Weil sie bei einer Verhandlung im November 2022 der Falschaussage bezichtigt wurde und gegen den Strafbefehl Einspruch einlegte, musste eine 63-Jährige sich vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Beim damaligen Prozess gegen ihren früheren Lebensgefährten sagte sie aus, dass dieser ihr den Kochtopf nicht ins Gesicht geschleudert habe, sondern dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Richter und Staatsanwalt glaubten ihr damals nicht.
Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter hatte damals bestätigt, dass die Frau selber bei der Vernehmung erklärt habe, dass der Lebensgefährte ihr den Topf ins Gesicht geschleudert habe. Weiterhin lagen Aussagen von Arzt und Arbeitgeber vor, denen gegenüber die Frau von absichtlicher Körperverletzung berichtet habe. Richter Alexander von Kennel, der bei der damaligen und der aktuellen Verhandlung den Vorsitz führte, hatte die Frau mehrfach vor den Konsequenzen einer Falschaussage gewarnt. Die Verkäuferin beharrte trotzdem auf ihrer Version des Ablaufs. Weshalb sie kurz nach dem Vorfall von einer Körperverletzung sprach und später ihren Ex-Lebensgefährten schützte und bis heute bei der Unfallversion bleibt, diese Frage blieb auch in dieser zweiten Verhandlung unbeantwortet.
Angeklagte: Gehbehinderter Partner hätte Topf gar nicht nehmen können
Auch beim aktuellen Prozess wich die Frau nicht von ihrer Darstellung des Geschehens ab. Erneut hielt sie daran fest, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Ihr gehbehinderter Partner hätte sich gar nicht bücken können, um den am Boden stehenden Topf aufheben und werfen zu können, da er auf eine Gehhilfe angewiesen sei und sonst umgefallen wäre, erklärte sie aufs Neue.
Sie habe „gekämpft, wie ein Löwe“, sagte die Frau, um die polizeilichen Vernehmungsprotokolle oder das Band mit ihrer damaligen Aussage zu bekommen, um zu beweisen, dass sie nie von „Waffe“ oder „Absicht“ gesprochen habe, sei aber nicht erfolgreich gewesen. Richter Kennel hielt entgegen, dass sie auch gegenüber ihrem Arbeitgeber von Gewalt gesprochen habe. „Es geht also nicht um das Band, sondern darum, dass sie vor Gericht gelogen haben“, verdeutlichte er ihr nochmals ihre Tat.
Richter glaubt Angeklagter nicht
Die Staatsanwältin wandte ein, dass alles ins Bild passe. Aussagen von Arbeitgeber, Arzt und Polizist. „Wenn Sie im Nachhinein etwas anderes sagen, glaubt Ihnen keiner.“ Zudem läge ein ärztliches Attest vor, in dem von häuslicher Gewalt und Körperverletzung die Rede sei. Die Angeklagte erklärte, dieses Attest sei für ein anderes Gerichtsverfahren in einer anderen Stadt erstellt worden. „Meine Anwältin hat gesagt, da muss häusliche Gewalt drin stehen, sonst ist mein Fehlen nicht entschuldigt“, behauptete die Frau. Richter Kennel konnte dies nicht glauben: „Dann hätte sich die Anwältin auch strafbar gemacht“, wandte er ein, zudem müsse ein Grund für Verletzungen nicht angegeben werden.
Frau ist überzeugt von ihrer Version
Weiterhin meinte Kennel: „Wenn sie da gesagt haben, es war häusliche Gewalt, dies aber nicht stimmt, dann haben Sie da wieder gelogen.“ Weil die Angeklagte nicht einsichtig war, wandte sich der Richter an ihren Verteidiger mit der Empfehlung, auf sie einzuwirken. Dieser antwortete: „Sie ist überzeugt von dem Hergang, unabhängig davon, wie es wirklich war.“
Nach einer kurzen Verhandlungspause konnte der Verteidiger dem Gericht aber mitteilen, dass seine Mandantin den Einspruch gegen den eigentlichen Strafbefehl zurücknehme, nur gegen die Tagessatzhöhe wolle sie Einspruch einlegen, da ihre Einkommenssituation sich geändert habe. Richter und Staatsanwaltschaft folgten diesem Einwand, da die Angeklagte zu Beginn der Verhandlung erklärt hatte, seit Kurzem arbeitslos zu sein und sie nur ein geringes Arbeitslosengeld erwarte. Richter Kennel verurteile die Angeklagte zu 100 Tagessätzen á 10 Euro, zahlbar in monatlichen Raten. Die Angeklagte muss zudem die Kosten des Verfahrens tragen. Da sie auf weitere Rechtsmittel verzichtete, ist das Urteil rechtskräftig.