Brände in der historischen Altstadt mit ihren eng zusammengebauten Häusern sind immer gefährlich. Auch beim Großfeuer in einem Wohn- und Geschäftshauses an der Hofstatt entging die Stadt nur knapp einer Katastrophe. Ludwig Ehing, hauptamtlicher Feuerwehr-Kommandant der Stadt, blickt zufrieden auf die geleistete Arbeit zurück. Im Interview erinnert er sich an den Brand, seine Entscheidungen und spricht darüber, welche Lehren für die Zukunft zu ziehen sind.

Hier sind die offenen Flammen, die wenige Augeblicke zuvor noch aus dem Dachstuhl des Wohn- und Geschäftshauses an der Hofstatt ...
Hier sind die offenen Flammen, die wenige Augeblicke zuvor noch aus dem Dachstuhl des Wohn- und Geschäftshauses an der Hofstatt schlugen, bereits eingedämmt. | Bild: Hilser, Stefan

Was haben Sie auf der Anfahrt empfunden?

Aufgrund des Alarmstichwortes war bereits bei der Alarmierung durch die Leitstelle Bodensee-Oberschwaben davon auszugehen, dass es sich um ein größeres Brandereignis in der Altstadt handeln muss. Somit konnte ich mich frühzeitig darauf einstellen, dass wir in den folgenden Stunden stark gefordert sein werden. Meine Erwartungen über die Dimension und das Ausmaß wurden jedoch direkt bei der Anfahrt anhand des deutlich sichtbaren Feuerscheins und der Rauchentwicklung übertroffen. Sicherlich beschäftigt man sich gedanklich bereits mit dem Schutz von Leib und Leben der betroffenen Personen – wie auch mit der Verantwortung gegenüber den Einsatzkräften. Als Überlinger kennt man jedoch auch den kulturellen Wert der historischen Altstadt, welchen es in diesem Moment zu wahren gilt.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie stellte sich die Lage für Sie beim ersten Anblick des brennenden Dachstuhls dar?

Bei meinem Eintreffen an der Einsatzstelle brannte der Dachstuhl in voller Ausdehnung. Der erste Anblick überraschte mich insofern, dass sich bei Einsätzen vergleichbarer Art der Brand beim Eintreffen der Feuerwehr nicht bereits auf den gesamten Dachstuhl ausgebreitet hat. Der erste Löschzug war mit mehreren Fahrzeugen vor Ort und die Brandbekämpfung durch die Drehleiter sowie durch einen Trupp im Innenangriff war in Vorbereitung. Parallel dazu hatten war die Erkundung bereits abgeschlossen, dass sich keine Personen mehr im Gebäude befanden. Die Eindämmung des Brandes und die Verhinderung der weiteren Ausbreitung hatte daraufhin zunächst oberste Priorität.

Wie schnell haben Sie entschieden, dass da Überlandhilfe nötig ist, speziell auch die zweite Drehleiter nötig ist?

Aufgrund der klaren Meldungen, dass es sich um einen Dachstuhlbrand in der Altstadt handelt, wurde durch die Leitstelle das entsprechende Alarmstichwort gewählt. Damit verbunden war die Alarmierung der Drehleiter der Feuerwehr aus Uhldingen-Mühlhofen sowie des Gerätewagens Atemschutz der Feuerwehr Markdorf. Im weiteren Einsatzverlauf habe ich direkt die Alarmierung der Abteilung Nußdorf veranlasst, um aus der Münsterstraße einen weiteren Löschangriff vornehmen zu lassen.

Wäre Ihnen wohler, wenn ÜB über eine eigene zweite Drehleiter verfügen würde?

Durch die Festlegungen in unserer Alarm- und Ausrückeordnung können wir bereits bei vielen Einsatzszenarien die zweite Drehleiter der Feuerwehr aus Uhldingen-Mühlhofen hinterlegen. Somit ist ein zeitnahes Eintreffen einer zweiten Drehleiter gesichert und eine weitere Drehleiter in Überlingen aktuell nicht notwendig.

Hier sind die beiden Drehleitern im gemeinsamen Einsatz zu sehen. Die zweite war beim Stichwort Brand in der Altstadt routinemäßig aus ...
Hier sind die beiden Drehleitern im gemeinsamen Einsatz zu sehen. Die zweite war beim Stichwort Brand in der Altstadt routinemäßig aus Uhldingen-Mühlhofen angefahren. | Bild: Hilser, Stefan

Welches Risiko gehen Ihre Kameraden persönlich ein?

