Wegen gefährlicher Körperverletzung musste sich ein 65-jähriger Mann vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Er soll einen Kochtopf auf das Gesicht seiner Lebensgefährtin geworfen haben. Seiner Argumentation zufolge – er sei lediglich gestolpert und der Topf sei dadurch zufällig in Bewegung geraten und im Gesicht der Geschädigten gelandet – konnten weder der Staatsanwalt noch Richter Alexander von Kennel folgen.

Auch die Aussagen des Opfers, der Lebensgefährtin des Angeklagten, überzeugten nicht. Im Gegenteil: Die Lebensgefährtin muss nun mit einem Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage rechnen. Richter von Kennel ermahnte sie während der Verhandlung mehrfach, die Wahrheit zu sagen – sonst bekomme sie Post von der Staatsanwaltschaft.

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Verletzungen an der Lippe und ein abgebrochener Zahn

Die 62-jährige Zeugin blieb vor Gericht trotzdem dabei, dass sie auf einer Matratze auf dem Boden liegend gesehen habe, dass der Angeklagte – ihr gehbehinderter Partner – gestolpert sei. Deswegen sei der auf dem Boden vor der Matratze stehende Topf in ihre Richtung geflogen. Dadurch habe sie schwere Verletzungen an der Lippe erlitten, die erst nach vier Monaten verheilt waren. Ein Stück eines Zahns sei ebenfalls abgebrochen.

Der Richter fragte, warum sie am Tag der Tat im Oktober 2021 sowohl ihrem Arbeitgeber und ihrem Arzt als auch der Polizei gesagt habe, dass der Angeklagte den Topf von oben herab auf sie geschleudert habe. „Nein so habe ich das nicht gesagt“, beteuerte die Frau. Sie wisse nicht, wer die Anzeige erstattet habe.

Von Kennel verlas wörtlich die damaligen Aussagen der 62-Jährigen aus der Akte: „...Kochtopf ins Gesicht geworfen.“ Das sei falsch, beteuerte die Frau weiter. Der Richter sah darin auch mit Blick auf die Schwere der Verletzungen einen „eklatanten Widerspruch“, und erklärte wiederum, was ihr bei Falschaussage drohen könne.

Sieben Monate auf Bewährung plus Geldstrafe

„Sie tun sich keinen Gefallen“, mahnte von Kennel, verzichtete aber auf eine Vereidigung der Zeugin. Er verurteilte den Angeklagten zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung, zur Übernahme der Verfahrenskosten sowie zu einer in Raten zu zahlenden Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro an den Verein Frauen helfen Frauen in Friedrichshafen.

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Der Richter folgte damit der Zeugenaussage des Polizisten, der von einem Fall häuslicher Gewalt sprach. Er habe damals die Aussage der Geschädigten aufgenommen und sei sich sicher, dass sie gesagt habe, ihr Lebensgefährte habe den Topf geschleudert. „Ich mache keine Anzeige, wenn ich von einem Unfallgeschehen ausgehe“, sagte der Zeuge.

Weil häusliche Gewalt nicht bagatellisiert werden dürfe, habe er sie nur ungern zurück in die Wohnung gehen lassen und ihr das Versprechen abgenommen, sich am nächsten Tag zu melden. „Auf eine in solchen Fällen übliche Gefährderansprache hat sie verzichtet“, erinnerte sich der Polizist.

Weiterhin habe die Frau ihren Lebensgefährten auch nicht anzeigen wollen, da sie Angst hatte, dann ausziehen zu müssen. Der Verteidiger des Angeklagten plädierte auf fahrlässige Körperverletzung, da die Geschädigte trotz mehrfachen Hinweises auf die Folgen einer Falschaussage bei ihrer Version blieb.

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Staatsanwaltschaft fordert höheres Strafmaß als Richter

Doch der Staatsanwalt sah es als unwahrscheinlich, dass drei voneinander unabhängige Menschen – Polizist, Arbeitgeber und Arzt – lügen würden. Diese hätten kein Interesse in der Sache. Deswegen betrachtete der Staatsanwalt die Aussage des Angeklagten und der Geschädigten als abgesprochen.

Er forderte ein höheres Strafmaß. Doch der Richter hielt dem Angeklagten zugute, dass er zeitnah und auch vor Gericht sein Bedauern ausgesprochen habe. Zudem sei der angeklagte Rentner bisher straffrei durch sein Leben gegangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.