt. „Irgendwann bin ich für ein paar Wochen in eine psychosomatische Klinik gegangen.“
Verwalter äußert sich nicht
Die Vorwürfe von Ritter und Zgaga richten sich an den Geschäftsführer einer Firma für Wohnbau und Hausverwaltung aus dem westlichen Bodenseekreis. Seit 2018 verwaltet dieser die Wohnung für eine demente Eigentümerin. „Die Eigentümerin hat ihm damals alle Rechte abgetreten“, erzählt Ritter. Damit fungiere er als Vermieter der Wohnung.
Ob die Schilderungen und Vorwürfe von Ritter und Zgaga so stimmen, lässt sich nicht vollends nachprüfen. Der Hausverwalter gibt auf einen ausführlichen Fragenkatalog des SÜDKURIER keine Antworten. Von seinem Anwalt Jens-Ole Meßow heißt es lediglich: „Es handelt sich um ein schwebendes und laufendes Verfahren. Daher möchten wir derzeit keinerlei Stellungnahme abgeben.“
So sieht es der Mieterbund
Wie es auf SÜDKURIER-Anfrage vom Mieterbund Bodensee heißt, müssen Vermieter bei Wasserschäden in einer Wohnung umgehend Reparaturen beauftragen. „Versäumen Vermieter dies, so kann dies sogar zur Folge haben, dass sie schadensersatzpflichtig werden“, sagt Winfried Kropp, Pressesprecher vom Mieterbund Bodensee.
Wenn Mieter sich in dieser Zeit Unterkünfte suchen, müssten Vermieter die Kosten übernehmen. Ritter und Zgaga finanzierten dies nach eigenen Angaben stattdessen über die Hausratsversicherung. Bei der Beseitigung der Mängel haben dagegen Mieter begrenztes Mitspracherecht, so Kropp. Es komme vielmehr darauf an, dass die vorherige Funktionsfähigkeit von Geräten und Räumen wiederhergestellt werde. Dabei gelte aber, „dass bei solchen Reparatur-Arbeiten beide Seiten solche ästhetische Fragen im Einvernehmen abstimmen sollten“.
Wie geht es nun weiter?
Nach einem Jahr sei ihre Geduld am Ende, sagt Margot Ritter. „Alle Versuche zu einer friedlichen Einigung zu kommen, sind gescheitert.“ Ob es nun zu einem gerichtlichen Verfahren oder eine Räumungsklage komme, sei vorerst unklar. Aktuell kommunizierten beide Parteien nur noch über Anwälte.
Aber so ganz kann sich Ritter das Verhalten von Verwalter und Sanierungsfirma auch nach einem Jahr nicht erklären. Mit ihrer Anwältin an ihrer Seite zeigt sich Ritter aber zuversichtlich. „Wir sehen einer Räumungsklage gelassen entgegen.“