Gerade bei ausgedehnten Bränden dieser Art gehen die ehrenamtlichen Kameradinnen und Kameraden ein hohes Risiko ein. Neben der enormen Hitze ist auch die Sicht durch die Rauchentwicklung stark eingeschränkt. Durch regelmäßige Feuerwehrübungen werden zwar die Abläufe und das Zusammenspiel der verschiedenen Funktionen trainiert, jedoch stellt der Ernstfall die Einsatzkräfte vor weitergehende Herausforderungen.

Das könnte Sie auch interessieren

An welchem Punkt mussten Sie abwägen und zurückpfeifen, weil die Sicherheit der Feuerwehrleute Priorität hatte?

Der Trupp im Innenangriff hatte zurückgemeldet, dass ein Vorgehen an den Brandherd bis in den Dachstuhl aufgrund der Brandintensität nicht mehr möglich sei. Zu diesem Zeitpunkt musste auch damit gerechnet werden, dass der Dachstuhl einstürzen könnte. Somit mussten die Löschmaßnahmen von außen über die eingesetzten Drehleitern maßgeblich unterstützt werden. Dennoch war es den Einsatzkräften im Inneren des Gebäudes möglich, die Löschmaßnahmen bis zum gesicherten Bereich weiter durchzuführen. Fachliche Unterstützung, Erfahrungswerte aus vergangenen Einsätzen und mein beruflicher Werdegang ermöglichten eine sichere Abwägung.

Der Leiter der Abteilung Stadt, Thomas Schnell (links), im Gespräch mit Feuerwehrkommandant Ludwig Ehing auf der Hofstatt.
Der Leiter der Abteilung Stadt, Thomas Schnell (links), im Gespräch mit Feuerwehrkommandant Ludwig Ehing auf der Hofstatt. | Bild: Hilser, Stefan

Welche konkreten Arbeitsschritte liefen auf Ihren Befehl hin an, und was läuft von ganz alleine, weil es so bei Altstadtbränden eingeübt wurde?

In der Ersteinsatzphase laufen die Maßnahmen im Regelfall standardisiert ab. Jeder kennt seine Funktion und die dazugehörigen Aufgaben. Entscheidend aus Sicht der Einsatzleitung ist hier die richtige Fahrzeugaufstellung. Speziell in diesem Fall war es wichtig, die Drehleiter im unmittelbaren Bereich des Brandobjekts zu positionieren und auch die Aufstellung einer weiteren Drehleiter zu ermöglichen. Zwar bietet die Fläche der Hofstatt vergleichsweise viel Raum, jedoch gilt es dann umso mehr, diesen sinnvoll zu ordnen, damit sich die verschiedenen Einsatzfahrzeuge nicht gegenseitig behindern.

Das könnte Sie auch interessieren

Dies war Ihr erster großer Brand in der Altstadt als Kommandant, die Kommentare in der Stadt sind durchweg positiv und von Dankbarkeit für die Feuerwehr geprägt: Macht Sie das Ergebnis ein bisschen stolz?

Natürlich blicke ich zufrieden auf die geleistete Arbeit aller Einsatzkräfte zurück. Das wichtigste Ziel, die Brandausbreitung auf weitere Gebäude zu verhindern, konnte gemeinsam erreicht werden. Auch die Abstimmung mit den anderen Organisationen wie DRK, THW und der Polizei hat sehr gut funktioniert. Gerade diese Zusammenarbeit konnte in den letzten Jahren aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen nur sporadisch geübt werden.

Gibt es Punkte, die Sie als Learning für den nächsten Einsatz mitnehmen? Welche Lehren sind aus dem Brand zu ziehen?

Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen, dass es keine Aspekte gibt, welche wir grundlegend anders machen würden. Die exakten Auswertungen der Einsatzprotokolle laufen aber gerade noch. Eine umfassende Nachbesprechung des Einsatzes wird aber noch erfolgen. Falls notwendig, werden wir daraus die entsprechende Schlüsse ziehen. Die technische Ausstattung der Feuerwehr wird durch die regelmäßige Fortschreibung des Feuerwehrbedarfsplanes fortlaufend bewertet. Wir sind dabei, die notwendige Technik regelmäßig anzupassen und sind damit auch für zukünftige Einsatzsituationen jeder Art gerüstet. Neben der technischen Ausstattung wird auch regelmäßig in die Ausbildung der ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen investiert.

Anmerkung: Die Fragen wurden schriftlich eingereicht und über die Pressestelle der Stadt beantwortet.