Eindringlicher hätte der Appell von Oberbürgermeister Jan Zeitler kaum sein können. „Bitte spielen Sie niemals die verschiedenen Schulprojekte gegeneinander aus!“, wandte sich Zeitler zu Beginn der Diskussion um den Zwischenstand des Haushaltsentwurfs an den Gemeinderat. Wie groß die Erwartungen sind, zeigte die starke Präsenz von Schulleiterinnen und Schulleitern in der jüngsten Sitzung. Nicht nur Hans Weber vom Gymnasium war anwesend, das zuletzt dank einiger öffentlichkeitswirksamer Aktionen für viel Gesprächsstoff gesorgt hatte.
Wiestorschule fehlen rund 1500 Quadratmeter
Auch Karl Niedermann, Rektor der Wiestorschule, und Anja Neumann, die Leiterin der Franz-Sales-Wocheler-Schule, verfolgten gespannt die Vorstellungen und Varianten, die in der aktuellen Machbarkeitsstudie für die dringend erforderlich Erweiterung des Wiestor-Campus vorgeschlagen wurden. Hier summiert sich die Realisierung des favorisierten Konzeptes am Ende auch auf gut 50 Millionen Euro, wobei die Stadt mit Fördermitteln in Höhe von 8 Millionen Euro rechnet.
Bereits im Ausschuss für Bauen, Technik und Verkehr hatte Marc Flögerhöfer vom Büro Drees & Sommer die denkbaren Varianten vorgestellt und allein an der Wiestorschule ein Defizit von rund 1500 Quadratmetern Programmfläche diagnostiziert.
Statik erfüllt Anforderungen nicht mehr
An der Franz-Sales-Wocheler fehlen weitere 400 Quadratmeter, wie eine Analyse des Büros Lernlandschaft ergeben hatte. Zudem habe die statische Untersuchung gezeigt, dass das Wiestorgebäude schon im aktuellen Zustand die aktuellen Anforderungen an den Erdbebenschutz nicht erfüllte und „ausgesteift“ werden müsse – unabhängig davon, ob man es aufstocke oder nicht.

Zentrum der Schule soll in Neubau kommen
Die zwei favorisierten Alternativen unterscheiden sich vor allem in der künftigen Lage des „Herz der Schule“, wie es in der Machbarkeitsstudie heißt. Dazu zählen unter anderem Begegnungsräume, Mensa und Verwaltung. Sollen diese nach Abbruch des schmalen östlichen Abschnitts des Wiestorgebäudes an dieser Stelle neu errichtet werden und am Standort der Bunten Villa lediglich die Räume für die Grundschule? Oder soll das „Herz der Schule“ auf der zentral gelegenen Fläche in einen größeren Neubau integriert werden? Letzteres, die Variante zwei, empfahl der Ausschuss und der Gemeinderat beschloss ebenso einstimmig, diese als Grundlage für die konkrete Planung zu nehmen.
In beiden Fällen sind zusätzliche Räume für die Franz-Sales-Wocheler-Schule in Richtung Wiestorhalle vorgesehen, die über eine Brücke erreicht werden. Der Flächenbedarf hier hängt auch davon ab, inwiefern in der denkmalgeschützten Gebäude eine interne Umstrukturierung möglich ist, erklärte Schulleiterin Neumaier.
Bunte Villa soll 2027 abgerissen werden
Als erster Bauabschnitt ist 2027 der Abbruch der Bunten Villa vorgesehen, wofür im Vorfeld die Neuerrichtung eines Ersatzbaus mit drei Geschossen auf dem Parkplatz Zahnstraße geplant ist. Überlegungen, diese Interimslösung auf dem derzeit brach liegenden Gelände an der Schlachthausstraße zu realisieren, erstickte Karl Niedermann gleich im Keim. „Der Weg dorthin ist viel gefährlicher“, gab Niedermann zu bedenken: „Der Standort an der Zahnstraße ist wesentlich besser.“
Sobald das neue Zentralgebäude am Standort der Bunten Villa stehe, soll mit der Sanierung der Franz-Sales-Wocheler-Schule begonnen werden. Insgesamt erstreckt sich der Zeitstrahl für die Neugestaltung des gesamten Wiestor-Campus mit Sanierung des Altbaus und des Freigeländes aus heutiger Sicht bis ins erste Quartal 2033.

Generalübernehmer soll ersten Bauabschnitt übernehmen
Aus wirtschaftlichen und zeitlichen Aspekten favorisiert die Stadt eine Umsetzung des ersten Bauabschnittes durch ein sogenanntes Generalübernehmer-Vergabeverfahren. Einem Generalübernehmer (GÜ) steht weitgehend frei, wie die im Vorfeld formulierten Kriterien, Raumbedarfe und Strukturen umgesetzt werden. Auch eine moderne Modulbauweise könne hier höchste Ansprüche erfüllen, betonte Marc Flögerhöfer. Von einem GÜ-Verfahren verspricht sich die Kommune selbst „eine hohe Sicherheit bei der Planung und der Qualität, verbunden mit wenigen Schnittstellen und der Voraussetzung einer zielorientierten Bedarfsanalyse und funktionalen Leistungsbeschreibung“. Auch dieses Vorgehen befürwortete der Gemeinderat jetzt einhellig und verzichtet damit selbst auf einen Planungswettbewerb. Dies bleibt gegebenenfalls dem ausgewählten Generalübernehmer überlassen. Erstmals angewandt hat die Stadt dieses Verfahren nach eingehender Prüfung für die neue Kindertagesstätte in Nesselwangen.