In den vergangenen Jahren brachte die Vorstellung des Kindergartenbedarfsplans im Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales vor allem einen Mangel an Betreuungsplätzen zutage. Bei seinem Ausblick auf das kommende Kita-Jahr ab September kann Abteilungsleiter Ralf Scharbach zwar noch keine komplette Abdeckung des Bedarfs vermelden, aber eine deutliche Entspannung. Einen großen Anteil daran hat das Anfang des Jahres neu eröffnete Kinderhaus am Schättlisberg. An diesem Ort tagte in dieser Woche der Ausschuss, was den Stadträten die Gelegenheit gab, vorab die Räume zu besichtigen.
Aktuell benötigen in Überlingen noch 50 Kinder für das kommende Jahr einen Betreuungsplatz. Darunter 20 Kleinkinder unter drei Jahren und 30 zwischen drei und sechs Jahren. Die Eltern hätten teilweise Angebote abgelehnt, so Scharbach. Gründe dafür könnten zu lange Wege oder spezielle pädagogische Konzepte sein.
Neben der Eröffnung der neuen Kita, die ab Herbst dank der Besetzung aller Personalstellen voll belegt sein wird, sorgt der Ausbau der evangelischen Tageseinrichtung Bonhoeffer Haus mit zehn Plätzen für Kinder unter drei Jahre (U3) für Entlastung. Weitere Entspannung werden Neubauten und Umstrukturierungen bringen, führt Scharbach aus.
In Überlingen-Nesselwangen rechnen die Verantwortlichen mit einer Fertigstellung der neuen Kita im ersten Quartal 2026. Dort kommen die beiden bereits bestehenden Gruppen und eine neue unter. Weiteres Potenzial könnten die von einer Initiative geplanten ein oder zwei Naturgruppen am Andreashof bieten. Diese seien in die Planung aufgenommen, was für freie Träger Voraussetzung der Förderung ist, aber noch sei der Bedarf nicht abschließend geklärt. Waldkindergärten oder Naturgruppen können nur Kinder ab drei Jahren besuchen. Auch die Stadt plant seit Jahren eine eigene Naturgruppe. Hier seien die Voraussetzungen nun erfüllt, so Scharbach. Als Standort nennt er den Bereich nahe der Tennisplätze in Altbirnau.
Geburtenzahlen steigen weiter
Die vorgestellten Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung machen deutlich, dass ein weiterer Ausbau der Betreuungsplätze nötig ist. In seiner Berechnung von 2025 korrigiert das Statistische Landesamt die vor zwei Jahren genannten Daten und prognostiziert eine Zunahme an Kindern im Alter von ein bis sechs Jahren bis 2045. Bislang wurde der Zenit bereits zehn Jahre früher erwartet.

Dazu geht Scharbach von einer steigenden Nachfrage im Hinblick auf die Versorgungsquote aus. Der Wert bildet ab, wie viele der in Überlingen gemeldeten Kinder der betreffenden Altersklasse in einer hiesigen Einrichtung betreut werden. Die Quote liegt bei den unter Dreijährigen aktuell bei 36 Prozent. Bei der Gruppe der älteren Kinder erreicht sie 96 Prozent. Da alle Eltern ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, könnte die Nachfrage weiter steigen.
In der Rubrik „Handlungsbedarf“ nennt Scharbach daher die Schaffung weiterer Plätze, beispielsweise durch den Naturkindergarten oder im Kinderhaus Burgberg, sowie eine Umstrukturierung der Gruppen in bestehenden Einrichtungen. Letzteres kann eine bessere Ausnutzung der Ressourcen bringen, da sich je nach Altersmischung und der gewünschten Betreuungszeiten unterschiedliche Personalschlüssel ergeben.
Erfolgreiche Suche nach Personal
Neben den baulichen Voraussetzungen ist die Besetzung der Stellen mit pädagogischen Fachkräften entscheidend, wie viele Kinder betreut werden können. Hier berichtet Scharbach von der erfolgreichen Kampagne mit kleinen Filmen, Social-Media-Auftritten und Plakaten in der Stadt, die Wirkung gezeigt hätten. So konnten zwei sogenannte Springerstellen für das kommende Jahr neu besetzt werden, wodurch sich krankheitsbedingte Zusammenlegungen oder sogar Schließungen von Gruppen eingrenzen lassen. „Wir sind auf einem guten Weg“, zeigt sich Ralf Scharbach zuversichtlich.
Um die Kommunikation mit den Eltern zu verbessern, will die Verwaltung eine spezielle App anschaffen. Darüber ließen sich schnell und unkompliziert Informationen zwischen Eltern und Kindergarten austauschen. Außerdem regt Scharbach die Gründung eines Gesamtelternbeirats an, der sich aus den Vorsitzenden aller Elternräte in der Stadt zusammensetzt. So ließen sich Meinungsbilder und Rückmeldungen leichter einholen sowie anstehende Maßnahmen diskutieren.
Lob von OB und Gemeinderat
Oberbürgermeister Jan Zeitler lobt den vorgelegten Plan als sehr gelungenes Werk und spricht von einem „Quantensprung“ hinsichtlich der Anzahl der Betreuungsplätze, der Personalentwicklung und dessen Fortbildungsmöglichkeiten. Dem Lob schließen sich die Räte an. Ulf Janicke (LBU/Grüne) rechnet vor, dass eine zehnprozentige Abweichung in den Bevölkerungsprognosen aufs Stadtgebiet bezogen Betreuungsplätze in Höhe eines kompletten Kindergartens ausmachen. Kirsten Stüble (SPD) fragte, ob der neue Gesamtelternbeirat auch zur noch ausstehenden Evaluierung der Vergabe-Kriterien mitreden dürfe. Ralf Scharbach sichert dies zu, allerdings in Grenzen.
Ralf Mittelmeier (FWV/ÜfA) wünscht sich, dass der gut funktionierende Finanzausgleich im Kita-Bereich, wie er zwischen den Kommunen für Kinder, die in Nachbargemeinden betreut werden, auch auf Schulebene funktionieren würde. Bettina Dreiseitl-Wanschura (LBU/Grüne) erkundigt sich, wie sich Umstrukturierungen von Gruppen räumlich und genehmigungstechnisch umsetzten lassen. Ralf Scharbach erläutert, dass sie dazu Anträge beim Landesjugendamt stellen müssen, was problemlos möglich sei. Raphael Wiedemer-Steidinger von der Verwaltung ergänzt, dass die Räume des Neubaus am Schättlisberg so konzipiert wurden, dass sie für alle Gruppentypen nutzbar sind.
Die Ausschuss-Mitglieder empfehlen dem Gemeinderat einstimmig, den vorgelegten Kindergartenbedarfsplan in seiner Sitzung am Mittwoch, 30. Juli, zu genehmigen.