Keine Kneipe in Überlingen will zum Kifferparadies werden: So könnte man die Haltung der Wirte zur Cannabis-Legalisierung zusammenfassen. Auch wenn man in den wenigen Raucherkneipen der Stadt vielleicht nicht grundsätzlich etwas gegen Cannabis hat, soll sich doch niemand dort einen Joint drehen. Das ergibt eine Umfrage des SÜDKURIER bei den Gastronomen.

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„Wenn man das einmal erlaubt, dann zieht es andere an, und plötzlich ist man eine Kifferkneipe“, sagt etwa Corina Mischock, die in „Anusch‘s Pub“ in Überlingen bedient. Zudem rieche Cannabis ziemlich intensiv. Der Duft zig verschiedener Sorten in dem kleinen Raum, manche davon seien ziemlich fies, würde vermutlich auch den letzten Nichtkiffer vertreiben, so die Befürchtung. Damit die Regel gleich jedem klar ist, hängen in der kleinen Kneipe in der Schulstraße auch überall Verbotsschilder, ob an der Tür, im Gastraum oder auf der Toilette. „Verboten“ sei der Konsum „in und vor der Kneipe“, ist dort zu lesen.

Vom Hausrecht Gebrauch machen

Gleiches gilt im „Galgenhölzle“: Die Verbotsschilder an der Tür und im Fenster sind nicht zu übersehen. Natürlich könne man nicht ständig prüfen, ob sich jemand eine Zigarette oder einen Joint drehe, sagt die Bedienung der Raucherkneipe. Doch sobald man etwas rieche, werde man einschreiten. Das gelte auch für die Außenbestuhlung. Ihrer Beobachtung nach hat das Kiffen in der Stadt seit der Legalisierung am 1.¦April deutlich zugenommen – „vermutlich weil man es jetzt offen machen kann“.

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Im „Allegretto“ am Landungsplatz, wo noch an der Theke, am Tisch daneben und im Außenbereich geraucht werden darf, hängt zwar noch kein Verbotsschild. Doch das soll in Kürze kommen, wie Geschäftsführer Kürsad Vatandas ankündigt. „Wir haben hier Kinder und Familien als Gäste“, so der Gastwirt, „das können wir einfach nicht tolerieren.“ Daher werde man im Zweifelsfall von seinem Hausrecht Gebrauch machen müssen. „Die sollen einfach rüber zum Landungsplatz gehen“, meint Vatandas. Ohnehin darf schon vom Gesetz her „in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen“ kein Cannabis geraucht werden.

Kein Verbotsschild hat Elke Renker an ihrem Weinhaus angebracht. Hier darf nur an den wenigen Außentischen geraucht werden. Die Wirtin will dort zwar auch keinen Joint sehen, sieht aber keine Probleme. „Meine Gäste sind ja eine ganz andere Klientel.“

Auch Gerd Sent hat an seiner Dart-Kneipe „Treffpunkt“ ein Schild in die Tür gehängt.
Auch Gerd Sent hat an seiner Dart-Kneipe „Treffpunkt“ ein Schild in die Tür gehängt. | Bild: Jürgen Baltes

Bislang keine Probleme mit Gästen

Drei weitere kleine Raucherkneipen in Überlingen sind die Theke zwischen Aral-Tankstelle und Norma in der Lippertsreuter Straße, die Dart-Kneipe „Treffpunkt“ auf der anderen Seite des Kreisverkehrs sowie das „Bierstüble“ an der Kaufland-Tankstelle in Nußdorf. Auch hier will man kein Cannabis sehen: Theke-Inhaber Thomas Liersch hat dies bereits über Facebook und an seine Mitarbeiterinnen kommuniziert, „Treffpunkt“-Inhaber Gerd Sent hat unmittelbar nach dem SÜDKURIER-Besuch ein Schild in die Tür gehängt, im „Bierstüble“ hängt ein dezenter Hinweis.

Probleme gebe es bislang aber nicht, sagt eine Bedienung: „Ich kenne einige, die sich hin und wieder einen Joint drehen.“ Doch „die wollen den gar nicht offen in der Kneipe rauchen.“ Denn einige arbeiteten zum Beispiel bei großen Unternehmen.

Für Raucher und Kiffer gibt es viele Regeln

Mit ihrer Haltung zu Cannabis reihen sich die Überlinger Wirte in den allgemeinen Trend ein: Der Gaststättenverband Dehoga hat für seine Mitglieder zwei Schilder zum Aushängen gestaltet, pro und contra Cannabis. Gefragt ist aber lediglich das Verboten-Schild.

Doch die Kneipen sind ja nur ein Teil des Ganzen. Allein vom Gesetz her gibt es etliche weitere Regeln. So ist etwa das Rauchen in Fußgängerzonen von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr verboten, ebenso im Umkreis von hundert Metern um Kindergärten, Schulen, Sport- oder Spielplätze.

Verbotsschild vor „Anusch‘s Pub“. Cannabis ist in der Kultkneipe verboten.
Verbotsschild vor „Anusch‘s Pub“. Cannabis ist in der Kultkneipe verboten. | Bild: Jürgen Baltes

Stadt überlässt Überwachung der Polizei

Um dies zu überwachen, verfüge das Überlinger Ordnungsamt „nicht über die entsprechende Ausbildung“, heißt es dazu von der Stadt. Daher überlasse man dies lieber der Polizei. Auch zu möglichen Bußgeldern gebe es bisher „noch keine Empfehlungen oder Vorgaben des Deutschen Städtetags“. Laut Gesetz könnten theoretisch bis zu 30.000 Euro fällig werden. In der Praxis werde man unter 100 Euro sicherlich nicht wegkommen, heißt es.

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Diese Regeln gelten jetzt im Straßenverkehr

Und wie sieht‘s im Straßenverkehr aus? Dort ändere sich erst einmal nichts, heißt es vom Polizeipräsidium Ravensburg, man kontrolliere weiter wie gehabt. Wer über einen THC-Wert von einem Nanogramm pro Milliliter Blut kommt, hat auch künftig ein Problem. Eine Anhebung der THC-Grenze auf 3,5 Nanogramm wird zwar politisch diskutiert, doch bis dahin gilt der alte Wert. Was Cannabis-Raucher bedenken sollten: Bei THC gibt es keine Faustregel für den Abbau des Suchtstoffes analog zum Alkohol. Das kann schnell gehen oder auch nicht. Manch einer liegt vielleicht noch drei Tage später über dem Grenzwert.

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„Und was ist mit Passivkiffen?“, fragt ein regelmäßiger Raucherkneipengast. „Wenn ich das den ganzen Abend inhaliere, komme ich dann bei einer Kontrolle vielleicht unschuldig über den Grenzwert?“ Allein das ist für ihn schon ein Grund gegen Cannabis in der Kneipe.

Kiffen im Pfahlbaumuseum verboten

„Bei uns ist absolutes Rauchverbot – egal für was.“ Das betont auch Gunter Schöbel, Direktor des Pfahlbaumuseums in Unteruhldingen. Erste Anfragen von Gästen aus der Schweiz hätten sie schon erreicht. Die Verbotszone ist beim Museum schon wegen des angrenzenden Spielplatzes gegeben. „Aber wir haben ja nicht nur den Kinderspielplatz und das Strandbad bei uns, sondern auch einen hohen Kinder- und Familienanteil und ein Rauchverbot in unserem urtümlichen Museum“, betont er. Die Karte mit den Verbotszonen, so Schöbels Empfehlung an Gesundheitsminister Lauterbach, „sollte nachgebessert und abgestimmt werden“.